Der 1944 in Südtirol geborene Extrembergsteiger Reinhold Messner hatte 1978 als erster Mensch den Nanga Parbat allein erkletterte, im selben Jahr steigt er ohne Sauerstoff auf den Mount Everest.
Er machte Bergsteigen populär mit begeisternden Erzählungen über die Berge, ihre Geheimnisse, ihre herausragende Bedeutung in der Natur. Vor seinem 80. Geburtstag hat WDR-Reporter Gereon Helmes mit dem Ausnahmebergsteiger gesprochen. Gleich zu Beginn des Interviews verriet Messner, dass er in diesem September nur einen einzigen Tag frei habe.
WDR: Warum haben Sie noch so ein Programm mit 80?
Reinhold Messner: Manchmal frage ich mich auch, warum ich mir das noch antue. Aber ich mache den Terminkalender nicht. Ich gehe dem Ende entgegen. Das ist mir ohne Bedauern bewusst, weil ich ja die verrücktesten Sachen auf dieser Welt machen durfte. Ich bin heute froh, ein paar Freunde zu haben, die sich um mich kümmern. Die das können, was ich nicht kann. Das ist ein Problem, das in der Öffentlichkeit nicht diskutiert wird, dass es eine ganze Generation gibt, die mit dem Internet nicht richtig umgehen kann. Ich brauche eine Betreuung dabei und bin froh, dass ich die habe.
WDR: Aber Sie wissen schon, dass Ihnen in diesem Internet bei Instagram über 200.000 Leute folgen?
Messner: Ich kann das nach wie vor nicht. Ich gebe nur einen Input. Das ist eine ganz eigene Form der Erzählung. Ich hab ganze Bücher über meine Expeditionen geschrieben, jetzt reichen drei Zeilen, um zu sagen, ich bin gerade zurück vom Kailash, vom heiligsten Dach der Welt.
Wer in Südtirol geboren wird, kriegt die Liebe zu den Bergen schon in die Wiege gelegt. Entsprechend viele Bergsteiger gibt es dort. Bei Reinhold Messner, der am 17. September 1944 in Brixen zur Welt kommt, ist die Leidenschaft allerdings extremer als bei den anderen: Er will höher und weiter kommen als der Rest. Mit fünf Jahren erklimmt er seinen ersten Dreitausender.
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WDR: Welche Rolle spielt Alter? Haben sie damit gerechnet, 80 zu werden?
Messner: Nein, ich habe nie damit gerechnet, 40 zu werden. Dann war ich plötzlich 40 und immer noch zu jung, um vor dem Fernseher auf die Rente zu warten. Generell schaue ich nicht in die Vergangenheit. Im Hier und Jetzt bin ich glücklich. Gestalten ist für mich Gelingen des Lebens. Das ist das, was mich glücklich macht. Und ich bin glücklich, dass ich noch Ideen habe.
WDR: Sind Sie ein Getriebener?
Messner: Ich bin eher ein Spieler. Aber als Spieler natürlich auch einer, der mitspielen will. Ich bin mit dem Leben, das mir noch bleibt und dem Tod einverstanden.
Ich habe lange Zeit das Klettern mitbestimmt, ich habe vor allem im Achttausender-Bergsteigen eine völlig neue Zugehensweise gefunden, habe aufgehört mit dieser kolonialistischen Weise "Wir erobern die Berge, wir sind Helden", sondern eher, wir sind winzig in dieser riesigen Natur. (... ) Ich bin jetzt dabei, das Erbe zu übergeben.
Nur weil ich so ein intensives Leben geführt habe, bin ich zu der Erkenntnis gekommen: Das Altern ist ein großartiger Prozess.
WDR: Was soll bleiben von ihnen?
Messner: Er hat es gewagt, sein Leben zu leben, gegen alle Widerstände, gegen alle Gegenwinde – ob in der Antarktis oder in der Öffentlichkeit. (…) Ich habe auch Fehler gemacht. Ich verdanke den Widerständen und den Widerständlern, die versucht haben, mich zu bremsen, meine Erfolge.
Das Interview von WDR-Reporter Gereon Helmes wurde für die Online-Version gekürzt und sprachlich bearbeitet.
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 17.09.2024 auch im Hörfunk: WDR 5 Morgenecho, ab 6 Uhr.