Ukrainische Eroberungen: Besuch im Grenzgebiet Aktuelle Stunde 21.08.2024 25:17 Min. UT Verfügbar bis 21.08.2026 WDR Von Alexander Klein

Kursk: "Tausende wissen nicht, wie es weitergeht"

Stand: 21.08.2024, 17:59 Uhr

Wie sieht es in der umkämpften russischen Region Kursk aus? WDR-Korrespondent Frank Aischmann konnte sich selbst ein Bild machen.

Mit der vor rund zwei Wochen gestarteten Gegenoffensive hat die von Russland angegriffene Ukraine den Krieg erstmals auf das Gebiet des Gegners verlagert. Russland hält allerdings nach wie vor weit größere Teile im Osten und Süden der Ukraine besetzt. 

Unser WDR-Korrespondent Frank Aischmann (ARD-Studio Moskau) konnte die umkämpfte russische Region Kursk besuchen. Seine Eindrücke schildert er im Gespräch mit dem WDR.

WDR: Wie sieht es gerade in der umkämpften Grenzregion Kursk aus?

Satellitenfoto: Zerstörte Brücke bei der Stadt Gluschkowo in der russischen Region Kursk | Bildquelle: Planet Labs PBC / dpa-Bildfunk

Frank Aischmann: Wenn Sie das Gebiet Kursk betreten, merken Sie schon: Hier ist was anders. Sie sehen viel mehr Militärtransporte mit dem taktischen Zeichen "Z", Luftabwehr-Raketen und Panzer. Wenn man sich der Stadtgrenze von Kursk nähert, kommen aus dem Autoradio schon die Warnungen vor Angriffen. Auch in der Stadt hört man immer wieder die Sirenen.

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WDR: Wie reagieren die Menschen?

Aischmann: In Kursk selbst sind viele Flüchtlinge untergebracht, die angesichts des Beschusses durch die ukrainischen Streitkräfte evakuiert wurden. Teilweise berichten sie, dass ihre Häuser zerstört wurden und sie vor Drohnenangriffen fliehen mussten. Nun ist das passiert, was der ukrainische Präsident auch so genannt hat: Wir bringen den Krieg nach Russland.

Frank Aischmann | Bildquelle: ARD-Hauptstadtstudio/Reiner Freese

In Kursk können Sie erleben, was das bedeutet: Hilfsgüter-Ausgabestellen mit langen Schlangen, Notunterkünfte in Studentenwohnheimen. Tausende Menschen wissen nicht, wie es weitergeht. Niemand dort ist gut auf die Ukraine zu sprechen. Niemand zieht die Verbindung: Wir haben den Krieg in die Ukraine gebracht und das ist jetzt die Antwort.

WDR: In so einer Grenzregion könnte man meinen, dass die Leute eine engere Beziehung zur Ukraine haben.

Aischmann: So ist es auch. Viele Flüchtlinge sagen, früher in der Sowjetunion gab es hier keine Grenzen. Jetzt ist aber ein absoluter Bruch zu spüren. Aber Sie hören auch immer wieder: Eigentlich sind wir hier weit weg von Moskau und völlig unpolitisch. Wir wollen nur in Frieden leben.

WDR: Was beabsichtigt die Ukraine genau mit dieser Offensive?

Aischmann: Es gibt da mehrere Vermutungen. Möglicherweise will die Ukraine Gebiete erobern, um sie zu einem späteren Zeitpunkt austauschen zu können. Das könnte auch bei künftigen Friedensverhandlungen eine Rolle spielen. Auf lange Sicht scheint Russland tatsächlich Probleme zu haben, die Gebiete zurückzuerobern. Einen großen Gegenschlag hat es bisher nicht gegeben. Man darf aber nicht vergessen: Der Krieg in der Ukraine geht weiter. Und dort macht Russland Tag für Tag weitere Fortschritte.

Das Interview führte Rebecca Link.

Für die Online-Version wurde das Gespräch stark gekürzt und sprachlich bearbeitet.

Unsere Quellen:

  • Interview mit Frank Aischmann im WDR5-"Morgenecho"

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 21.08.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde ab 18.45 Uhr.