Wintersemester: So gehen NRW-Hochschulen mit hohen Energiekosten und Corona um

Stand: 09.10.2022, 13:33 Uhr

Trotz hoher Heizkosten und steigender Corona-Inzidenzen sind die NRW-Hochschulen am Montag mit vielen Vorlesungen in Präsenz gestartet. Ein vernünftiger Schritt?

Die Hochschulen in NRW wagen einen echten Spagat: Auf der einen Seite müssen sie Energiekosten sparen, auf der anderen steigen die Corona-Zahlen zum Winter wieder. Kommt da die Idee, die Studierenden in die Hörsäle zurückzuholen, zur richtigen Zeit? Die Hochschulen und die Landesregierung beantworten das mit einem klaren Ja. Sie hatten sich auf diesen Schritt geeinigt.

Universität lebt vom persönlichen Austausch, dem direkten Streitgespräch, dem gemeinsamen Lernen und auch vom Miteinander außerhalb des Campus. Johannes Wessels, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der Universitäten

Der weit überwiegende Teil der Lehrveranstaltungen im Wintersemester solle in Präsenz stattfinden können, teilte das Wissenschaftsministerium mit. Gleichzeitig hätten sich die Hochschulen freiwillig verpflichtet, in diesem Winter ihren Gasverbrauch um mindestens 20 Prozent zu drosseln. Dazu werden Heizungen heruntergedreht, aus Wasserhähnen kommt nur kaltes Wasser und Bibliotheken haben kürzer geöffnet.

Energieverbrauch von 1.250 Einfamilien-Haushalten

Marion Steffen, Kanzlerin der "SpoHo" | Bildquelle: HfMT Köln

Doch Forschung und Lehre sind energieintensiv - mit langen Fluren, großen Hörsälen, Laboren und Unikliniken. Überall dort, wo sich Sportstudierende einschreiben können, kommen dann noch große Turnhallen und Schwimmbäder dazu. All das muss beleuchtet und geheizt werden, wie an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Man brauche für das Beheizen der Liegenschaften auf dem Campus ungefähr 17.500 Megawatt Stunden Energie jährlich, sagt die Kanzlerin der Sporthochschule Marion Steffen dem WDR. Das sei so viel wie ungefähr 1.250 Einfamilien-Haushalte verbrauchen.

Abends und am Wochenende nur noch 16 Grad

Um Energie zu sparen, würden deshalb beispielsweise alle Leuchtmittel ausgetauscht und campusweit auf LED umgestellt, so Steffen. Die Heizungsanlagen seien komplett modernisiert und optimiert worden, um erhebliche Mengen Strom einzusparen, sagt die Hochschulkanzlerin. Alleine diese Maßnahmen kosten die Sporthochschule nach eigenen Angaben mehr als eine Million Euro.

Aber um das gesetzte Einsparziel zu erreichen, müssen wohl weitere Maßnahmen her. Die Wassertemperatur in den Schwimmbecken sinkt um zwei Grad. Flure werden nicht mehr geheizt. Die Raumtemperatur in Hörsälen, Büros und Bibliotheken sinkt auf maximal 19 Grad, in den Abendstunden und an den Wochenenden auf 16 Grad. Wer dann in einer Bibliothek sitzt und für mehrere Stunden lernen muss, könnte frieren.

Rund 700 Mitarbeitende müssen umziehen

Auch die Uni Bielefeld drückt auf die Sparbremse. Wer dort Sport studiert, muss diesen Winter in eines der städtischen Schwimmbäder gehen. Das 25-Meter-Schwimmbecken der Uni bleibt leer, weil es zu viel Energie kosten würde, es aufzuheizen. Vor allem die Mitarbeitenden der Uni bekommen das Energiesparen zu spüren. Rund 700 von ihnen müssen im Winter ihr Büro verlassen und in anderen Abteilungen unterkommen. So kann die Universität Bielefeld ihre Heizungen in fünf Gebäudekomplexen herunterfahren. Mehr als 420 Büros werden dann nicht mehr beheizt.

Bei manch einem sorgt all das für Unmut. Und dann ist da ja auch noch Corona als zweite Herausforderung für die Hochschulen.

Präsenz oder online - Dozierende sollen selbst entscheiden

Mit Blick auf die Pandemie halten die 69 Lehreinrichtungen in NRW erst mal an den bestehenden Hygienekonzepten fest. Es habe sich bewährt, dass die Hochschulen vor Ort flexibel auf die aktuelle Lage reagierten, sagte Bernd Kriegsmann, Präsident der Westfälischen Hochschule.

Eingang der Universität zu Köln | Bildquelle: WDR/Karsten Schöne

Die Uni Köln begrüßt an diesem Montag rund 47.500 Studierende, davon sind nach eigenen Angaben ungefähr 4.800 im ersten Semester. Der Universitätsbetrieb in der größten Stadt des Landes soll weitestgehend regulär vor Ort stattfinden, geplant sind aber auch hybride Formen von Veranstaltungen - als Stream und in Präsenz. Letztendlich sollen Dozierende selbst entscheiden, ob sie in Präsenz oder online lehren.

Enger Austausch mit Landesregierung

Durch die Corona-Pandemie hat die Kölner Universität nach eigenen Angaben gute Erfahrungen mit den unterschiedlichen digitalen Lehrformaten sammeln können. Viele der innovativen Formate hätten große Vorteile auch jenseits der Pandemie, sagt Elisabeth Hoffmann, Sprecherin der Uni. Um auf aktuelle Entwicklungen angemessen reagieren zu können, seien die Hochschulen in NRW schon seit Beginn der Pandemie im engen Austausch mit der Landesregierung.

Im Ruhrgebiet startet die Universität Duisburg-Essen ebenfalls mit einem regulären Semester vor Ort: in voller Präsenz, ohne Testverpflichtungen oder Zutrittsregelungen.

Wir wollen Studierenden ein gutes Umfeld bieten. Und das ist zuerst einmal nicht der Bildschirm zu Hause auf dem Küchentisch. Arne Rensing, Sprecher der Universität Duisburg-Essen
Campus der Uni Duisburg-Essen | Bildquelle: WDR/dpa/Roland Weihrauch

Man sehe in der Gewährleistung von Präsenz eine besondere Aufgabe und Verantwortung, sagt Arne Rensing, Sprecher der Universität. Man wolle Studierenden ein gutes Umfeld bieten. Auch die Universität Bielefeld möchte das Wintersemester ohne einschneidende Corona-Maßnahmen starten. Erst mal sei auch keine Maskenpflicht angedacht.

Kostenlose Tests und Corona-Mail-Hotline

An der Deutschen Sporthochschule Köln sieht man das ähnlich. Man will aber kostenlose Tests zur Verfügung stellen und eine Corona-Mail-Hotline für Studierende und Lehrende einrichten. Dort können sich Betroffene mit allen Fragen rund um Corona melden. In Bonn hat die Uni schon gemerkt, dass die Erstsemester bei Veranstaltungen auf dem Campus gern dabei seien. "Wie groß das Interesse an Veranstaltungen vor Ort ist, hat auch unser diesjähriger Ersti-Welcome gezeigt, bei dem über 2.000 Erstsemester-Studierende ins Hauptgebäude gekommen sind", sagte Rektor Michael Hoch.