Uniper braucht Hilfe: Diese Auswirkungen könnte das auf die Gaspreise haben

Stand: 09.07.2022, 16:41 Uhr

Experten warnen vor einer Versechsfachung der Gaspreise für Verbraucher. Noch hat der Staat nicht entschieden, wie er bei der Krise des Gasimporteurs Uniper eingreifen wird. Unangenehm wird es in jedem Szenario.

Am Montag beginnt die Wartung der Pipeline Nord Stream 1. Dann kommt noch weniger russisches Gas nach Deutschland. Noch ist nicht klar, ob nach der geplanten zehntägigen Wartungsarbeit der Ostsee-Pipeline wieder Gas fließt - und wie viel. Unklar ist auch noch, wie genau der Staat eingreifen wird, um Verbraucherinnen und Verbraucher zu entlasten, beziehungsweise um die Gasversorgung in Deutschland zu sichern.

Was passiert, wenn der Staat gar nicht eingreifen würde?

Der Gasversorger Uniper hat bereits staatliche Stabilisierungsmaßnahmen beantragt. Das Unternehmen ist Deutschlands größter Gasimporteur. Uniper muss aktuell teures Gas einkaufen, um Verträge mit seinen Kunden bedienen zu können. Die Firma spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert mehr als hundert Stadtwerke und Industriefirmen.

Wegen der hohen Preise im Einkauf und der aktuellen Verträge mit niedrigen Preisen für Verbraucher könnte das Unternehmen irgendwann nicht mehr seinen Verpflichtungen nachkommen, erklärte Prof. Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, am Samstag im WDR: "Dann müssen sie in die Insolvenz gehen."

Prof. Wambach warnt vor einer Uniper-Insolvenz. | Bildquelle: Anna Logue

In der Krise könnte diese Insolvenz aber nicht geordnet durchgeführt werden. Die Unternehmen würden dann ihre Speicher leeren müssen, so Warmbach. "Weil sie noch das Gas, was sie haben, verkaufen würden - das wäre natürlich genau das Falsche."

Die Energiesicherheit in Deutschland wäre in Gefahr. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, dass sie dieses Szenario vermeiden will. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Uniper Unterstützung zugesichert.

Wie könnte der Staat Uniper unterstützen?

Noch hat die Bundesregierung nicht entschieden, wie sie im aktuellen Fall konkret handeln will. Der Bundesrat hat erst am Freitag ein umfangreiches Gesetzespaket zur Energiesicherung gebilligt, das unter anderem staatliche Hilfe für Energiekonzerne erleichtert. Die neuen Gesetze geben grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass Energiefirmen bei einer Gasmangellage höhere Preise an ihre Kundschaft weiterreichen können.

Wirtschaftsminister Habeck warnt vor harten Preisanpassungen auf dem Gasmarkt. | Bildquelle: Michael Kappeler/dpa

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Samstag dem Deutschlandfunk, die Regierung werde bei Uniper die Option wählen, die für den deutschen Steuerzahler die beste und günstigste und für die Versorgungssicherheit die sicherste sei.

So sei ein milliardenschwerer Einstieg des Bundes bei Uniper über eine Beteiligung beim Eigenkapital möglich. Das Unternehmen hätte vorerst Geld, um die hohen Preise auf dem Gasmarkt zu zahlen, auch wenn sie das Gas zu aktuell niedrigen Preisen an die Verbraucher weitergeben. Denkbar sei aber auch ein Mix mit der Möglichkeit, dass Uniper hohe Preissteigerungen beim Gaseinkauf an die Kundinnen und Kunden weitergebe.

Wie stark könnten die Gaspreise steigen?

Die Preise für Gaskunden würden dann noch weiter steigen, möglicherweise um den Faktor 6 gegenüber 2021, befürchtet Prof. Jens Südekum, Ökonom an der Uni Düsseldorf. Südekum sitzt im wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums, er berät die Bundesregierung in Sachen Energie.

Dem WDR sagte er am Freitag, Uniper müsse aktuell aus anderen Quellen Gas hinzukaufen - und da seien die Preise ungefähr um den Faktor 10 höher. Auch im Fall einer staatlichen Beteiligung: "Uniper muss diese Kosten in irgendeiner Form weitergeben, sonst funktioniert das ganze Geschäftsmodell nicht", warnte Südekum. "Das kann dann aber für die Gaskunden bedeuten, dass sich die Gaspreise jetzt nochmal mindestens verdoppeln, vielleicht sogar verdrei- bis vervierfachen gegenüber dem Niveau, was die Preise jetzt schon haben - gegenüber dem Vorjahr wäre das teilweise eine Versechsfachung."

Welche Belastung erwartet uns dann konkret?

Prof. Südekum schätzt, dass die durchschnittliche Familie mit zwei Kindern in einer 80-90 Quadratmeter Wohnung mit einer monatlichen Gasrechnung von vielleicht 80 Euro im schlimmsten Fall 400 Euro oder vielleicht noch mehr monatlich zahlen müsste, wenn sich die Gaspreise derart entwickelten.

"Wenn diese Situation kommt, dann müsste der Staat ein neues Entlastungspaket schnüren und insbesondere Familien mit kleineren Einkommen unterstützen", forderte Südekum. Man könne aber nicht für jeden die hohen Preise abfangen, das könne der Staat gar nicht bezahlen.

Aktuell sind zwar Kunden des Gasimporteurs Uniper besonders betroffen, der wiederum viele Stadtwerke beliefert, aber Wirtschaftsminister Habeck schloss am Samstag nicht aus, dass auch andere Energieversorger noch um Hilfe bitten - Uniper sei nur wegen seines großen Anteils an russischen Gaseinkäufen zuerst und am stärksten in Schieflage geraten.

Werden nur die Kunden von Uniper-Versorgern mehr zahlen müssen?

Aktuell werde diskutiert, ob man statt der direkten Preisanpassung für Uniper-Kunden eine Art Umlage mache, so dass diese höheren Kosten in gewisser Weise auf alle Gaskunden umgelegt würden, sagte Regierungsberater Südekum. "Auch auf diejenigen, die vielleicht das Glück haben, dass ihre Versorger vielleicht nicht so einen hohen Russland-Anteil haben."

"Dann wird die Belastung etwas geringer. Aber unangenehm ist es trotzdem. Von daher ist es unumgänglich, dass der Staat hilft und vielleicht sogar noch eine Art Unterstützung bietet, für die Haushalte, die es schaffen, besonders viel einzusparen und ihr Verhalten anzupassen. Denn das müssen die Haushalte unbedingt tun."