Spitzenreiter in NRW ist aktuell Soest. Die Stadt hat, was die Aufnahme von Flüchtlingen angeht, ihr Soll bereits übererfüllt. Die sogenannte "Erfüllungsquote" liegt hier bei 183 Prozent. Das geht aus den aktuellsten Zahlen der Bezirksregierung Arnsberg hervor, die für die Verteilung der geflüchteten Menschen in NRW zuständig ist.
Soest hat zurzeit 576 Personen in kommunalen Einrichtungen aufgenommen. Laut Verteilschüssel müsste die Stadt 652 Personen aufnehmen. Da sich auf dem Gebiet der Stadt aber auch eine Landeseinrichtung befindet, bekommt Soest 696 Plätze zusätzlich angerechnet. Die Stadt müsste demnach keine Personen aufnehmen, hat mit den 576 Personen ihr Soll also zu 183 Prozent erfüllt.
NRW-Karte mit Erfüllungsquoten aller Kommunen
Und Soest ist kein Einzelfall: 29 weitere Kommunen bringen derzeit deutlich mehr Geflüchtete unter, als es für sie verpflichtend wäre - etwa Unna mit 171 oder Oberhausen mit 134 Prozent.
Wenn die einen Kommunen über ihrem errechneten Soll liegen, müssen andere darunter liegen. Hürth oder Bottrop etwa haben eine Erfüllungsquote von 83 Prozent, müssten also eigentlich noch Flüchtlinge aufnehmen.
Die folgende Karte zeigt, wie die Erfüllungsquoten aller NRW-Kommunen aktuell aussehen:
Die Zuweisung ausländischer Flüchtlinge erfolge nur in aufnahmepflichtige Städte und Gemeinden, erklärt eine Sprecherin der Bezirksregierung Arnsberg zur Verteilung. Eine Erfüllung oder Übererfüllung der Aufnahmeverpflichtung habe zur Folge, "dass wir in diese Städte und Gemeinden keine weiteren Zuweisungen vornehmen." Ausnahmen könnten allerdings bei der Zusammenführung von Eheleuten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder aus sonstigen humanitären Gründen gemacht werden.
Ausnahmen in von Flut betroffenen Kommunen
Auch bei Städten und Gemeinden mit sehr niedrigen Erfüllungsquoten könnte es sich um Ausnahmen handeln. "Dies können Städte und Gemeinden sein, die durch das Hochwasser im Juli 2021 lange Zeit keine Personen aufnehmen und unterbringen konnten und deshalb keine Zuweisungen durch die Bezirksregierung Arnsberg erhielten", so die Sprecherin der Bezirksregierung. Der anrechenbare Personenbestand in diesen Städten und Gemeinden müsse nun "durch sorgfältig gesteuerte Zuweisungen in für die betroffenen Städte und Gemeinden leistbarer Höhe nach und nach wieder erhöht werden."
So funktioniert die Verteilung von Geflüchteten in NRW
Die Zuweisung der Flüchtlinge erfolgt in NRW durch die Bezirksregierung Arnsberg. Sie richtet sich nach einem Verteilschlüssel, der alle Städte und Gemeinden gleichsam berücksichtigt. Einberechnet wird hierbei etwa der Einwohneranteil der Gemeinden an der Gesamtbevölkerung (Einwohnerschlüssel) und der Flächenanteil der Gemeinde an der Gesamtfläche (Flächenschlüssel).
Die Städte und Gemeinden melden zudem der Bezirksregierung Arnsberg monatlich die von ihnen in der Vergangenheit aufgenommenen Flüchtlinge. Aus den Meldungen und dem Verteilschlüssel wird dann für jede Stadt und Gemeinde berechnet, wie viele Flüchtlinge sie aktuell aufnehmen muss. Gibt es in einer Stadt oder Gemeinde eine Unterbringungseinrichtung des Landes, werden die dort vorgehaltenen Unterbringungsplätze zum Teil von der berechneten Aufnahmeverpflichtung abgezogen.
Land will eigene Kapazitäten ausbauen
Erfüllungsquoten von weit über 100 Prozent waren und sind in NRW keine Seltenheit. Sie führen auch nicht zwangsläufig zu Kapazitätsproblemen in den Kommunen, weil die absolute Zahl dahinter gering sein kann. Mittlerweile hat sich aber die Zahl an Geflüchteten insgesamt deutlich erhöht. Allein aus der Ukraine sind seit Februar letzten Jahres mehr als 225.000 Menschen nach NRW gereist.
Das Land hat deswegen bereits angekündigt, seine eigenen Kapazitäten in den Landeseinrichtungen weiter auszubauen. NRW verfügt derzeit über insgesamt 44 Landesunterkünfte: fünf Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE), 28 Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE) und 11 Notunterkünfte (NU).
Städte und Gemeinden müssen Großteil stemmen
In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden nach Angaben des Ministeriums für Flucht und Integration derzeit 6.580 Plätze betrieben, in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen und Notunterkünften insgesamt 22.700. Die durchschnittliche Auslastung gab ein Ministeriumssprecher mit 83 Prozent an.
Kurzfristig soll das Landesangebot auf 34.500 Plätze ausgebaut werden. Angesichts von knapp 270.000 Geflüchteten in NRW insgesamt müssen den Großteil aber weiterhin hauptsächlich die Städte und Gemeinden stemmen.
Über das Thema berichten wir am 26.04.2023 auch im WDR 5 Morgenecho und in der Aktuellen Stunde im WDR Fernsehen.