Baustellenstillstand und die Zinsen Aktuelle Stunde 14.09.2023 34:41 Min. UT Verfügbar bis 14.09.2025 WDR Von Henry Bischoff

EZB erhöht Leitzins - Warum das für Bauherren eine schlechte Nachricht ist

Stand: 14.09.2023, 18:12 Uhr

Im Kampf gegen die nach wie vor hohe Inflation im Euroraum hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins erneut erhöht. Für Bauherren wird's dadurch nochmals teurer. Auch das Baugewerbe schlägt Alarm.

Es ist die zehnte Zinserhöhung in Folge seit Juli 2022: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag den Leitzins um weitere 0,25 Punkte auf nunmehr 4,5 Prozent angehoben. Für Sparende ist das von Vorteil, schließlich bescheren ihnen höhere Zinsen mehr Geld. Nicht so den Bauherren - denn durch die Zinserhöhung werden Immobilienkredite nochmals teurer.

Experten zufolge ist wegen der gestiegenen Zinsen, aber auch teurer Baumaterialien der Wohnungsbau in Deutschland insgesamt stark ins Stocken geraten. Immer weniger Familien und auch die kommerzielle Immobilienwirtschaft entscheiden sich fürs Bauen. Zugleich gibt es zu wenig Wohnraum. Das führt vor allem in Ballungsräumen zu hohen Mieten, die viele Familien nicht mehr bezahlen können.

Kosten für Immobilienkredite sprunghaft gestiegen

Zurück zu den Bauherren: Seit 2021 sind die Kosten für Immobilienkredite sprunghaft gestiegen. Kosteten sie damals rund ein Prozent, waren es im Juli 2023 rund vier Prozent. Inzwischen sind es laut Uli Ueckerseifer von der WDR-Wirtschaftsredaktion zwischen vier und fünf Prozent. Ein Absinken dieses Zinsniveaus ist nicht in Sicht – "es wird auf längere Sicht so bleiben", sagt Ueckerseifer.

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Durch diese Zinserhöhung steigt die monatliche Belastung der Bauherren und Käufer um mehrere hundert bis tausend Euro. Das können gerade Familien oft nicht so ohne weiteres aufbringen.

Erste Unternehmen im Baugewerbe in Kurzarbeit

"Teure Baukredite bedeuten, dass immer weniger potentielle Investoren die Finanzierung stemmen können", sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, dem WDR. Dieser Rückgang habe für das Baugewerbe weniger Aufträge zur Folge - ein Rückgang, den die Branche seit Monaten verzeichne. Erste Unternehmen müssten bereits Kurzarbeit anmelden. Das Baugewerbe sieht nun die Bundesregierung in der Pflicht zu handeln und bessere Bedingungen und attraktivere Förderungen für Bauherren zu schaffen.

Ähnlich äußert sich der Verband Privater Bauherren (VPB). "Angesichts der nun zehnten Zinserhöhung in Folge stellt sich die Frage, was noch passieren muss, damit die Bundesregierung endlich aufwacht", kritisiert VPB-Hauptgeschäftsführerin Corina Merzyn gegenüber dem WDR. Über 80 Prozent aller Wohnungen in Deutschland würden von privaten Bauherren gebaut und zur Verfügung gestellt. Es gehe nicht an, für Bauwillige die Kriterien für Fördermittel immer weiter hochzusetzen, verpflichtende Baustandards in immer größere Höhen zu schrauben und immer wieder Grunderwerbssteuern zu erheben, "die die jüngsten Zinserhöhungen sogar noch toppen", kritisiert Merzyn.

Politisches Signal vom Wohnungsgipfel erwartet

Pakleppa sagt, vom Wohnungsgipfel am 25. September müsse für Bauwillige und die Branche ein politisches Signal ausgehen. Energetisch ambitionierte Anforderungen und entsprechende Förderungen müssten in ein ausgewogenes Verhältnis kommen. Ansonsten platze einerseits für viele der Traum von Wohneigentum. Andererseits sei bei fehlenden Aufträgen das Baugewerbe kaum in der Lage, Personal zu halten. Mit der Konsequenz, dass bald Leute fehlen, "die die dringend benötigten Wohnungen bauen können", erklärt Pakleppa.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte unlängst im Bundestag staatliche Impulse für die Baukonjunktur in Aussicht gestellt. Bereits für Projekte mit Baubeginn ab dem 10. Oktober solle eine sogenannte degressive AfA eingeführt werden, also eine Abschreibung mit jährlich sinkenden Abschreibungsbeträgen. Hierbei sei es "egal wie alt der Bauantrag ist". Neben diesen steuerlichen Anreizen sind es nach den Worten der SPD-Politikerin unter anderem die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, die Neubauförderung und die Förderung altersgerechten Umbaus, mit denen der Bund dem kriselnden Bau nun Impulse geben will.

Unsere Quellen:


  • Uli Ueckerseifer von der WDR-Wirtschaftsredaktion im WDR Fernsehen
  • Statement des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes gegenüber dem WDR
  • Statement des Verbands Privater Bauherren (VPB) gegenüber dem WDR
  • Nachrichtenagentur dpa