An Bord der ersten Lufthansa-Maschine aus Tel Aviv waren laut Auswärtigem Amt rund 370 Deutsche. Sie erreichte am Donnerstagabend mit etwa einer Stunde Verspätung den Flughafen in Frankfurt. Ein weiteres Flugzeug folgte später. Auch in München landeten zwei Maschinen.
Das Auswärtige Amt teilte mit: "Rund 950 Deutsche konnten somit heute aus Israel ausreisen". Für Freitag waren vier weitere Sonderflüge geplant.
Außerdem erklärte das Ministerium, am Donnerstagnachmittag sei eine Fähre nach Zypern organisiert worden. Deutsche Staatsangehörige seien darüber über das sogenannte Elefand-System, die Krisenvorsorgeliste des Ministeriums, informiert worden.
Auch Ferienflieger Condor holt Deutsche zurück
Neben der Lufthansa holt auch der Ferienflieger Condor Deutsche mit Sonderflügen nach Hause. Für Sonntag sind in Absprache mit dem Auswärtigen Amt zwei Flüge nach Akaba in Jordanien geplant, wie eine Airline-Sprecherin sagte. Akaba liegt nahe an der Grenze zu Israel. Die beiden Airbus-Maschinen hätten insgesamt knapp 500 Sitzplätze.
Als die Terroristen der islamistischen Hamas am Wochenende Israel angegriffen haben und dort Hunderte Menschen töteten, wurde nicht nur die israelische Bevölkerung überrascht. Auch viele Menschen aus NRW hielten sich im Land auf, weil sie dort Urlaub machten oder auf Pilgerreise waren. Sie hatten die dramatischen Tage hautnah miterlebt und teilweise Probleme, wieder zurück nach Hause zu kommen.
300 Euro Eigenbeteiligung
Für die Teilnahme an den Sonderflügen wird eine Gebühr in Höhe von 300 Euro pro Person fällig. Das Geld soll bei der Buchung über eine Lufthansa-Hotline im Auftrag des deutschen Außenministeriums eingezogen werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur stellt die Lufthansa pro Person 550 Euro in Rechnung, 250 Euro übernimmt der Staat.
Noch nicht registrierte ausreisewillige deutsche Staatsangehörige sollten sich umgehend in die Krisenvorsorgeliste "Elefand" eintragen, hieß es weiter.
NRW-Landesregierung startet Hilfsportal
Die NRW-Landesregierung hat sich mit einem Internetportal an Menschen gewendet, die sich Sorgen um Verwandte und Freunde in Israel machen. Auf der Seite "NRW-Infopunkt Israel" sollen unter anderem wichtige Hinweise zu Sonderflügen veröffentlicht werden. Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach Israel bis auf Weiteres dringend ab.
Reisende können geplante Israel-Flüge kostenfrei stornieren
Wer schon vor längerer Zeit eine Pauschalreise nach Israel gebucht hat, kann die bei seinem Veranstalter kostenfrei stornieren lassen.
Fachleute sagen, dass Reisen nach Israel wegen der aktuellen Situation nicht zumutbar seien. Deswegen sei es möglich, derzeit vom Reisevertrag zurückzutreten, ohne dass Stornogebühren anfallen. Wenn Reisen vonseiten des Veranstalters abgesagt werden, haben Gäste die Möglichkeit, entweder umzubuchen oder den Reisepreis zurückzufordern. Findet der Flug erst in einigen Wochen statt, empfiehlt es sich noch abzuwarten. Denn angenommen, die Lage im Nahen Osten verbessert sich plötzlich wieder, könnten sich Veranstalter bei der Erstattung von Kosten querstellen.
Jugendliche aus NRW wieder zuhause
Während des Großangriffs der Hamas waren laut Baerbocks Ministerium auch mindestens 17 deutsche Jugendgruppen in Israel. Vier von ihnen seien bislang sicher ausgereist, hieß es. Darunter zwei Gruppen aus Bonn und Essen, die in der Nacht in Köln gelandet sind. Der Leiter der Jugendgruppe aus Bonn freute sich, am Flughafen Köln/Bonn gelandet zu sein. Er war mit den Jugendlichen während der Hamas-Angriffe in Israel und konnte nur über Umwege das Land verlassen. Der Weg führte seit Montag über die Türkei und nun nach Hause. "Es war ein langer Weg, wir sind seit Montag unterwegs - gefühlt drei Tage ohne Schlaf", sagte er bei der Ankunft am Flughafen Köln/Bonn.
Auch Gordon Wenzek aus Essen kämpfte mit Problemen. Er war als Betreuer mit einer Jugendgruppe in Israel. Am Wochenende mussten sie immer wieder in einen Luftschutzbunker. Seit Tagen saßen Wenzek und die 16- und 17-Jährigen in Israel fest. Denn der reguläre Rückflug wurde gestrichen.
Schließlich waren sie dann mit zweistündiger Verspätung in Israel gestartet, weil sie zunächst noch wegen Raketenalarm in einen Bunker am Flughafen mussten. Von Tel Aviv ging es zunächst nach Istanbul - von dort aus nach Köln. Die letzte Etappe war dann endlich entspannt - mit Autos zurück nach Essen.
Doch auch Wenzek hätte sich mehr Unterstützung von der Bundesregierung gewünscht. Die bekam er stattdessen aus Essen. "Die Stadtverwaltung Essen und Oberbürgermeister Thomas Kufen haben Dinge geleistet, die der Bundesregierung offenbar nicht gelingen, um uns auszufliegen", kritisiert er.
Betroffene berichten von Schwierigkeiten - andere Länder früher dran
Viele der deutschen Touristen hatten erklärt, dass sie vom Außenministerium zu wenig Hilfe bekommen hätten. Andere Länder waren da deutlich früher aktiv. Rumänien hat am Samstag mit einer Maschine rund 350 Bürger aus Israel ausgeflogen, Bulgarien hat ebenfalls Landsleute zurückgeholt. Auch andere planten Rückholaktionen - so zum Beispiel Polen, Griechenland und Brasilien.
Union fordert Bundesregierung zum Handeln auf
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), kritisierte die Organisation der Sonderflüge. Die Ausreise der Deutschen komme weiterhin nur schleppend voran. "Das unwürdige Chaos um die Ausreise der Deutschen hat nun lange genug angedauert", sagte Hardt der Deutschen Presse-Agentur.
Es sei an der Zeit, dass Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) "handelt und den Prozess zur Chefsache erklärt. Gegebenenfalls müssen nun doch militärische Kapazitäten genutzt werden, um die Deutschen nach Hause zu bringen."
Unsere Quellen:
- Auswärtiges Amt
- WDR-Interviews
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP
Über dieses Thema berichtet der WDR am 12.10.2023 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18:45 Uhr.