Nach den Brandstiftungen in Krefeld stellen sich viele Fragen rund um den mutmaßlichen Täter - und vor allem nach dem Umgang der Behörden mit ihm. Der 38-jährige Iraner hatte am Donnerstag mehrere Brände gelegt, bevor er in einem Kino von der Polizei angeschossen und überwältigt wurde.
Was über den mutmaßlichen Täter bekannt ist
Laut Ausländerzentralregister war der Iraner 2002 erstmals als vermutlich damals Minderjähriger nach Deutschland eingereist ist. In Deutschland ist er nur geduldet. In den folgenden Jahren sei er immer wieder an verschiedenen Orten auch außerhalb Deutschlands gewesen und habe mehrere Asylanträge in mehreren europäischen Staaten gestellt, sagt das Integrationsministerium auf WDR-Anfrage. 2008 erfolgte dann die Zuweisung nach Krefeld.
Der 38-jährige Iraner war polizeibekannt. Laut "Kölner Stadt-Anzeiger" wurde er bereits 2010 zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt - wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, versuchter Vergewaltigung, Bedrohung und Sachbeschädigung. Am 8. Oktober habe er, wie die Zeitung weiter berichtet, einen Sachbearbeiter des Krefelder Ausländeramts bedroht, der ihm nur eine weitere Aufenthaltserlaubnis unter seinem richtigen Namen ausstellen wollte.
Wie "Focus online" berichtet, pendelte der Mann zwischen Deutschland und Frankreich hin und her, um Straftaten zu begehen.
Ein Mann mit 27 Identitäten
Nach Angaben des Ausländerzentralregisters konnte die Identität des mutmaßlichen Täters bisher nicht abschließend geklärt werden, teilt das Ministerium weiter mit. Die "Bild"-Zeitung hatte geschrieben, dass der Iraner 27 verschiedene Identitäten genutzt habe, um an Aufenthaltsgenehmigungen zu kommen. Diese Zahl führt mittlerweile auch Landes-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) an.
Das sei eigentlich schon ein Grund, warum das Asylverfahren ausgesetzt werden müsse, sagt Oliver Huth, Landesvorsitzender beim Bund Deutscher Kriminalbeamter. "Diese Person täuscht uns absichtlich, weil sie sich nicht rechtsstaatlich verhalten will." Das Nennen mehrerer Namen bei Behörden sei allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat.
Huth erklärt gegenüber dem WDR aber auch, dass sämtliche Aliasnamen unter den Führungspersonalien und den Fingerabdrücken gespeichert seien. Diese Fingerabdrücke seien dann europaweit recherchierbar.
Wer bekommt warum eine Duldung und was bedeutet das?
Eine Duldungsbescheinigung kann laut Pro Asyl aus unterschiedlichen Gründen ausgestellt werden. Neben der Sicherheitslage im Herkunftsland oder fehlenden Papieren könne auch eine Krankheit entscheidend sein. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte am Freitag mitgeteilt, dass der Mann wohl psychische Probleme gehabt habe.
Das Integrationsministerium erklärt gegenüber dem WDR dazu: "Ob und in welchem Umfang eine mögliche psychische Erkrankung einer Rückführung entgegenstehen kann, muss im konkreten Einzelfall geprüft werden, wenn alle anderen Rückführungs-Voraussetzungen gegeben sind. Sie stellt kein grundsätzliches Rückführungshindernis dar."
Geduldete Personen sind weiterhin ausreisepflichtig und eine Duldung ist kein Aufenthaltstitel.
Eine Duldung sei ein rechtlicher Vorgang, der eintritt, wenn man die Person nicht abschieben kann, erklärt das Integrationsministerium weiter. "Wenn eine Ausländerbehörde eine Person nicht abschieben kann, weil sie wie in diesem Falle keine Papiere hat, dann kann sie ihm nur einen Aufenthaltstitel erteilen oder aber eine Duldung aussprechen." Rechtlich gebe es keine andere Möglichkeit.
"Und wenn wir nicht abschieben können, erhält die Person eine Duldung, die immer wieder verlängert wird - unabhängig davon, wie viele Personalien die Person genannt hat und wie er im Asylverfahren getäuscht hat", sagt Oliver Huth, Landesvorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter.
Ist selbst eine Verurteilung kein Abschiebegrund?
Wie das Ausländerzentralregister angibt, sei eine Abschiebung in dem Fall des Iraners derzeit "aufgrund der Identitätsklärung beziehungsweise fehlender Reisedokumente nicht möglich".
Eigentlich sei eine Verurteilung ein Abschiebegrund, sagt Oliver Huth. Es könne aber sein, dass irgendwelche Gründe dagegen sprachen. Jetzt sei es an den Behörden, Auskunft zu geben, "damit die Öffentlichkeit darüber informiert wird, warum sie nicht geschützt werden konnte vor so einer Person. Ich kann den Unmut der Bürger verstehen."
Kann grundsätzlich in den Iran abgeschoben werden?
Seit 1. Januar 2024 kann wieder in den Iran abgeschoben werden. So können seitdem wieder alle ausreisepflichtigen Iraner, bei denen keine Abschiebungshindernisse vorliegen, in das Land ausgewiesen werden.
Die Innenministerkonferenz hatte im Dezember 2022 erstmals einen bundesweiten Stopp der Abschiebungen in den Iran beschlossen. Die Vereinbarung sah allerdings schon 2022 Ausnahmen bei Gefährdern und bei schweren Straftaten vor.
Unsere Quellen:
- Gespräch mit Oliver Huth, Bund Deutscher Kriminalbeamter
- NRW-Flüchtlingsministerium
- Kölner Stadtanzeiger
- Bild-Zeitung
- Focus-online
- Verein Pro Asyl
- Informationsverbund Asyl
- Nachrichtenagentur dpa
- Flüchtlingsrat Baden-Württemberg