Beim Tatverdächtigen handelt es sich um einen 38-jährigen Krefelder mit iranischer Nationalität. Das Motiv ist noch unklar. Inzwischen gibt es jedoch Hinweise auf eine mögliche psychische Erkrankung des Mannes.
Tatverdächtiger polizeibekannt
Das bestätigte auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Freitag. "Er war polizeibekannt, er war auffällig und er war in unserem Programmbereich, der sich mit psychisch Kranken beschäftigt." Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" saß der mutmaßliche Brandstifter bereits in der Vergangenheit im Gefängnis. Demnach sei er im Juli 2010 vom Landgericht Krefeld zu viereinhalb Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, versuchter Vergewaltigung, Bedrohung und Sachbeschädigung verurteilt worden. Zunächst war von einer Verurteilung im Juli 2021 berichtet worden.
Der mutmaßliche Täter befindet sich aktuell in ärztlicher Behandlung. Auf WDR-Anfrage teilte das NRW-Integrationsministerium in Düsseldorf mit, dass der 38-Jährige erstmals 2002 nach Deutschland eingereist sei "und eine Duldung besitzt". Duldung bedeutet die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung von ausreisepflichtigen Personen.
Iraner verwendete 27 unterschiedliche Identitäten
Nach Berichten der "Bild-Zeitung" nutzte der Mann diverse falsche Namen, um eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu bekommen. Insgesamt sollen es 27 Identitäten gewesen sein. Diese Zahl griff mittlerweile auch NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) im Interview mit dem WDR auf.
Paul sagte dem WDR, die Frage der Identitätsklärung sei von zentraler Bedeutung. Das Land NRW habe in den Bundesrat bereits ein Maßnahmenpaket eingebracht, um den Datenaustausch weiter zu erleichtern.
Krefeld: Polizei geht von einem Einzeltäter aus
Die Polizei Essen, die die Ermittlungen übernommen hat, geht nach derzeitigem Erkenntnisstand von einem Einzeltäter aus. Ein terroristischer Hintergrund wird bislang ausgeschlossen. "Es spricht vieles dafür, dass es keine terroristische Tat war", so Reul am Freitag. Das Landeskriminalamt hat ein Hinweisportal geschaltet, auf dem Zeugen Videos hochladen können.
38-Jähriger von Polizei niedergeschossen
Doch was war passiert? Der erste Notruf ging um 19.50 Uhr bei der Polizei ein: Nach und nach erfuhren die Beamten von drei verschiedenen Brandorten im Krefelder Stadtteil Cracau. Nach derzeitigem Ermittlungsstand schlug der Tatverdächtige zunächst die Fensterscheibe eines Pkw an der Schwertstraße ein und entzündete diesen. Anschließend legte er einen Brand in seiner Wohnung, die sich ebenfalls an der Schwertstraße befindet. Von dort begab er sich zu einem Bürogebäude an der Philadelphiastraße, wo er eine Fensterscheibe einschlug und einen Brandsatz entzündete.
Durch diese Taten wurde die Polizei auf den Mann aufmerksam und stellte ihn schließlich am Krefelder Kino "Cinemaxx". Dort wollte er offenbar ebenfalls Feuer legen. Laut Polizei soll er eine brennbare Flüssigkeit bei sich gehabt haben. Um welche Art von Flüssigkeit es sich handelte, werde noch ermittelt, sagte der Polizeisprecher. Der Mann wurde daraufhin von den Polizeibeamten im Foyer des Kinos angeschossen und festgenommen.
Etwa 150 Menschen im Kinokomplex
Ein Kinomitarbeiter lobte gegenüber einem dpa-Reporter das schnelle Eingreifen der Polizei. "Ansonsten wäre das hier eine Katastrophe geworden", sagte er. Nach seinen Angaben hätten sich zum Zeitpunkt der Tat etwa 150 Menschen in dem Kinokomplex befunden, verteilt auf mehrere Kinosäle. Ähnlich äußerte sich auch Reul am Freitag, der davon sprach, dass die Situation "echt dramatisch" hätte enden können. Verletzt wurde bei den Bränden niemand.
Die Besucher des Kinos wurden unter anderem von Polizeiseelsorgern betreut. Die Polizei sperrte den Einsatzort weiträumig ab. Viele Beamte sicherten am späten Donnerstagabend die Umgebung des Kinos am Krefelder Hauptbahnhof. Der Bahnhof selbst wurde aber nicht gesperrt.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Polizei Essen
- Polizei Krefeld
- Material der Deutschen Presse-Agentur
- Berichte von Rheinischer Post, Bild-Zeitung und Kölner Stadt-Anzeiger
Korrektur: Unser Reporter hatte in einer Live-Schalte am Donnerstagabend berichtet, dass es vor Ort zunächst hieß, dass der mutmaßliche Täter im Kino einen Molotow-Cocktail bei sich gehabt haben sollte. Bisher liegen dazu aber keine Bestätigungen der Polizei vor.
Am Freitagmorgen korrigierte die Polizei Essen, dass der mutmaßliche Täter Iraner, nicht Iraker sein soll.