Bluthochdruck ist ziemlich weit verbreitet in unserer Gesellschaft, laut Robert Koch Institut hat jeder dritte Erwachsene in Deutschland Bluthochdruck. Nach Schätzungen sind aber auch drei bis fünf Prozent aller Kinder betroffen - das entspricht in Deutschland etwa 400.000 Jungen und Mädchen. Ein Gespräch mit Nicole Müller, Kinderkardiologin und Leiterin der Kindersportmedizin am Universitätsklinikum Bonn.
WDR: Woran erkennen Sie Bluthochdruck bei Kindern?
Nicole Müller: Das ist tatsächlich eine schwierige Frage, denn das ist gar nicht so einfach. Meistens muss man sagen, tut der Blutdruck ja erst einmal gar nicht weh. Die Kinder fallen häufig eher zufällig bei Routineuntersuchungen auf oder wenn sie ins Krankenhaus kommen, weil sie irgendwo gefallen sind oder sonst etwas passiert ist. Zum Glück haben wir in Deutschland mittlerweile ein gutes Netz an Vorsorgeuntersuchungen.
WDR: Bei Erwachsenen sieht man ja etwa ein hochrotes Gesicht als mögliches Zeichen …
Nicole Müller, Kinderkardiologin
Müller: Bei Kindern kann es sein, dass sie vermehrt Kopfschmerzen oder Schwindel haben oder durch Nasenbluten auffallen. Aber das ist selten. Dann muss der Blutdruck schon ziemlich hoch sein. Man muss das unterscheiden: Habe ich eine organische Ursache oder tatsächlich irgendwo eine Engstelle in irgendeinem Gefäß?
WDR: Was könnte denn passieren, wenn man das nicht feststellt und auch nicht behandelt?
Müller: Je höher der Blutdruck ist und je länger ich das einfach so lasse, desto größer ist die Gefahr, im Alter auch an Bluthochdruck zu erkranken. Wir haben bei den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, präventiv zu arbeiten und eben diese Langzeitfolgen gar nicht erst entstehen zu lassen .
WDR: Was sind denn die Ursachen für Bluthochdruck bei Kindern?
Müller: Es gibt vielfältige Ursachen. Häufig ist es tatsächlich ein multifaktorielles Geschehen. Das heißt, es gibt genetische Ursachen, die eine Rolle spielen. Wir haben auch Kinder, die wirklich anatomisch Veränderungen haben, die eine Nierenentzündung hatten etwa. Die Niere ist ein Organ, das ganz stark an der Blutdruckregulation beteiligt ist. Aber der Hauptgrund ist tatsächlich das Übergewicht bis hin zur Adipositas, also wirklich einem schweren Übergewicht, was inzwischen leider bei einer zunehmenden Zahl von Kindern und Jugendlichen ein großes Thema geworden ist.
WDR: Was sagen denn die Eltern, wenn sie die Diagnose erfahren oder darauf hingewiesen werden, dass die Kinder Bluthochdruck haben? Gerade, wenn das Übergewicht der Auslöser ist.
Müller: Das ist natürlich etwas, was man sich erst mal gar nicht richtig vorstellen kann, auch als Eltern. Und dann kommen diese ganzen Lifestyle-Veränderungen, wie man sie auch von Erwachsenen kennt. Wir haben mittlerweile das Problem, dass sich wirklich der Großteil der Kinder nicht ausreichend bewegt. Wir haben die WHO-Empfehlung, dass sich Kinder drei Stunden am Tag bewegen sollen. Eine Stunde davon im hoch moderaten und wirklich ausgeprägten Bereich. Nicht mal ein Viertel aller Kinder erreichen dieses Ziel. Da geht es häufig ans Eingemachte, auch für die ganze Familie. Es geht um eine Ernährungsumstellung, um die Umstellung des Alltags. Bildschirmzeiten sind inzwischen bei vielen Kindern und Jugendlichen riesengroß. Da muss es heißen: Geht lieber raus und genießt die Natur, geht Fahrradfahren, zusammen laufen, auch als Familien einfach wieder Freizeit gemeinsam aktiv gestalten und bewusst genießen.
Das Interview führte Andrea Oster fürs Morgenecho.
Hoher Blutdruck
Von Christina Sartori
In der Regel spürt man ihn nicht, doch oft genug führt er zum Tod: der Bluthochdruck. Stiller Killer wird er daher genannt. Denn wenn das Blut ständig mit viel zu hohem Druck durch die Adern und Venen des Körpers fließt, dann belastet das die Blutgefäße. Und damit steigt das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenschäden.
Fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland weiß, dass er zu hohem Blutdruck hat. Doch tatsächlich sind davon sogar noch mehr Menschen betroffen, weil manche es gar nicht ahnen. Auch weil Bluthochdruck als eine Krankheit des Alters gilt. Das stimmt zwar: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für zu hohen Blutdruck. Doch auch junge Menschen können daran erkranken. Ärzte berichten, dass sie immer häufiger auch bei jungen Menschen einen Bluthochdruck entdecken. Als Anhaltspunkt gilt ein Wert von 140 zu 90.
Das ist in der Regel zu viel mangelnde Bewegung, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Stress und zuviel Alkohol lassen den Blutdruck auf Dauer steigen. Aber auch schlanke , sportliche Menschen kann es treffen. Sie haben dann oft eine Veranlagung dafür. In seltenen Fällen kann eine andere Krankheit dahinter stecken oder auch bestimmte Medikamente. Wer seinen Lebensstil ändert und gesünder lebt, kann dadurch sehr oft seinen Blutdruck senken.
Ansonsten beziehungsweise gleichzeitig helfen auch Medikamente, die regelmäßig genommen werden müssen. Zur Kontrolle sollten Patienten ihren Blutdruck regelmäßig messen. Das sollte sitzend und in Ruhe geschehen. Außerdem ist es wichtig, an beiden Armen zu messen und auch an mehreren Tagen, weil der Blutdruck sich immer ein bisschen verändert.
Was passiert bei Bluthochdruck?
Planet Wissen. 27.06.2024. 02:29 Min.. UT. Verfügbar bis 10.03.2027. SWR.