Autobranche in der Krise: Die Auswirkungen in NRW
Aktuelle Stunde . 20.09.2024. 39:36 Min.. UT. Verfügbar bis 20.09.2026. WDR. Von Nils Rode.
Neue Abwrackprämie: SPD fordert 6.000 Euro für Wechsel zum E-Auto
Stand: 23.09.2024, 06:00 Uhr
In der Autoindustrie kriselt es, Zulieferer sind in Sorge - auch in NRW. Grund für Wirtschaftsminister Robert Habeck, am Montag größere Hersteller und Zulieferer zum Autogipfel zu laden. Zur Debatte steht auch eine alte Bekannte: die Abwrackprämie.
Viele Zulieferer für die Autoindustrie sitzen auch in NRW. So reisen zum Beispiel Schließsysteme für Heckklappen, Türen oder Sitzverriegelungen von Wülfrath aus in die ganze Welt.
Sorgt sich ums Geschäft: Kersten Janik
Doch auch bei "Witte Automotive" aus dem Oberbergischen Land wirken die Probleme der Automobilhersteller nach. Seit Monaten schon leben sie hier mit weniger Aufträgen. Das könne man teilweise mit weniger Schichten auffangen, sagt Geschäftsführer Kersten Janik. "Aber die hohen Fixkosten bleiben." Das Familienunternehmen plant weder Auslagerungen noch Entlassungen. Doch die Sorgen bleiben.
In der Autoindustrie bröckeln die Absätze, der Elektroauto-Absatz kommt nur schleppend in Gang. Fachleute gehen davon aus, dass 20 Prozent der Jobs in der deutschen Automobil- und Zulieferindustrie wegfallen könnten. "Wir haben aktuell in den Betrieben bis zu 40 Prozent keine Arbeit mehr", so Serdar Üyüklüer von IG Metall Remscheid-Solingen. Auch in Wülfrath fordert man deshalb klare Vorgaben von der Politik.
Minister Habeck lädt zum Autogipfel
Am Montag lädt Wirtschaftsminister Robert Habeck nun zum Autogipfel. Eingeladen sind größere Hersteller, Zulieferer und Gewerkschafter. Das Ministerium will mit der Automobilindustrie ins Gespräch kommen.
Die Krise trifft derzeit vor allem Volkswagen. Der VW Konzern schließt auch Werksschließungen nicht mehr aus. Damit wären auch betriebsbedingte Kündigungen möglich.
Besucht VW-Werk in Emden: Robert Habeck (r.)
Zuvor hatte der Minister noch einen Abstecher zum VW-Werk in Emden gemacht und zugesagt, den E-Auto-Markt weiter anzuschieben. Millionen zugelassener Fahrzeuge seien in Deutschland Dienstwagen, so der Minister. Würden die alle elektrisch, wäre das schon mal ein großer Schritt für die Hersteller. Und damit auch für die Zulieferer.
Greenpeace: Kleine E-Autos fördern
Eine ganz andere Förderpolitik fordert da Greenpeace "Statt einer ungerechten Förderung von Dienstwagen sollte der Wirtschaftsminister eine Prämie für kleine, sparsame E-Autos bis maximal 30.000 Euro auflegen", heißt es von der Umweltschutzorganisation.
Bei Neukauf 6.000 Euro Bonus
Vor dem Autogipfel bringt die SPD-Fraktion nun eine Neuauflage der Abwrackprämie ins Spiel. Und die geht so: Wer seinen Verbrenner "abwrackt" und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6.000 Euro bekommen, heißt es in einem Papier der SPD-Wirtschaftspolitiker. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3.000 Euro geben. Zuvor hat das Magazin "stern" darüber berichtet.
Abwrackprämie? Da klingelt doch was. Genau, die gab es schon mal. In der Wirtschaftskrise 2009 hatte Deutschland schon einmal mit einer Prämie den Austausch von Autos gefördert. 2.500 Euro Umweltprämie erhielt, wer sein altes Auto verschrotten ließ und ein neues kaufte.
Kritik an Prämie: Warnung vor Chaos und Missbrach
Kritik daran kommt prompt von der Opposition. "Die damalige Abwrackprämie hat bei der Autonachfrage außer einem kurzen Strohfeuer nichts gebracht", kritisierte CDU/CSU-Fraktionsvize Ulrich Lange. "Dafür gab es aber Chaos bei der Abwicklung und Missbrauch."
FDP: VW-Krise keine Aufgabe für den Staat
Auch die FDP hegt Zweifel am Autogipfel. "Statt neuer Subventionen für nur eine Branche braucht es strukturelle Reformen, von denen die gesamte Wirtschaft profitiert", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer. Er sieht in der Krise bei Volkswagen allerdings keine Aufgabe für den Staat. Die Probleme bei VW seien selbst verschuldet "durch eine Produktentwicklung am Markt vorbei sowie ein massives Missmanagement durch Vorstand und Betriebsrat", sagte der Haushaltsexperte.
Mehr Ladeboxen nötig
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält hingegen eine neue E-Auto-Prämie für sinnvoll. "Einen spürbaren Nutzen wird sie aber nur dann haben, wenn es gelingt, die potenzielle Käuferschicht zu erweitern", sagte der IW-Experte Thomas Puls und denkt dabei auch explizit an Menschen, die keine eigene Lademöglichkeit haben.
Tatsächlich gehört eine Förderung für private Ladeboxen, Speicher und Ladesäulen auch zu den Vorschlägen, die beim Autogipfel debattiert werden sollen. Für Familienunternehmer Kersten Janick aus Wülfrath ist die Infrastruktur ein entscheidender Punkt: "Wenn wir Elektroautos haben wollen, müssen wir sie auch laden können."
Unsere Quellen:
- Interview mit Kersten Janick, Geschäftsführer Witte Automotive
- Interview mit Gewerkschaftssprecher Serdar Üyüklüer
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur AFP