Nach der Technik-Panne bei der Übermittlung von Abitur-Klausuren in NRW und der kurzfristigen Verschiebung von Prüfungen stellt sich auch am Donnerstag noch die Frage: Kursieren die Original-Aufgaben für Freitag bereits im Netz? Eine technische Sicherheitslücke habe es jedenfalls nicht gegeben, versicherte nun ein Sprecher des Schulministeriums auf WDR-Anfrage und sprach bei den Vorwürfen sogar von einer "Fälschung".
Sicherheitslücke beim Download der Abi-Aufgaben?
Der Verdacht, dass es beim Download von Abitur-Aufgaben eine Sicherheitslücke gegeben haben könnte, kam von IT-Expertin Lilith Wittmann. Am Dienstagabend schrieb sie bei Twitter: "Falls hier spontan noch jemand Abi-Prüfungen für morgen braucht, hätte ich da noch was da."
Problem dabei, wie sich mittlerweile herausgestellt hat: Der Screenshot, den Wittmann zusammen mit ihrem Tweet veröffentlichte, sei eine "Fälschung", sagte Jörg Harm, leitender Pressesprecher des NRW-Schulministeriums, am Donnerstag dem WDR. Gefälscht worden sei offenbar die Überschrift: "Abitur Download". Die sei beim Test-Download, um den es sich hierbei handele, eine andere.
Auch Wittmann erklärte bereits am Mittwochmorgen dem WDR, dass es sich nicht um die Original-Abi-Aufgaben handele, die man mit ein paar Klicks runterladen könne. Das Produktivsystem sei in dem Moment offline gewesen. "Es ist nur das Testsystem, aber es sagt einiges über die Sicherheit des Produktivsystems aus."
Aber auch das sei nicht korrekt, stellt das Schulministerium klar. Das Test-System sei nicht so gut gesichert wie das Download-System für die Original-Prüfungsaufgaben, sagte Harms.
WDR-Digitalexperte: "Zumindest extrem unglücklich"
WDR-Digitalexperte Jörg Schieb meint dennoch, dass das ein schlechtes Zeichen sei."Auch wenn es sich offenbar nicht um die echten Abi-Klausuren handelt und 'nur' ein Testsystem betroffen ist: Es gilt in der IT-Sicherheit generell als 'bad practice', wenn überhaupt irgendetwas öffentlich erreichbar ist, das nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein soll."
Denn darüber ließen sich gegebenenfalls Erkenntnisse gewinnen, mögliche Schwachstellen ausnutzen oder auch ganz konkret Angriffe vornehmen. "Die Tatsache, dass diese Inhalte für jeden zugänglich sind und nicht etwa nur im Netzwerk des Ministeriums oder der Schulen, ist zumindest extrem unglücklich", sagte Schieb am Mittwoch.
Kursieren die Original-Aufgaben über andere Wege im Netz?
Auszuschließen ist aber trotzdem nicht, dass sogar die Original-Aufgaben für die auf Freitag verschobenen Abi-Prüfungen bereits im Netz kursieren. Denn bei etwa 300 von 900 Schulen hatte der Download der Original-Aufgaben nach Angaben des Schulministeriums am Dienstag geklappt. Sie sind also schon auf einigen Computern oder USB-Sticks zu finden.
Könnten sie womöglich auf diesem Wege in falsche Hände geraten sein, sodass sich Schülerinnen und Schüler damit einen unerlaubten Vorteil verschaffen? NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) schließt das nicht aus, gibt aber trotzdem Entwarnung.
"Wir können das zurzeit nicht bestätigen, dass es die Klausuren im Netz gibt", sagte Feller am Mittwochabend dem WDR. "Selbst wenn eine Schule einen Stick weitergegeben hat - auch hier gilt ja für die Lehrkraft, die den angenommen hat, dass sie auf die Sicherheit achten muss, dass die Daten eingeschlossen werden müssen."
Sollte es wider Erwarten aber doch dazu kommen, dass die Klausur-Aufgaben für Freitag irgendwo im Netz auftauchen und das Schulministerium das mitbekommt, dann "haben wir immer noch die Möglichkeit, andere Klausuren zu stellen", versicherte Feller. "Wir haben das durchaus im Blick."