Er ist eine dieser Gestalten aus einer anderen Welt – faszinierend, rätselhaft und ein wenig unheimlich. Ein stämmiger Kerl mit unübersehbarem Penis. Vor den Rippen trägt er einen kleinen Gefährten, der aussieht wie eine Miniatur des Großen. Und darüber steil hervorragende Brüste. Wen stellt er dar? Was ist sein Zweck? Gottheit? Kult- oder Kunstobjekt? All das ist unter Ethnologen umstritten.
Eine rätselhafte Gestalt: die Uli-Figur aus Neuirland
Kunst aus der Südsee
Uli-Figuren gibt es in ethnologischen Sammlungen rund um die Welt. Sie stammen von der Südseeinsel Neuirland, einst Teil der deutschen Kolonie Deutsch-Guinea und heute zu Papua-Neuguinea gehörend, und wurden auf Forschungsreisen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt. Der Name Uli leitet sich möglicherweise von „weiß bemalen“ ab. Gesichert aber ist das nicht. Wir wissen, dass sie bei großen Totenfeiern, aber auch bei Fruchtbarkeits- und Initiationsritualen eine Rolle spielten. Im Alltag wurden sie in Männerhäusern aufbewahrt. Den Frauen war ihr Anblick streng verboten. Die Skulpturen symbolisierten die Macht und Kraft der Ahnen, das Aggressive und Nährende. Daher rührt wohl auch die Zweigeschlechtlichkeit der Figuren. Den Missionaren waren die magischen Riten ein Dorn im Auge. Sie bekämpften sie und rotteten sie fast vollständig aus.
Expressives Meisterwerk
Seit die Uli-Figuren in den Westen kamen, haben sie nicht nur Ethnologen fasziniert, sondern auch Künstler in ihren Bann gezogen. Vor allem die Surrealisten reagierten wie elektrisiert. „Sicher bist ein großer Gott …. du ängstigst, du verzauberst“, schrieb André Breton mit wohligem Schauder in seinem Gedicht „Uli“. Und der deutsche Expressionist Emil Nolde machte einen Uli zum Hauptdarsteller seines Gemäldes „Stillleben mit Holzfigur“.
Aus Museen und privaten Sammlungen sind 225 Uli-Figuren bekannt. Es sind einzigartige expressive Meisterwerke. Eines davon ist im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum zu sehen.
Autorin: Claudia Kuhland