Eine Tempelanlage im römischen Germanien. In den ersten Jahrhunderten nach Christus war sie eine Kultstätte für einheimische Muttergottheiten, die man Matronen nannte. Gekleidet nach der Mode germanischer Frauen, wurden sie mit ihren Fruchtschalen besonders im römischen Rheinland verehrt.
Matronenstein
Lebendiges Zeugnis eines vorchristlichen Glaubens
Neben den eigenen Göttern huldigten zivilisierte Römer auch den fremden Muttergottheiten der Barbaren. Vielzahl und Qualität der Denkmäler lassen keinen Zweifel an der Beliebtheit des Matronenkults bei römischen Beamten, Offizieren und Soldaten. Sie stifteten kunstvolle Altäre, die den Naturgöttinnen erstmals Gestalt gaben.
1928, bei Ausgrabungen am Bonner Münster, kamen die Matronensteine ans Tageslicht. Sie sind lebendiges Zeugnis eines vorchristlichen Glaubens, den schon Kelten und Germanen praktizierten.
In der Mitte: die jüngste und kleinste der göttlichen Damen. So zierlich, dass der Bildhauer der Jungfrau eigens eine Bank unter die Füße gestellt hat. Der Kölner Stadtkämmerer Vettius Severus widmete im Jahre 164 nach Christus den Segen und Fruchtbarkeit spendenden Matronen den Stein, der Platz lässt für Weihegaben. Stets zu dritt, präsentiert sich die weibliche Trinität als ein Allround-Team, das bei jeder Art von Kummer hilft.
Außer den Inschriften existieren keine Quellen zu den Steinen. In nachrömischer Zeit dienten sie als Baumaterial für frühchristliche Kirchen. Wo der Quader nicht in die Mauer passte, blieben von den heidnischen Göttinnen nur Fragmente.
Die religiöse Welt der Römer war von vielen Göttern bevölkert, in die sich die Matronen mühelos einfügten. Erst recht in Notzeiten, bei Krieg oder Seuchengefahr. Dann setzte auch die römische Besatzung auf die wundersame Kraft der rheinischen Göttinnen.
Buchtipps
Gerhard Bauchhenss, Günter Neumann (Hrsg.): Matronen und verwandte Gottheiten.
(Beihefte Bonner Jahrbücher, Band 44)
Rheinland-Verlag/Habelt, Bonn 1987 (vergriffen)
Jörg Rüpke: Die Religion der Römer.
Eine Einführung
C.H. Beck 2001, Preis: 19,90 Euro
Wolfgang Spickermann: Germania Superior.
Religion der Römischen Provinzen Bd. 2
Religionsgeschichte des römischen Germanien Bd. 1
Mohr Siebeck 2004, Preis: 129 Euro
Autorin: Martina Müller