West ART Meisterwerke: Käthe Kollwitz - Turm der Mütter

WESTART Meisterwerke 07.01.2014 04:55 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR

Käthe Kollwitz: "Turm der Mütter"

Käthe Kollwitz Museum Köln

Stand: 29.12.2013, 12:23 Uhr

Keine andere Künstlerin hat das Bild der "Mutter mit Kind" mehr geprägt als Käthe Kollwitz. Erschöpfte, früh gealterte Frauen mit Kleinkindern, Arbeiterfrauen zwischen Resignation und Rebellion. Dicht zusammengedrängt bilden sie den 1938 entstandenen "Turm der Mütter".

Käthe Kollwitz "Turm der Mütter"

Erschöpfte, früh gealterte Frauen mit Kleinkindern, Arbeiterfrauen zwischen Resignation und Rebellion: "Turm der Mütter".

Bollwerk gegen den Krieg

Eine Festung aus Röcken und Schürzen. Aus dem Knäuel der Körper ragt eine Hand heraus - zur Faust geballt. Mütter stemmen sich gegen eine Gefahr, die nicht zu sehen ist. Was haben ihre Kinder zu befürchten? Was treibt die Frauen zu einer derart offensiven Geste? Ein Jahr vor Kriegsbeginn zeigt Käthe Kollwitz Mütter, die sich weigern, ihre Kinder als Kanonenfutter herzugeben. In der Rundplastik verarbeitet sie auch ihre eigenen Erfahrungen als Mutter: Ihr Sohn Peter starb 1914 an der Front. Dem Drängen des 18-Jährigen, sich freiwillig zum Kriegsdienst zu melden, hatte sie nachgegeben.

Käthe Kollwitz "Turm der Mütter", Teilansicht

Ein Jahr vor Kriegsbeginn zeigt Käthe Kollwitz Mütter, die sich weigern, ihre Kinder als Kanonenfutter herzugeben.

Vereinnahmung als sozialkritische Künstlerin

Man hat ihrem Werk eine gewisse Elendsromantik unterstellt. Das wird ihm nicht gerecht. Die politische Vereinnahmung als sozialkritische Künstlerin wird sie dennoch nicht los. 1916 stellt sie ihre erste Plastik aus und fällt bei der Kritik durch. Ein Liebespaar passt nicht zum Kollwitz-Klischee. Und schon gar nicht die kühne Erotik in ihren nie veröffentlichten Zeichnungen. "Eigentlich bin ich gar nicht revolutionär; weil man mich aber als Künstlerin des Proletariats preist und mich immer fester in die Rolle schiebt, so scheue ich mich, diese Rolle nicht weiterzuspielen", schreibt die Künstlerin.

Sehnsucht nach einem Sozialismus, "der die Menschen leben lässt"

In der Nazizeit muss sie, die als erste Frau in die Akademie der Künste aufgenommen worden war, wieder austreten. Sie verliert ihr Atelier und kann nur noch an kleineren Formaten arbeiten. 1938 wird der "Turm der Mütter" von den Nazis aus einer Ausstellung entfernt: "Im Dritten Reich haben die Mütter es nicht nötig, ihre Kinder zu schützen, das tut für sie der Staat", so die Begründung.

Käthe Kollwitz wollte mit ihrer Kunst etwas bewegen, etwas verändern. Sie sehnte sich nach einem Sozialismus, "der die Menschen leben lässt; vom Morden, Lügen, Verderben, allem Teuflischen hat die Erde jetzt genug gesehen". 1945, wenige Tage vor Kriegsende, starb sie im Alter von 77 Jahren.

Buchtipps

Käthe Kollwitz: Die Tagebücher.
1908-1943
btb 2007, Preis: 14 Euro

Käthe Kollwitz: Aus meinem Leben.
Ein Testament des Herzens
Herder 2006, Preis: 9,90 Euro

Autorin: Martina Müller