Eine Kirche im Revier: gebaut aus Ziegelsteinen und streng durchkomponiert wie eine Fabrikanlage. Entworfen hat sie der Ruhrgebietsarchitekt Josef Franke, 1876 in Wattenscheid geboren und 1944 in Gelsenkirchen gestorben. Jahrzehntelang hatte sich die Industrie am Sakralbau orientiert und Kathedralen der Arbeit errichtet. Josef Franke drehte den Spieß um und schuf ein Gotteshaus als monumentales Pendant zu den zeitgenössischen Zechen, Fabrikhallen und Bahnhöfen. Bibelverse zieren das Kirchenschiff wie ein Firmenlogo: "Vexilla regis prodeunt / fulget crucis mysterium": "Des Königs Fahnen wehn voran, es leuchtet auf das geheimnisvolle Kreuz". Zwischen 1927 und 1929 erbaut, ist die Kirche Heilig Kreuz ein Hauptwerk des Backsteinexpressionismus.
Aus der Finsternis zum Licht
Besonders beeindruckend ist die Westfassade mit dem 41 Meter hohen Hauptturm: ein monolithischer Block, dessen Stufenportal an die Bühnenbilder expressionistischer Theater- und Filmkunst erinnert. Über dem mittleren Portal ist ein riesiges Fenster in Form einer Parabel eingelassen, darüber eine weithin sichtbare Uhr und ein ebenfalls aus Ziegeln gemauertes Kruzifix
Wer den Innenraum betritt, findet sich in einer erhabenen Höhle wieder. Eine Eisenbetonkonstruktion bildet das statische Gerüst der 19 Meter hohen und 17 Meter breiten hyperbolisch geformten Tonne. Das Gewölbe des Langhauses ist durch Parabelbögen gegliedert. Nur sparsam dringt das Tageslicht durch die verdeckten Fenster. Die schmalen Seitenschiffe wirken wie ein Durchbruch beim Stollenausbau unter Tage. Am Ende erwartet den Besucher der Chorraum in strahlender Helle: Der Weg des Gläubigen führt aus der Finsternis zum Licht.
"Heilig Kreuz" wurde in den 20er Jahren für den Zustrom von Bergarbeitern und Stahlkochern gebaut. Längst sind die Zechen und Hütten geschlossen. Jetzt folgen die Kirchen. In Heilig Kreuz wurde am 19. August 2007 der letzte Gottesdienst gefeiert. Das Haus soll fortan als Ausstellungsgebäude genutzt werden.