Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg

Günther Uecker: "Grab der verlorenen Erinnerung"

Stand: 26.01.2010, 10:20 Uhr

Für Günther Uecker, einen der bedeutendsten deutschen Gegenwartskünstler, ist der Nagel zum Marken- und Erkennungszeichen geworden. Mit seinen Werken hat er sich regelrecht eingehämmert in unser Gedächtnis.

1972 entstand das "Grab der verlorenen Erinnerung": ein Kubus aus Holz, eingepackt in weiß bemalte Leinwand, überzogen von einem Pelz aus Nägeln. Wie ein Igel sieht der Würfel aus, sehr wehrhaft, und doch möchte man ihn am liebsten anfassen, einmal darüber streicheln. "Der Nagel", sagt Günther Uecker, "ist mein Sprachmittel." Mehrere Hundertschaften hat er eingeschlagen in diesen Würfel, wieder und wieder. Wie ein Ritual, eine Meditation. Was einzeln so profan ist, wird in der Masse zu etwas Neuem - zu Poesie, Rhythmus, Schönheit. Die Nägel sind nützlich, aber auch ein Symbol für Schmerz und Passion. Sie durchdringen das Holz und die Leinwand. Das Innere des Würfels birgt ein Geheimnis: private Aufzeichnungen des Künstlers. Briefe? Gedichte? Einkaufslisten? Wir wissen es nicht. Der Betrachter soll an etwas glauben, was er nicht sehen kann. Er muss dem Künstler vertrauen.

Günther Uecker

1930 in Wendorf/Mecklenburg geboren, studierte Günther Uecker Malerei und Bildende Kunst in Wismar, Berlin und an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er später bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 auch als Professor tätig war. Ende der 50er Jahre schuf er die ersten "Nagelbilder", die den Wechsel vom gemalten Bild zum Objekt markierten. Von frühen Fingermalereien reicht das Spektrum seiner Werke über drehende Nagelscheiben, Architekturprojekte, Lichträume, organische Nagelformationen, Übernagelungen von Möbelstücken bis zu Installationen aus Bindfadenverknüpfungen und Sandmühlen. In den 80er und 90er Jahren war die "Verletzbarkeit der Menschen durch den Menschen", wie er es selbst formulierte, das Hauptthema seiner Arbeiten. Seit Mitte der 60er Jahre ist Uecker an zahlreichen Großausstellungen wie der Biennale in Venedig und der documenta beteiligt. Darüber hinaus hat er für eine Reihe von Operninszenierungen Aufsehen erregende Bühnenbilder gestaltet.


Buchtipps

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Neuen Nationalgalerie Berlin, 2005
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Hatje Cantz Verlag 2005
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Autorin: Lydia von Freyberg