Es steht in einer Seitenkapelle des Kölner Doms und dominiert einen barocken Altar: das ottonische Gero-Kreuz, die erste lebensgroße Skulptur des gekreuzigten Christus. Der Kölner Erzbischof Gero hat es im 10. Jahrhundert gestiftet.
Eine brutale Hinrichtung - realistisch in Eichenholz geschnitzt
Radikaler Wandel in der Christusdarstellung
Das fast drei Meter hohe Kreuz zeigt die Hinrichtung des Heilands realistisch in Eiche geschnitzt. Statt des heldenhaften Erlösers ist ein vom Tode gezeichneter Mensch zu sehen: ein Mann mit aufgeschlitzter Seite, die Augen geschlossen, Sehnen und Muskeln treten hervor. Es muss im 10. Jahrhundert ein Schock gewesen sein, das derart drastische Abbild eines Gefolterten im Dom zu sehen.
Das Leiden des Gekreuzigten
Der unbekannte Meister des Gerokreuzes orientierte sich an christlicher Buchmalerei, Elfenbein- und Silberminiaturen, aber auch an antiken Porträts: Jesus von Nazareth, Abbild sakraler Anbetung, mit der Haartracht römischer Aristokraten. Wie stark der Einfluss frühbyzantinischer Vorbilder ist, lässt sich nicht genau sagen. Sicher ist aber, dass das Gero-Kreuz die Christusdarstellung bis ins Hochmittelalter geprägt hat.
Über die Jahrhunderte hat das Kunstwerk im Kölner Dom seinen Standort gewechselt. Ursprünglich stand es im Alten Dom, der Vorläuferkirche des Kölner Doms, am Sarkophag des Stifters Gero.
Später wanderte es durch den Chorraum des neuen Kirchengebäudes und fand um 1350 seinen heutigen Platz an der Ostwand der Kreuzkapelle. Der goldene Strahlenkranz kam erst 1683 als Stiftung des Domherrn Heinrich von Mering dazu.
Autorin: Martina Müller