Es ist eine Idylle aus dem Biedermeier: das „Bildnis der Familie Werbrun“. Der Kölner Künstler Simon Meister (1796-1844) hat es 1834 im Auftrag des Kaufmanns Johann Werbrun gemalt. Es war ein Geschenk zum Namenstag seiner Frau Anna. Sie dominiert das Bild im gelben Kleid. Um sie herum gruppiert die adrett gekleideten Kinder, jedes mit einem Präsent in der Hand. Im Hintergrund der „Pater familias“, ein stolzer Bürger im Frack.
Rückzug ins Private
Das Gemälde ist ein Gegenentwurf zur gar nicht idyllischen Realität. Es gärte im nachnapoleonischen Deutschland. Die Literaten des „Vormärz“, Vertreter der nationalen und der demokratisch-liberalen Bewegung bekämpften die Restauration und machten sich für politische Veränderungen stark. Die Staatsmacht versuchte, mit Zensur und Unterdrückung die „revolutionären Umtriebe“ einzudämmen.
Das Bürgertum reagierte mit dem Rückzug ins Private. Wie die Familie Werbrun. In der Laube aus Wein war sie geschützt vor der feindlichen Welt. Der abgeschirmte Ort versprach Halt und Geborgenheit, allerdings um den Preis der Beschränkung und Enge. Der Blick durch das Weinlaub reichte nicht weiter als bis zum nächsten Gotteshaus, der Severinskirche in Köln.
Und doch überwiegt beim Betrachter des Bildes der Eindruck der Wärme, der Verbundenheit und des Aufgehobenseins. Mit liebevollem Blick ist jedes Detail präzise gemalt. Und jeder weiß, welcher Platz ihm gebührt: bescheidenes, biedermeierliches Glück.
Autorin: Lydia von Freyberg