Lemgo

Karl Junker: Junkerhaus

Stand: 01.09.2009, 10:20 Uhr

Es ist das Gesamtkunstwerk eines gelernten Tischlers: das Junkerhaus in Lemgo. Über 20 Jahre lang hat Karl Junker daran gearbeitet. 1889 stellte er den Bauantrag. 1891 war der zweistöckige Fachwerkbau weitgehend fertig. Mit der üppigen Ausgestaltung aber sollte sich der Bauherr bis zu seinem Tode im Jahr 1912 beschäftigen. Detailversessen schnitzte er der Architektur ein Gewand, das bis heute eine eigenartige Faszination auf den Besucher ausübt.

Albtraumhafte Heimeligkeit

Keine Fläche ist ausgespart: Knorrige Äste, filigrane Fabelwesen, Tausende unentwirrbar verschränkte Leisten überziehen Wände und Decken. Jedes Ornament ist ein Unikat, keinem Stil und keiner Mode zuzuordnen. Lässt sich hier wohnen – in diesem Haus voll albtraumhafter Heimeligkeit? Welche Ängste und Sehnsüchte mögen den Künstler getrieben haben? Junkers Haus strahlt aber nicht nur Finsternis und Schwermut aus. Es zeigt auch pointillistische Malereien, Farbenfreude, Heiterkeit – Ausdruck einer tief empfundenen Genugtuung darüber, ein Werk aus eigener Kraft und ohne öffentliche Anerkennung geschaffen zu haben: „Ich werde einen neuen Stil erfinden. Man wird mich nicht gleich verstehen. Es wird mir ergehen wie Richard Wagner mit seiner Musik. Aber später, nach 50, vielleicht erst nach 100 Jahren, wird man mich richtig würdigen.“

Karl Junker

Karl Junker, 1850 in Lemgo geboren, lernte das Tischlerhandwerk, studierte Kunst- und Architektur in München, hielt sich mehrere Jahre in Italien auf und kehrte 1881 in seine Heimatstadt zurück. Ab 1891 lebte und arbeitete er zurückgezogen in seinem Haus. Er galt als Außenseiter und Sonderling. 1912 starb er an den Folgen einer Lungenentzündung.

Autorin: Martina Müller