Unser Programm im Mai

Stand: 03.05.2023, 09:16 Uhr

"WDR.DOK" zeigt im Mai, wie wichtig und zugleich lebensgefährlich Journalismus auch in Demokratien sein kann. Wir beobachten, wie sich Deutschland durch Einwanderung verändert hat. Erinnern an den Brandanschlag in Solingen. Und lassen die Zeit des Kalten Krieges in Deutschland mit viel Archivmaterial lebendig werden.

Tödliche Recherchen - Der Mord an Ján Kuciak

Ein Foto von Ján Kuciak und Martina Kusnirova, davor viele Kerzen

Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit
2018 wird der Journalist Ján Kuciak in der Slowakei brutal ermordet. Kuciak arbeitete an der Aufdeckung von Steuerbetrugsfällen slowakischer Geschäftsleute. Als die Polizeiakten Journalisten zugespielt werden, decken sie Korruption und illegale Machenschaften auf, die bis in die höchsten Ebenen von Gesellschaft und Politik reichen. Es kommt zu Protesten und schließlich zum Sturz der slowakischen Regierung.

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In einer kalten Nacht im Februar 2018 betritt die Polizei ein Haus in einem slowakischen Dorf und entdeckt einen blutigen Tatort. Die Leiche von Ján Kuciak, einem 27-jährigen investigativen Journalisten, liegt neben der Haustür. Ihm wurde zweimal in die Brust geschossen. In der Küche liegt seine ebenfalls ermordete Verlobte Martina. Der Mord löst Massenproteste in der Slowakei aus und führt das Land in eine politische Krise, die schließlich zum Sturz der Regierung von Premierminister Robert Fico führt. 

Ein Polizeiermittler setzt die bizarre Kette von Ereignissen, die zu dem Mord geführt hat, zusammen. Ein Ex-Polizist und ein Ex-Soldat wurden angeblich von einem örtlichen Pizzeria-Besitzer angeheuert, den Mord zu begehen. Aber wo liegen Motiv und Hintergründe der Tat?

Die Geschichte nimmt eine unerwartete Wendung, als die Kollegen des ermordeten Journalisten die geheime Akte des Mordfalls zuspielt bekommen. Sie enthält Computerdateien und die komplette mobile Kommunikation des mutmaßlichen Drahtziehers des Mordes, Marián Kočner, eines berüchtigten slowakischen Geschäftsmannes mit engen Verbindungen zur Regierungspartei. Eine langjährige Vertraute soll den Mord in seinem Auftrag vermittelt haben.

Ján Kuciak arbeitete an der Aufdeckung von Steuerbetrugsfällen slowakischer Geschäftsleute mit Verbindungen zu hochrangigen Politikern des Landes. Einer der Männer, über die er recherchierte, war Marián Kočner. Ein für die Staatsanwaltschaft plausibles Motiv für den Auftragsmord. Im März 2019 wird Kočner angeklagt.

Die Journalisten entdecken in den verschlüsselten Nachrichten, dass ihr Land von korrupten Oligarchen, Richtern und Strafverfolgungsbeamten beherrscht wird. Die Regierung ist korrupt – oder wie es ein Protagonist des Films formuliert: "Die, die gegen die Mafia kämpfen sollten, waren Schlüsselpersonen des mafiösen Systems."
Der Film beschreibt auf akribische Art und Weise, wie Korruption funktioniert, und er zeigt, wie wichtig der Journalismus für den Schutz eines demokratischen Systems ist.

Ein Dokumentarfilm von Matt Sarnecki | Redaktion: Jutta Krug

#unterAlmans

Collage mit der Moderatorin Salwa Houmsi und dem Schriftzug Unter Almans

Unter welchen Voraussetzungen kann Deutschland in Zukunft sagen: "Wir sind ein Einwanderungsland, und das ist auch gut so!"? Moderatorin Salwa Houmsi trifft Menschen, die in den vergangenen 70 Jahren nach Deutschland kamen. Sie erzählen ihre Geschichte von Deutschland Ost und West als zweiter Heimat, von ihren Enttäuschungen und Hoffnungen.

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Salwa Houmsi, ausgezeichnet mit dem Deutschen Fernsehpreis, sagt von sich: "Ich kann es überhaupt nicht leiden, wenn die Leute mich als Syrerin ansprechen. Ich bin Berlinerin, genauer gesagt Kreuzbergerin!"

Sie fragt, was man aus der Vergangenheit mitnehmen kann und reist durch die Jahrzehnte. Zu Wort kommen ausschließlich Menschen, die eine Migrationsgeschichte haben, also "unter Almans" leben. Wie können Familien im Einwanderungsland eine Heimat finden? Was ist der Nährboden für Rassismus? Wie nutzt Deutschland das Potential von Menschen mit Migrationsgeschichte? 

Antworten sucht Salwa bei Naika Foroutan (Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung), Ozan Zakariya Keskinkılıç (Politikwissenschaftler) und Marina Weisband (Psychologin).

Der Comedian Özcan Cosar macht Witze über gute und schlechte Ausländer und erzählt, wie es in den 90er Jahren noch völlig normal war als "Scheiß Türke" angefeindet zu werden. Er sagt: "Ich bin auch irgendwie kein Türke – ich bin ein Multikulturist, sag ich immer." Politikerin Aminata Touré erklärt, dass ihre Heimat selbstverständlich Schleswig-Holstein sei und wie es war, als Kind trotzdem nicht in den Kindergarten gehen zu dürfen. Daniel Magel kommt aus Kasachstan nach Bremen und muss erleben, dass er sich zwar als Deutscher fühlt, das viele aber anders sehen. Huong Trute erlebt als Kind den Vietnamkrieg und nutzt die Chance, für eine Ausbildung in die DDR zu gehen. Hautnah erlebt sie, wie zu Wendezeiten Tausende vietnamesische Vertragsarbeiter der DDR von ost- und westdeutscher Politik einfach vergessen wurden. Melina Borcak erinnert sich, wie sie als Kind nach dem Bosnienkrieg von deutschen Behörden zur Ausreise gedrängt wurde.

Doch es gibt nicht nur Träume und Frustration. Haeng-Ja Fischer kam als junge Koreanerin in den 60er Jahren nach Bochum, um als Krankenschwester zu arbeiten. Sie floh vor einer koreanischen Gesellschaft, in der Frauenrechte noch nicht auf der Tagesordnung standen und sagt: "Deutschland war das Paradies."

Ein Film von Yasemin Ergin, Kristin Siebert, Sebastian Bellwinkel und Marlene Wynants | Redaktion: Mathias Werth

Auf nach Almanya

Ein Schwarzweiß-Foto: Drei Männer blicken aus einem Zugfenster, einer hebt seinen Hut

Die deutsche Industrie fordert 400.000 Neuzuwanderungen im Jahr, um den Standort zu sichern. Das erinnert manche an die "Gastarbeiter-Anwerbungen" von vor 60 Jahren. Der Film erzählt die Geschichte der Ankunft der Menschen aus der Türkei, ihre Veränderung und wie sie unsere heutige Gesellschaft mit entwickeln und prägen. Ein unterhaltsames Porträt von "Deutschtürken" auf ihrem Weg zum "Türkdeutschen". Werden sie eines Tages einfach nur "Deutsche" sein?

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Im September 1961 bekamen türkische Facharbeiter und Facharbeiterinnen die Möglichkeit, sich von deutschen Unternehmen anwerben zu lassen. Zehntausende von ihnen verließen daraufhin ihre Heimat, lebten unter hygienisch fragwürdigen Bedingungen in Unterkünften, die ihnen die Arbeitgeber zur Verfügung stellten, sie arbeiteten in Berufen, für die sie entweder gar nicht oder überqualifiziert waren und für die sich häufig keine deutschen Bewerberinnen und Bewerber finden ließen.

Heute leben rund drei Millionen türkeistämmige Menschen in Deutschland: Türken, Kurden, Armenier, Sunniten, Aleviten, Christen. Etwa die Hälfte von ihnen hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft. Viele sind hier geboren und aufgewachsen. Sie sind nicht mehr nur Arbeiter und Dienstleister, sondern auch Unternehmer, Politiker, Künstler, Wissenschaftler. Im Film begegnen sich Vertreterinnen und Vertreter der sogenannten "Ersten Generation" mit denen der "Vierten Generation". Protagonisten sind unter anderem der ehemalige FC Bayern-Spieler Hamit Haltintop, die Politikerin und Bundesverdienstkreuzträgerin Dr. Lale Akgün, der Bochumer Forscher Professor Onur Güntürkün, der Schriftsteller und Poet Molla Demirel, die gelernte Schneiderin Filiz Taskin und der Münchner Abiturient Kubilay Toptal. 

War für die erste Generation das zentrale Motiv die immer wieder verschobene Rückkehr, führte die zweite Generation oft ein Leben zwischen den Stühlen – zwar in Deutschland geboren, aber sich trotzdem weder zur türkischen noch zur deutschen Gesellschaft zugehörig fühlend. Während der dritten Generation alle Möglichkeiten in Bezug auf Bildung, Wachstumschancen, persönliche Freiheit offenstehen, hegen die Vertreterinnen und Vertreter der vierten Generation die Hoffnung, endlich als "normal" und "deutsch" zu gelten, ohne ständig nach der "Herkunft" gefragt zu werden.  

Die Regisseurin Gülsel Özkan zeigt in ihrem Film, welche Auswirkungen die gesellschaftlichen Umbrüche in Deutschland auf die Migrantinnen und Migranten hatten. Zu geschichtlichen Meilensteinen gehören so die Wirtschaftskrise und der spätere Anwerbestopp sowie die wechselnde wirtschaftliche und politische Situation in der Türkei. Es ist ein unterhaltsames und differenziertes Bild der "Almancılar" – der „Deutschländer“, der "Deutschtürken" auf ihrem Weg zum "Türkdeutschen". Werden sie eines Tages einfach nur "Deutsche" sein?

Ein Film von Gülsel Özkan | Redaktion: Mathias Werth

Solingen und der Brandanschlag

Außenansicht auf ein ausgebranntes Gebäude, davor eine Menschenmenge und 5 Särge

"Es waren Menschen, wie Du und ich. Mit Träumen und Hoffnungen, und dann waren sie einfach weg" – kopfschüttelnd steht Dilan Kaplan vor einer Baulücke. Dort brannte 1993 das Haus der Familie Genç, fünf Mädchen und Frauen kamen ums Leben. Der Film schildert die Nacht, zeigt die Erinnerungen von Opfern und Helfern. Und schaut auch auf heute.

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Dilan Kaplan wurde erst fünf Jahre nach dem Anschlag geboren. Aber in Solingen hat man die Nacht auf den 29. Mai 1993 nicht vergessen. Das Nichts, die Baulücke mit den fünf Kastanienbäumen, ist ein Mahnmal für eine der folgenschwersten rassistischen Taten in der Geschichte der Bundesrepublik. Solingen wurde zum Symbol für Fremdenhass und militante Ausländerfeindlichkeit. Die vier Jugendlichen, die die Tür des Hauses mit Brandbeschleunigern bewarfen, wurden verurteilt und leben heute mit einer neuen Identität irgendwo in Deutschland. Familie Genç ist in Solingen geblieben.

"Ich habe Frau Genç damals versprochen, dass ich alles dafür tue, dass die Opfer nie vergessen werden", sagt Heinz Siering. Er leitete die Jugendhilfewerkstatt. Ihm grauste davor, dass auch einer "seiner" Jugendlichen sich von den Neonazis hätte anstiften lassen können. Er baute gemeinsam mit anderen ein Mahnmal. Das einzige Mahnmal, das es in Solingen zum Brandanschlag gibt. Gepflegt wird es bis heute von den Jugendlichen der Jugendhilfewerkstatt. Der heutige Leiter, Winfried Borowski, versucht Jahr für Jahr Jugendliche gegen Propaganda und Populismus zu immunisieren. "Die haben so wenig Schulbildung, die kennen zum Teil Auschwitz nicht." Umso mehr ärgert es ihn, dass die Politiker heute wieder ähnlich reden wie vor 30 Jahren. 1993 hieß es, das Boot sei voll.  Auch heute, sagt Borowski, gibt es sie wieder die "Einflüsterer, wie ich sie nenne. Die geistigen Brandstifter."

Der Film zeichnet die Entwicklung der Nacht, zeigt die Erinnerungen von Opfern und Helfern. Aber er bleibt nicht nur in der Vergangenheit, sondern geht auch ins heute. Dilan steht für ein anderes Solingen. Aber "wenn ich durch die Stadt gehe", so sagt sie, "werde ich immer noch komisch angeschaut" und zupft an ihrem Kopftuch. "Dabei ist das doch nur ein Stück Stoff". 
Ein Film von Christina Zühlke | Redaktion: Barbara Schmitz

Programmänderung!

Den angekündigten Film "Die vier Reeves und ein Todesfall" zeigen wir am 14. Juni 2023 um 22:15 Uhr.
Stattdessen zeigen wir am 31. Mai ab 23:25 Uhr:

Deutschland im Kalten Krieg

Blick auf die Berliner Mauer in den 1970er Jahren, im Hintergrund das Brandenburger Tor, im Vordergrund ein Schild mit der Aufschrift Achtung Sie verlassen jetzt West-Berlin

In der dreiteiligen Dokumentation lassen wir die Zeit des Kalten Krieges in Deutschland zwischen 1945 und 1991 mit viel Archivmaterial lebendig werden.
Das geteilte Deutschland war mehr als vier Jahrzehnte lang das Zentrum des Kalten Krieges. Hier verlief die wichtigste Grenze zwischen den beiden Supermächten USA und UdSSR. Mehrmals drohte der schwelende Konflikt zu eskalieren und das gesamte Land zu vernichten. Polit-Akteure und Entscheidungsträger in Ost und West, aber vor allem Zeitzeugen aus dem geteilten Deutschland erzählen, wie sie diese Epoche erlebt haben.
Eine Reihe von Matthias Schmidt und Kai Christiansen | Redaktion: Barbara Schmitz

Folge 1: Angst beherrscht die Welt

Der Zweite Weltkrieg ist kaum beendet, da beginnt der Wettstreit der Systeme – ein Kalter Krieg, der Deutschland teilen und fast 40 Jahre lang beherrschen wird. Beginnend mit dem Einmarsch der Alliierten, erzählt der erste Teil die Anfänge: die Teilung des Landes, den Mauerbau. Die Folgen des Kalten Krieges spüren die Deutschen auf beiden Seiten der Mauer es wird aufgerüstet, Angst beherrscht die Welt.

Folge 2: Keiner wird gewinnen

Anfang der 60er Jahre sieht es, was Wohlstand und Freiheit angeht, so aus, als sei der Kalte Krieg im Grunde entschieden. Im Westen gibt es Vollbeschäftigung und ein Wirtschaftswunder, im Osten haben sie auch Vollbeschäftigung, nur können die Menschen von ihrem Geld wenig kaufen – die Versorgungslage ist schlecht.

Folge 3: Alles auf Anfang

Anfang der 80er Jahre stehen auf beiden Seiten der Mauer mehr Atomraketen als jemals zuvor. Mit dem NATO-Doppelbeschluss wird sich ihre Zahl noch einmal erhöhen. Im Westen beginnt die große Zeit der Friedensbewegung. Im Osten fordern die Menschen Veränderungen und gehen dafür auf die Straße – der SED-Staat schlägt zurück.