Jacqueline van Maarsen, Anne Franks Freundin

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Jacqueline van Maarsen, Anne Franks Freundin

Stand: 15.05.2019, 12:36 Uhr

Jacqueline van Maarsen wird am 30. Januar 1929 in Amsterdam geboren. Ihre Mutter Eline ist christliche Französin, ihr Vater Samuel ist jüdischer Niederländer. Während die Familie des Vaters fromm jüdisch lebt, spielt der Glaube für ihn selbst lange keine große Rolle.

Jacqueline und ihre ältere Schwester Christiane sind wie ihre Mutter katholisch - bis ihr Vater die Schwestern im Jahr 1938 in der jüdischen Gemeinde eintragen lässt. 1940 werden sie deshalb von den deutschen Besatzern als "Halbjuden" eingestuft. Diese Bezeichnung wird in ihren Ausweispapieren verzeichnet. Jacquelines Mutter ist wütend über den Alleingang des Vaters; sie wirft ihm vor, er habe die Kinder in große Gefahr gebracht, nur um seiner gläubigen Familie einen Gefallen zu tun.

Erste Konsequenzen


Schon bald erfährt Jacqueline in den besetzten Niederlanden die ersten Konsequenzen des Wechsels ihrer Religionszugehörigkeit: Sie wird aus dem Schwimmverein ausgeschlossen - darunter leidet sie sehr. Sie fühlt sich fremd, einsam und ausgesondert. Im Herbst 1941 muss Jacqueline auf das Jüdische Gymnasium gehen. Dort lernt sie am ersten Schultag ihre neue Klassenkameradin Anne Frank kennen. Ein Jahr lang sind die beiden unzertrennlich beste Freundinnen, bis Anne plötzlich verschwindet. Jacqueline vermisst ihre Freundin und hat selbst große Angst vor den Nazis.


Kurz darauf darf sie jedoch den Judenstern ablegen: Ihre Mutter hatte an der Entscheidungsstelle für „rassistische Zweifelsfälle“ angegeben, es sei ein Versehen gewesen, dass ihre katholisch erzogenen Töchter bei der jüdischen Gemeinde angemeldet worden waren. Hans Calmeyer, ein Jurist der deutschen Besatzer, entscheidet daraufhin, ohne weitere Nachforschungen anzustellen, die Mädchen als „nicht-jüdisch“ anzusehen. Jacquelines Vater steht zu diesem Zeitpunkt noch auf einer Liste der Nazis, auf der Namen von Menschen verzeichnet sind, die in ein Konzentrationslager verschleppt werden sollen. Durch ein gefälschtes Dokument wird er von der Liste gestrichen. Alle jüdischen Tanten, Onkel und Cousinen von Jacquelines Familie werden kurz darauf in ein Vernichtungslager verschleppt. Keiner von ihnen überlebt.

Letzter Gruß von Anne


Nach dem Krieg überreicht Anne Franks Vater Jacqueline den Abschiedsbrief, den Anne im Versteck für sie in ihr Tagebuch geschrieben hat. Er ist unterschrieben mit den Worten "deine beste Freundin, Anne".
1954 heiratet Jacqueline ihren Jugendfreund Ruud Sanders. Die beiden haben drei Kinder und sieben Enkel und leben in Amsterdam. Jacqueline Sanders-van Maarsen hält Vorträge, um vor allem junge Menschen über die Zeit des Nationalsozialismus und den damit verbundenen Judenmord aufzuklären. 2016 bekommt sie dafür eine Auszeichnung des Landes Nordrhein-Westfalen.