Was tun, wenn ein Freund mit dem Freitod droht?
Stand: 13.06.2015, 16:00 Uhr
Der Entschluss zum Suizid kommt meist nicht über Nacht. Oft gibt es zahlreiche Warnzeichen, die Freunde und Angehörige des Betroffenen hellhörig machen sollten. Denn die richtige Reaktion kann Leben retten. Hier gibt es Infos, Kontaktadressen und Links.
Wenn sich ein Mensch das Leben nimmt, handelt es sich oft um den Endpunkt eines langen Prozesses, der durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Etwa durch Krisensituationen, ausgelöst durch Konflikte in der Partnerschaft, Trennung vom Partner, dem Tod Angehöriger oder enger Freunde, Schulden, Vereinsamung, Arbeitslosigkeit oder schwere Erkrankungen. Gemeinsam ist diesen Situationen, dass sie mit großer Hoffnungslosigkeit verbunden sein können.
Viele werden im Lauf ihres Lebens mit solchen Krisensituationen konfrontiert, nur in Einzelfällen lösen sie einen Suizid aus. Bei 90 Prozent der Suizidopfer bestand laut dem Verein "Deutsches Bündnis gegen Depression" eine psychiatrische Vorerkrankung, am häufigsten Depression (40-70 Prozent) aber auch schizophrene und Suchterkrankungen. "Weitere Risikofaktoren sind männliches Geschlecht und höheres Alter, Suizidversuche in der Vorgeschichte und Suizide in der Familiengeschichte", schreibt der Verein auf seiner Homepage.
Wichtig ist, die Alarmsignale wahrzunehmen und nicht als Spinnerei abzutun. Denn Selbsttötung ist kein Randphänomen. Das Statistische Bundesamt spricht von etwa 10.000 Menschen in Deutschland, die pro Jahr durch Suizid ums Leben kommen. Das sind doppelt so viele wie durch Verkehrsunfälle. Und diese Zahl erfasst nur die eindeutigen Suizide, nicht die durch ungeklärte Verkehrsunfälle, das Weglassen lebenswichtiger Medikamente oder etwa die Verweigerung von Essen im Seniorenheim, so "Agus". Der Verein für Suizidtrauernde bietet auch Unterstützung bei der Gründung von Selbsthilfegruppen.
Eine davon ist die "Begleitende Selbsthilfegruppe für Trauernde nach Suizid Dorsten".
Alarmzeichen erkennen
Hellhörig sollten Angehörige, Freunde und Arbeitskollegen werden, wenn jemand:
- mit Selbstmord droht oder ihn ankündigt. Denn das Vorurteil, dass sich ein Mensch, der von Selbstmord spricht, nichts antut, ist nach Meinung von Experten falsch.
- seine privaten Angelegenheiten ordnet oder Abschied nimmt.
- wieder gefestigter und ruhiger wirkt als zuvor. Die Umwelt deutet das nicht selten so, dass es wieder aufwärts geht, doch dahinter kann der feste Entschluss stehen, sich das Leben zu nehmen.
- Äußerungen macht wie "Es hat ja alles keinen Sinn mehr" oder "Irgendwann muss doch Schluss sein".
Laut dem Informationsportal "Neurologen und Psychiater im Netz", herausgegeben von den Berufsverbänden und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz, können auch weitere Signale sein:
- das Vernachlässigen des Äußeren
- besonders leichtsinniges Verhalten, zum Beispiel im Straßenverkehr
- plötzliche übertriebene Großzügigkeit
- Rückzug aus sozialen Kontakten
- Verschlossenheit
- plötzlicher Alkohol- oder Drogenmissbrauch
Was kann man als Angehöriger oder Freund tun?
Rat kann man sich in der Regel bei allen Beratungsstellen für Krisenintervention und Suizidprävention holen - sie beraten auch Angehörige und Freunde von Suizidgefährdeten. Zunächst kann man versuchen, das Gespräch mit dem Betroffenen zu suchen. Das Thema anzusprechen ist wichtig. Gute Ratschläge, Überredungs- oder gar Aufmunterungsversuche aber haben hier keinen Platz. Sie drängen den Betroffenen möglicherweise nur tiefer in seine Ausweglosigkeit. Zuhören, nicht alleine lassen und fragen, ob man etwas tun kann, sollten im Vordergrund stehen.
Wenn kein Gespräch möglich ist, man sich überfordert oder erpresst fühlt, möglicherweise auch eine unmittelbare Gefahr besteht, sollte man nicht zögern, den psychiatrischen Notdienst, den Rettungsdienst oder die Polizei zu rufen. Alle psychiatrischen Kliniken haben eine 24-Stunden-Bereitschaft, an die man sich als Hilfesuchender wenden kann.