Auch wenn es bis zum meteorologischen Frühlingsanfang noch mehr als sechs Wochen sind, hat die freundlichere Jahreszeit auf TikTok schon begonnen - zumindest musikalisch. Denn wer sich in den vergangenen Wochen durch die Social Media Plattform scrollte, stieß unweigerlich auf das Lied "Für immer Frühling" der Sängerin Soffie.
Zahlreiche User der Videoplattform nutzen den Song seit dem Beginn der Proteste gegen Rechtsextremismus, um ihn unter die Bilder von tausenden Menschen zu legen, die gegen die AfD und für Demokratie demonstrieren.
Unzufriedenheit mit der Situation inspirierte Soffie
Begleitet von einer fröhlichen und eingängigen Melodie singt die 24-Jährige, die im normalen Leben Sofie Aspacher heißt, davon, wie sie von einem Land träumt, in dem immer Frühling ist und es allen Menschen gut geht. Laut Songtext sind in diesem Land alle willkommen, es gibt keine Waffen und auch hohe Mauern sucht man vergebens.
Dass der Text so gut zur aktuellen Lage in Deutschland passt, ist kein Zufall. "Wie viele andere auch, bin ich gerade sehr unzufrieden damit, was in der Welt passiert", erklärt die Sängerin, wie sie zu dem Lied inspiriert wurde. "Und da habe ich mir überlegt: Wie könnte denn eine Welt aussehen, in der niemand mehr leidet und wir uns mehr zuhören?" Am Klavier seien dann ganz schnell die Bilder gekommen, die sie nun besingt.
Protest-Song der Demokratie-Bewegung
Dass das Lied mittlerweile zu einer Art Hymne für die Demonstranten auf der Straße geworden ist, freut Aspacher zwar, darauf angelegt habe sie es jedoch nicht. "Es gab keine wirkliche Intention für den Song", sagt sie. "Ich habe einfach geschrieben, was ich gefühlt habe." Offenbar spricht sie damit aber vielen Menschen aus dem Herzen.
Die Musikwissenschaftlerin Dr. Ann-Kristin Herget von der Technischen Universität Dortmund wundert das nicht. "Das Lied erfüllt mehrere Kriterien, die die Chance steigern, dass es sich auf Social Media verselbstständigt", sagt sie im Gespräch mit dem WDR. "Die Melodie ist ein Faktor, aber auch der Inhalt und Aufbau des Textes tragen dazu bei."
Parallelen zu Danger Dan
So starte das Lied mit einer einfachen eingängigen Klaviermelodie, die sogar an einen Song erinnere, mit dem ein anderer Künstler vor drei Jahren der rechten Szene den Kampf ansagte: "Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt" von Danger Dan. "Das ist wahrscheinlich Zufall oder vielleicht wurde die Sängerin davon inspiriert", sagt Herget. "Es sorgt aber auch für eine Art Wiedererkennungseffekt."
Dazu komme der Inhalt der ersten Strophe, in der es darum geht, dass immer Frühling ist, es genug zu essen gibt, niemand friert und alle alt werden. "Das sind Wünsche, auf die sich wahrscheinlich die meisten Menschen einigen können", sagt die Musikwissenschaftlerin. Damit sei der positive Grundton gesetzt.
Musikwissenschaftlerin: "Kein erhobener Zeigefinger"
Der auch im weiteren Verlauf des Songs erhalten bleibe, obwohl Soffie Themen wie sinkende Schiffe im Mittelmeer und Waffenlager anspricht. "Das macht sie geschickt, weil sie davon spricht, dass sie sich das wünscht", sagt Herget. "Sie erhebt nicht den Zeigefinger und belehrt auch niemanden."
Unterstützt werde der Inhalt auch durch die kurzen Strophen, die man gut mitsingen könne. Auch das trage dazu bei, das ein Lied emotional positiv aufgenommen werde", sagt Herget. "Aber auch wenn das Lied so viele Voraussetzungen erfüllt", sagt die Musikwissenschaftlerin, "damit es sich so verselbstständigt, wie es gerade passiert, dazu gehört immer auch ein gewisser Prozentsatz Glück."
Neues Musikvideo spielt auf Demo gegen Rechtsextremismus
Das weiß offenbar auch Soffie. Als sie immer häufiger sah, wie ihr Song über die Videos von Demonstrationen gelegt wurde, sei das wie "ein Schock durch den ganzen Körper" gewesen. "Das fühlt sich überwältigend an, jedes mal, wenn ich wieder ein Schild sehe, auf dem Zeilen von meinem Text stehen."
Nachdem das Lied vor allem durch Social Media immer bekannt wurde, gibt es mittlerweile auch ein offizielles Musikvideo zu "Für immer Frühling". Am Freitag veröffentlichte die Künstlerin es auf Youtube. Man sieht die 24-Jährige darin, wie sie ihren Hit auf Demos gegen Rechtsextremismus singt.
Unsere Quellen:
- Interview mit Musikwissenschaftlerin Dr. Ann-Kristin Herget von der TU Dortmund
- Interview mit Sofie Aspacher
- Youtube-Kanal von Soffie