Studie zur Nachhaltigkeit
Städteranking listet Ökosünden auf
Stand: 19.06.2012, 14:28 Uhr
Viele NRW-Städte hinken bei der nachhaltigen Entwicklung hinterher. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues Städteranking. Defizite gebe es bei Luftqualität und Hausmüll. Umweltschützer kritisieren die Untersuchung.
Eine neue Studie listet kleine und größere Ökosünden in den nordrhein-westfälischen Großstädten auf. In Düsseldorf etwa gibt es überdurchschnittlich viele Autos. Die Gelsenkirchener produzieren deutlich mehr Hausmüll als andere Bundesbürger.
Anhand von 56 ökologischen und sozial-ökonomischen Einzelkriterien in Kategorien wie Energie, Verkehr, Umwelt oder Wirtschaftskraft klopft die Untersuchung die Nachhaltigkeit von 50 deutschen Großstädten ab. Im Auftrag der "Wirtschaftswoche" erarbeiteten Wissenschaftler unter anderem von der Universität Kiel und vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (ifw) daraus ein bundesweites Städteranking. Unterstützt wurde das nicht unumstrittene Projekt vom Entsorgungsunternehmen Veolia. Die Höhe des Sponsorings kommentiert Veolia nicht.
Revierkommunen am Tabellenende
"Zum nachhaltigen Wirtschaften gehört beides, umweltgerechte Lebensbedingungen und die Schaffung von Chancen und Jobs", sagt Jonas Dovern, einer der Verfasser des Rankings.
Besonders schlecht schneiden dabei Großstädte im Ruhrgebiet ab. Die Schlusslichter bilden die NRW-Städte Herne (Rang 47), Krefeld (Platz 48), Oberhausen (49) und Gelsenkirchen (50). Sie könnten ihren Bürgern in keiner der untersuchten Kategorien "eine überdurchschnittlich gute nachhaltige Lebensqualität bieten", lautet das harsche Urteil der Forscher.
Gerade bei klassischen Umweltthemen wie der Luftqualität schwächeln die Städte im Ruhrgebiet. "Dies liegt vor allem an strukturellen Nachteilen wie dem hohen Verkehrsaufkommen in diesem Ballungsraum", sagt Dovern. Hier könnten die Kommunen allenfalls mit lokalen Tempolimits gegensteuern, um die Feinstaubbelastung einzudämmen.
Müll in Gelsenkirchen, "ungleiche Performance" in Düsseldorf
Überdurchschnittlich ist auch der Hausmüll in Gelsenkirchen. 526 Kilogramm an Abfall verursacht jeder Bürger von Gelsenkirchen laut der Studie pro Jahr. Der Schnitt liegt bundesweit bei 463 Kilogramm.
Die Landeshauptstadt Düsseldorf siegt in diesem Ranking bei der reinen Wirtschaftskraft, schwächelt aber in Sachen Umwelt. Forscher Dovern spricht von einer "ungleichen Performance". Ins Gewicht fällt dabei unter anderem der überdurchschnittliche Anteil an Pkw pro 100 Einwohner (Düsseldorf: 46,7, Bundesschnitt: 44,5 Pkw). Zudem mangele es in der Stadt an Elektrotankstellen. Hier sei das Ruhrgebiet besser.
Münster landet weit vorn
Sieger der Nachhaltigkeits-Rangliste ist Stuttgart. Der zweite Rang geht an Münster. Die Universitäts- und Radfahrerstadt weise "Spitzenwerte" etwa bei Gesundheit und Erholung auf.
Kritik an der Studie und vor allem am Nachhaltigkeitsbegriff der offiziell "Sustainable City Indikator" betitelten Hitparade kommt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). "Der Begriff Nachhaltigkeit ist inzwischen so sinnentleert worden, dass wir ihn nicht mehr verwenden", sagt BUND-Landesgeschäftsleiter Dirk Jansen. Den Machern scheine es eher um die Wettbewerbsfähigkeit einer Stadt zu gehen. "Wir müssen aber endlich wegkommen vom vorherrschenden Wachstumsfetischismus", sagt Jansen.
Die Stadt Gelsenkirchen reagiert als Ranglisten-Schlusslicht eher gleichgültig auf die Ergebnisse. "Generell kommentieren wir Rankings nicht mehr", sagt ein Sprecher.