Blick auf die Weingartenstraße

Mit dem Heimatkundler um den Phoenixsee

Vom Arbeiterhäuschen zum Loft

Stand: 16.11.2010, 15:20 Uhr

Die Weingartenstraße in Dortmund war bislang alles andere als ansehnlich. Doch durch den neuen Phoenixsee ist die Adresse plötzlich etwas wert. WDR.de hat zusammen mit Heimatkundler Willi Garth die Straße besucht. Teil zwei der Serie.

Von Katrin Schlusen

Willi Garth deutet auf ein Haus, dessen Seitenwand ein metergroßes Loch hat. "Wahrscheinlich wollte da jemand die Bausubstanz überprüfen". Beim Spaziergang durch die Weingartenstraße sieht man viele Häuser, die kaum noch bewohnbar aussehen. Viele Ladengeschäfte stehen leer. Diese Straße hat einiges mitgemacht. Bis vor wenigen Jahren lag direkt hinter der Straße ein Stahlwerk. "Da gehörten schon gute Nerven dazu, den Lärm zu ertragen", sagt Heimatkundler Garth. Die Mieten waren günstig, und viele Eigentümer ließen die Bausubstanz verkommen.

Doch jetzt ist die Weingartenstraße plötzlich eine Adresse. Direkt hinter den hässlichen Hinterhöfen entsteht der Phoenixsee - bis zum Oktober 2011 wird der See voll Wasser laufen. "Das ist eine Straße, die den radikalsten Wandel erlebt", so Garth.

Grundschule heißt jetzt "am See"

Etwa auf halber Höhe der Straße ist die Weingartenschule in einem historischen Gebäude untergebracht. In den Fenstern klebt der neue Namenszusatz: "Am See". "Wir wollten klarmachen, dass wir demnächst in einem besonderen Stadtteil sind", sagt Schulleiterin Monika Weintz. Der Name soll der Schule ein neues Image geben. Rund um den See wurden bereits viele Grundstücke verkauft. Frau Weintz wird bald neue Schüler bekommen, deren Eltern vielleicht besser verdienen als die ihrer jetzigen Schüler. Und genau da liegt das Problem: Viele Anwohner haben die Sorge, dass die Mieten steigen könnten, dass die "alten" Anwohner rausgedrängt werden, um Platz für die "neuen Reichen" zu machen.

Der Mietverein in Dortmund rechnet mit steigenden Mieten für die Weingartenstraße. "Im Einzelfall wird es bestimmt zu Härten kommen", sagt Sprecher Helmut Lierhaus. "Aber ich glaube nicht, dass es zu einer Verdrängungswelle kommt, wie auf dem Prenzlauer Berg in Berlin." Eigentümer dürften bis zu elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete aufschlagen - jedoch nicht die Kosten für die bloße Instandhaltung wie den Austausch einer mangelhaften Fassadendämmung.

Stadtteil noch zu sehr geprägt von der Industrie

Mit einer radikalen Veränderung rechnet der Mieterverein nicht. Dazu sei der Stadtteil noch zu sehr geprägt von der einstigen Industrie. Willi Garth versteht zwar die Sorgen der Anwohner, aber will mit denjenigen, die von "Klassenkampf" sprechen, nichts zu tun haben. "In anderen Teilen der Stadt wäre man froh, wenn man so eine höherkarätige Siedlung bekommen würde."

Das Jahr der Flutung

Ein ganzes Jahr hat es gedauert, bis der Phoenixsee voll Wasser gelaufen war: In dieser Zeit hat sich nicht nur der Pegelstand verändert, sondern der ganze Stadtteil und auch die Menschen, die in Dortmund-Hörde wohnen. WDR.de begleitete Willi Garth während dieser Zeit und hielt den Blick auf den See regelmäßig fotografisch fest.