Gelbe Fahnen im Sonnenschein

Gründe für Verzicht auf Staatsbürgschaften

General Motors stark genug, um Opel zu helfen

Stand: 16.06.2010, 17:15 Uhr

Mit dem Verzicht auf Staatsbürgschaften hat Opel-Chef Nick Reilly am Mittwoch (16.06.2010) für eine große Überraschung gesorgt. Die Hintergründe der Entscheidung erklärt WDR-Wirtschaftsredakteur Ulrich Ueckerseifer.

WDR.de: Warum verzichtet Opel jetzt auf staatliche Bürgschaften?

Ulrich Ueckerseifer: Dafür gibt es zwei Gründe: Zum Einen kann ich mir vorstellen, dass die Manager wirklich die Nase voll haben. Bei Opel sieht man jetzt, dass dort vor eineinhalb Jahren einen Antrag gestellt wurde, der immer noch nicht entschieden ist. Und das ist für den Autobauer sehr ärgerlich. Deshalb kommt vielleicht nun gerade diese Reaktion. Wahrscheinlicher ist aber aus meiner Sicht ein zweiter Punkt: Die Konzernmutter General Motors hat das Geld inzwischen selbst. Deshalb brauchen sie die Bürgschaft des Staates nicht mehr so zwingend, denn zurückzahlen müssten sie die Kredite ohnehin. Das ist kein geschenktes Geld.

WDR.de: Wieso hat GM nun doch genug Geld für die Sanierung?

Ueckerseifer: General Motors ist in den USA durch die Insolvenz gegangen und dort inzwischen finanziell gut aufgestellt, auch mit amerikanischen Staatsgeldern. Das heißt, die Mutter hat genug Geld, das auch für die europäische Tochter mit ausreicht.

WDR.de: Soll mit der Entscheidung die Politik bei der Sanierung heraus gehalten werden?

Ulrich Ueckerseifer

WDR-Wirtschaftsexperte Ulrich Ueckerseifer

Ueckerseifer: Das ist der entscheidende Punkt. Der Sanierungsplan für Opel sieht rund 8.000 Entlassungen vor. Europaweit ist das ein Sechstel der insgesamt 48.000 Arbeitsplätze. Und das wird aus meiner Sicht erst einmal ausreichend sein. Ich glaube nicht, dass Opel jetzt erklären wird, weitere Stellen abzubauen. Wenn es aber in zwei bis drei Jahren in der gesamten Automobilindustrie nicht gut aussehen sollte, dann müsste Opel bei der Frage weiterer Entlassungen mit den Bürgschaften erhebliche politische Rücksichtnahmen walten lassen. Das ist jetzt nicht mehr der Fall.

WDR.de: Welche Konsequenzen könnte das für den Standort Bochum haben?

Ueckerseifer: Kurzfristig hat die Entscheidung von Opel keine Auswirkungen auf den Standort in Bochum. Die Zahl der geplanten Entlassungen ist dort bekannt und daran wird sich General Motors erst einmal halten. Mittelfristig sieht das anders aus, denn Bochum ist nicht gerade mit dem modernsten Werk ausgestattet. Was die Arbeitsplätze angeht, kann Opel jetzt eher nach amerikanischer Art verfahren. In der Konsequenz bedeutet das: Die betriebswirtschaftlichen Argumente werden entscheidend sein. Die politische Einflussnahme ist an der Stelle nun geringer.

WDR.de: Autoexperten sehen den Autobauer betriebswirtschaftlich schlecht aufgestellt. Hat die Marke Opel in Deutschland überhaupt eine Zukunft?

Ueckerseifer: Das Unternehmen hat in Deutschland ganz gewiss eine Zukunft. Schon deshalb, weil seine Ingenieure die Technologie haben, die von General Motors gebraucht wird. Das ist die entscheidende Perspektive: Alles was mit Sprit sparender Technik verbunden ist, sitzt hier in Deutschland, im Entwicklungszentrum in Rüsselsheim. Das heißt aber noch nicht, dass auch die produzierenden Werke, wie das in Bochum, eine Zukunft haben. Denn das Autobauen geht auch woanders.

Das Interview führte Robert Franz.