Wahlprogramme im Vergleich: Internet und Mitbestimmung

Stand: 25.04.2012, 06:00 Uhr

Themen wie geistiges Eigentum, Bürgerbegehren und Mitbestimmung spielen in der Politik eine zunehmend wichtige Rolle. Das Internet bietet viele Möglichkeiten der Informationsvermittlung und Interaktion – vorausgesetzt, man hat überhaupt einen zeitgemäßen Zugang. Was planen die Parteien in NRW in dieser Richtung?

SPD: Öffnung der politischen Meinungsbildungsprozesse

Das Logo der SPD NRW

"Wir stärken Bürgerbeteiligung", "das Netz ist eine Chance", "wir wollen mehr Demokratie leben", heißt es an verschiedenen Stellen im Wahlprogramm der SPD. Die repräsentative Demokratie der Räte und Parlamente und die direkte Demokratie sollen sich nach Ansicht der Sozialdemokraten im Idealfall ergänzen. "Nur dort, wo Betroffene zu Beteiligten werden, erwächst die gesellschaftliche Akzeptanz für wichtige politische Konzepte und Projekte." Darum will die Partei die Bürgerbeteiligung im Rahmen von Planungsverfahren im Bereich Verkehrspolitik ausweiten und die Hürden für Volksbegehren und -entscheide auf Landesebene senken.

Für den gesamten politischen Prozess fordern die Sozialdemokraten mehr Informationen, Transparenz und wirksame Möglichkeiten für Bürger, Vereine und Verbände sich einzubringen. Dabei soll auch das Internet eine Rolle spielen: "Vor allem sind Politik und politische Institutionen gefordert, sich auch für den politischen Diskurs in der digitalen Welt weiter zu öffnen." Die SPD will die Idee von Open Data und Open Government ausbauen und Informationen aktuell, umfassend und barrierefrei auf einem Portal bereitstellen. Beim Thema Urheberrecht will sie eine "faire Balance" zwischen den Nutzer- und Urheber-Interessen und nachvollziehbare Nutzungsbedingungen schaffen. Wie die konkret aussehen könnten, wird nicht gesagt.

CDU: Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte stärken

Das Logo der CDU als große Pappbuchstaben

Die CDU will die Mitwirkungsrechte der Bürger an öffentlichen Angelegenheiten ausweiten und tritt laut Wahlprogramm für eine "moderne Bürgerbeteiligung" ein. Die soll mehr Transparenz, mehr Kommunikation und auch mehr Mitsprache bieten. "Wir betrachten das Einmischen der Bürger in die Politik nicht als Störfall, sondern als demokratische Normalität", heißt es im CDU-Wahlaufruf. Darum wollen die Christdemokraten eine parlamentarische Initiative starten. Die soll die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide senken und Beteiligungsverfahren für infrastrukturelle Großvorhaben ermöglichen. Als Plattform soll dafür laut Parteiprogramm der CDU auch das Internet genutzt werden.

Voraussetzung dafür ist ein flächendeckend guter Zugang zum Internet. Dafür will die CDU die Rahmenbedingungen schaffen, schreibt sie im Programm: "Wir streben eine Breitbandversorgung für jeden Haushalt an." In Bezug auf den Schutz des geistigen Eigentums strebt die Partei laut Wahlaufruf einen Kompromiss an: "Wir stehen für Freiheit im Netz. Aber Freiheit bedingt Verantwortung. Deshalb setzen wir uns für eine Kultur der Verantwortung im Internet ein und für einen fairen Ausgleich der Interessen."

Bündnis 90/Die Grünen: Neue politische Kultur des Dialogs

Bündnis 90 die Grünen auf einer Flagge

Die Grünen wollen mehr direkte Demokratie und Möglichkeiten der politischen Teilhabe von Bürgern. "Eine lebendige Demokratie funktioniert nur durch aktive politische Partizipation, die wir auf allen Ebenen mit unterschiedlichen Angeboten der Mitbestimmung und des Dialogs stärken wollen", schreiben sie in ihrem Wahlprogramm. Dazu wollen sie kommunale Bürgerbegehren und landesweite Volksbegehren erleichtern und die Hürden für Volksinitiativen reduzieren. Bei Änderungen der Landesverfassung sollen Bürger per obligatorischem Referendum das letzte Wort haben. Die Partei setzt auf Transparenz und Offenheit und verfolgt in ihrem Wahlprogramm den Open Data-Gedanken: Alle Daten öffentlicher Stellen und Verwaltungen sollen in einem Portal frei zugänglich sein.

Der Ausbau des Breitbandinternet spielt bei den Grünen ebenfalls eine Rolle. Sie wollen für eine "Universaldienstverpflichtung" eintreten, um auch alle Haushalte im ländlichen Raum flächendeckend mit einer schnellen Internetverbindung zu versorgen. Im öffentlichen Raum unterstützen sie die Einrichtung von WLAN-Hotspots. Ihrem Verständnis eines freien und offenen Internets folgend setzen die Grünen sich gegen den Aufbau einer Sperrinfrastruktur im Netz ein. Personenbezogene Daten wollen die Grünen dagegen schützen, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung lehnen sie entschieden ab: "Sie ist ein massiver Eingriff in unser aller Grundrechte."

FDP: Bürgerrechte und Datenschutz

FDP-Fahne

Ihrem Wahlprogramm folgend sieht die FDP in NRW im Umfeld der neuen Medien eine aufstrebende Branche, den "digitalen Mittelstand". Dem will die Partei optimale Rahmenbedingungen ermöglichen. "Dazu gehört auch eine umfassende Breitband-Internetversorgung, die es für Unternehmen attraktiv macht, auch im ländlichen Raum zu investieren", heißt es im Wahlprogramm. Wichtig sind der FDP zudem Bürgerrechte und Datenschutz. "Wir wollen nicht, dass von allen Menschen ohne Anlass ein halbes Jahr lang gespeichert wird, mit wem sie wann und wie lange telefoniert haben und wer ihnen eine SMS oder E-Mail geschickt hat und wann und welche Internetseiten sie besucht haben."

Die Möglichkeit, neue Medien als Kommunikationsmittel der Interaktion zwischen Politik und Bürgern zu nutzen, sucht man im aktuellen Wahlprogramm der NRW-FDP vergeblich. Auch alternative Vorschläge zur direkten Bürgerbeteiligung finden sich nicht.

Die Linke: Gesellschaftliche und politische Teilhabe

Logo Die Linke auf einer Flagge

Für die Linken ist der Zugang zu schnellen kabellosen Netzen Bedingung für gesellschaftliche und politische Teilhabe. Dementsprechend fordern sie in ihrem Wahlprogramm "den Besitz von internetfähiger Hardware als Teil des sozio-kulturellen Existenzminimums" für alle Bürger. Öffentliche Gebäude wollen sie mit kostenlosen Internet-Terminals und WLAN-Zugängen ausstatten.

Wichtig ist den Linken auch der Datenschutz. Laut Wahlprogramm wollen sie die illegale Praxis beim Datenhandel beenden und den firmeninternen Umgang mit Mitarbeiterdaten verbieten sowie massenhafte Abfragen bei den Meldebehörden beschränken. Eine Ermächtigung für Online-Durchsuchungen soll es mit ihnen ebenso wenig geben wie präventive Befugnisse für den großen Lauschangriff.

Ein weiteres Anliegen ist den Linken die Stärkung und der Ausbau der kommunalen Demokratie. In ihrem Programm fordern sie, die Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zu senken, das Verfahren insgesamt zu vereinfachen, Themenausschlüsse zu streichen und bei wichtigen Themen verpflichtende Referenden stattfinden zu lassen. Die Unterschriftenhürde für die Volksinitiative wollen sie auf 30.000 Unterschriften reduzieren.

Piraten: Mehr Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie

Logo der Piraten Partei auf einer Flagge

Die Piraten wollen "eine Politik, bei der jeder mitmachen kann". "Jeder Bürger und jede Bürgerin hat ein Recht, sich in die Politik einzubringen", heißt es in ihrem Programm. In NRW setzen sie sich dafür ein, das Landes- und Kommunalwahlrecht zu modernisieren und Bürgerentscheide, Volksinitiativen und -begehren zu vereinfachen. Sie wollen die Unterschriftenhürde für direktdemokratische Elemente senken, die Sammelfrist verlängern und Themenausschlüsse streichen. Bei Verfassungsänderungen soll die Volksabstimmung obligatorisch werden.

Unter dem Stichwort E-Government wollen die Piraten den Einsatz digitaler Kommunikationstechniken auch in behördlichen Zusammenhängen etablieren. Bürger sollen ihre Amtsgeschäfte elektronisch erledigen, sich auf Informationsplattformen eine qualifizierte Meinung bilden können. Auch im Internet soll die politische Einflussnahme dem Piratenprogramm folgend steigen, auf Landesebene sollen Online-Petitionen möglich ein. Internetsperren, Überwachungs- und Zensurtechnologien und Vorratsdatenspeicherung lehnen die Piraten ebenso ab wie Kopierschutzmaßnahmen und Gebühren für das nichtkommerzielle Kopieren und Nutzen von kreativen Werken.