Walter Borjans, Sylvia Löhrmann und Hannelore Kraft

Haushalt: Unsicherheit vor zweiter Lesung

Scheitert die NRW-Regierung?

Stand: 13.03.2012, 20:16 Uhr

Der Landeshaushalt der rot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen könnte schon an diesem Mittwoch (14.03.2012) scheitern. Hintergrund ist die Drohung der drei Oppositionsfraktionen, alle Einzelpläne des Etats 2012 in der zweiten Lesung abzulehnen. Laut Landtagsjuristen ein Problem.

Von Jenna Günnewig

Wird auch nur ein Einzelplan in der zweiten Lesung abgelehnt, kann das zum Scheitern des kompletten Haushalts führen. Diese überraschende Erkenntnis verbreitete die Landtagsverwaltung am Dienstag (13.03.2012), nur einen Tag vor der zweiten Lesung des so wichtigen Haushaltes im Landtag. In einer dreiseitigen rechtlichen Erläuterung, die WDR.de vorliegt, wird deshalb "ein Offenhalten der Entscheidung durch Nichtbeteiligung an der Abstimmung oder Enthaltung" empfohlen.

"Der Haushalt als Hülle ohne Inhalt"

Bleiben FDP, Linkspartei und CDU bei ihrem angekündigten Nein, könnte das nämlich zur Konsequenz haben, dass der Haushalt schon komplett abgelehnt wäre. Für das Haushaltsgesetz schreibt die Geschäftsordnung des NRW-Landtags eine dritte Lesung vor. Wenn aber alle Einzelpläne des Etats in der zweiten Lesung abgelehnt würden, gäbe es nichts, was zu weiteren Beratungen an den Haushaltsausschuss überwiesen werden könnte.

"In der zwingenden dritten Lesung stellt sich der Haushalt als Hülle ohne Inhalt dar", so die Erläuterung der Landtagsverwaltung. Dann könne der Landtag auch keinen wirksamen Haushaltsplan beschließen und damit wäre dann auch die rot-grüne Minderheitsregierung am Ende. Die Konsequenz wäre entweder die Neubildung oder Neuwahlen der Regierung.

Linkspartei bekräftigt ablehnende Haltung

Der gedruckte Haushaltsentwurf 2011 für Nordrhein-Westfalen, der Landtag im Hintergrund

Der Haushaltsplan ist Geschäftsgrundlage einer Regierung

Ursprünglich hatten alle Parteien darauf vertraut, bis Ende März - dann steht die dritte Lesung an - Zeit zu haben, um sich über einen Haushalt zu einigen. Der sieht Ausgaben von rund 58 Milliarden Euro sowie 3,6 Milliarden Euro neue Schulden vor. Dem jetzigen Entwurf wollte bislang keine der Oppositionsfraktionen zustimmen: Die CDU lehnt den Etatplan rundherum als "Schulden-Haushalt" ab. Die Linkspartei will ohne ein landesweites Sozialticket nicht mitspielen. Die Linken bekräftigten am Dienstagabend (13.03.2012) ihre ablehnende Haltung, der Haushalt sei für sie "nicht zustimmungsfähig und auch nicht enthaltungsfähig". Der FDP wird zu wenig gespart. In dem Hin und Her um den Haushalt kristallisierten sich die Liberalen als die wahrscheinlichsten Mehrheitsbeschaffer heraus.

Deren Zeitspiel schlug die Landtagsverwaltung mit ihrer rechtlichen Erläuterung jetzt ein überraschendes Schnippchen. Die Fraktionsspitzen zeigten sich am Dienstagabend von den neuen Entwicklungen überrascht. Von "Sitzung verschieben" über "namentliche Abstimmung beantragen" bis zu einem "da gibt es verschiedene Rechtsauffassungen" reichten die Reaktionen. Allen gemeinsam ist, dass sie wohl eine Nachtschicht einlegen, die Erläuterung der Landesverwaltung prüfen und sich am Mittwoch vor der Sitzung beraten.