Polizist und Carabinieri

Ein Jahr nach den Duisburger Mafia-Morden

Kriminalbeamte kritisieren italienische Polizei

Stand: 14.08.2008, 15:23 Uhr

Ein Jahr nach dem Sechsfach-Mord der Mafia in Duisburg haben Kriminalbeamte die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Italien heftig kritisiert. Die beiden Killer sind derweil immer noch auf der Flucht.

Sechs Italiener starben in der Nacht zum 15. August 2007 vor dem Duisburger Restaurant "Da Bruno" im Kugelhagel von Schnellfeuerwaffen. Die Polizei geht davon aus, dass zwei Mitglieder der kalabrischen Mafia-Organisation 'Ndrangheta die sechs mutmaßlichen Mafiamitglieder erschossen haben. Ein Racheakt in der Fehde zwischen zwei kalabrischen Familienclans, mit dem der Streit zum ersten Mal nach Deutschland getragen wurde.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kritisierte am Donnerstag (14.08.2008) die Zusammenarbeit zwischen den Ermittlern in Deutschland und Italien. Es dauere viel zu lange, bis Informationen aus Italien die deutsche Polizei erreichen, sagte der Bundesvorsitzende Klaus Jansen. "Während sich die italienische organisierte Kriminalität wie ein Krake über Europa ausbreitet, versuchen die italienischen Behörden das Problem der Mafia lokal in den Griff zu bekommen", kritisierte Jansen.

Außerdem forderte der BDK eine bessere Personalausstattung der Polizei. In Nordrhein-Westfalen sollten pro Jahr 300, in den kommenden Jahren insgesamt 2.000 neue Stellen für Kriminalisten geschaffen werden, sagte BDK-Landeschef Wilfried Albishausen. Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität sei "nicht zum Nulltarif zu haben".

Racheakt

Die Schützen hatten den Ermittlungen zufolge Rache für den Mord an der Ehefrau eines Clanchefs an Weihnachten 2006 in der kalabrischen Mafia-Hochburg San Luca geübt. Am Donnerstag (07.08.2008) nahm die italienische Polizei dort einen führenden Mafioso fest. Dabei soll es sich um den Schwager eines der beiden Tatverdächtigen handeln, der aber selbst nicht in direktem Zusammenhang mit den Duisburger Morden steht. Am Dienstag (12.08.2008) hat die italienischen Polizei einen weiteren unmittelbar beteiligten Mafioso festgenommen. Er soll dem Mafia-Clan Waffen geliefert haben. Die beiden Killer sind dabei immer noch auf der Flucht. Die Polizei fahndet nach den beiden Tatverdächtigen - bislang ohne Erfolg.

DNA-Nachweis lässt auf sich warten

Die Duisburger Mordkommission identifizierte zwei Wochen nach dem Verbrechen den ersten Täter. Es handelt sich um Giovanni S., der am Niederrhein zwei italienische Restaurants besitzt, aber erst kurz vor dem Anschlag von Italien nach Deutschland eingereist war. Der zweite Täter ist noch nicht sicher identifiziert. Es könnte sich mit Giuseppe N. um ein weiteres Mitglied des Clans handeln, vermutet die Polizei.

"Es fehlt noch ein DNA-Nachweis aus seiner Verwandtschaft in Italien", sagte der Leiter der Mordkommission, Heinz Sprenger. Spuren von beiden wurden sowohl im Fluchtwagen, der später in Belgien gefunden wurde, als auch in einer zuvor benutzten konspirativen Wohnung in Düsseldorf entdeckt.

Aufnahmen aus der Überwachungskamera

Nach den Schüssen gelang den Schützen die Flucht nach Gent in Belgien, wo sie den Wagen stehen ließen. Die Polizei brauchte Wochen, um den genauen Tathergang zu rekonstruieren. Allein um den Tatwagen zu identifizieren, ließ die Polizei tagelang unterschiedliche Autos vor den Kameras des Klöckner-Hauses hin- und herfahren. Die Überwachungskameras des in der Nähe des Tatorts gelegenen Bürohauses hatten den Fluchtwagen aufgezeichnet. "Die Aufnahmequalität war so schlecht, dass der Autotyp in den Aufzeichnungen nicht erkennbar war", sagt Heinz Sprenger. Dann hatten die Ermittler den Renault erkannt, der auch kurz darauf allerdings eher zufällig in Gent entdeckt wurde.

"Wir werden sie irgendwann haben. Wir oder die italienische Polizei", ist Sprenger überzeugt. "Die 'Ndrangheta-Mitglieder haben meist Kontakt nach Kalabrien. Aufgrund der familiären Bande tauchen sie immer wieder da unten auf."