Die Gedenkstätte für die Loveparade-Opfer am 24.04.2017 in Duisburg

Erleichterung über neuen Loveparade-Prozess

Stand: 24.04.2017, 21:02 Uhr

  • Reaktionen auf OLG-Entscheidung meist positiv
  • Ministerpräsidentin Kraft: "Bin erleichtert"
  • Opferanwalt: "Ohrfeige" für Duisburger Justiz

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf, nun doch einen Strafprozess zur Duisburger Loveparade-Katastrophe zuzulassen, ist am Montag (24.04.2017) mit viel Beifall aufgenommen worden. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte dem WDR in einer ersten Reaktion, sie sei "erleichtert". "Das ist ganz wichtig für all diejenigen, die betroffen sind, damit sie das auch verarbeiten können."

Dies gelte auch dann, wenn im Laufe des Prozesses Versäumnisse der Polizei aufgedeckt würden, antwortete Kraft auf eine entsprechende Frage: "Wenn es Fehler gab, dann müssen diese Fehler auch aufgearbeitet werden."

Stein in Herzform mit der Aufschrift, als Gedenken für die Opfer der Love Parade

Loveparade Duisburg Gedenkstätte

Das ist auch die Meinung der Betroffenen. Die Tochter von Sabine Sablatnig aus Bielefeld starb auf der Loveparade. Dem WDR sagte sie am Montag: "Ich habe Tränen in den Augen, dass die es jetzt wirklich machen, dass das Ganze einen Abschluss kriegt. Ich setze da jetzt viel Hoffnung rein, dass endlich die Verantwortlichen dafür rausgezogen werden. Ums Geld geht es mir nicht. Aber die sollen wissen, dass wir Angehörigen kämpfen bis aufs äußerste Blut."

Anwälte hoffen auf Aufarbeitung

Zufrieden äußerten sich auch die Anwälte der Opfer. "Das kommt unerwartet, aber es ist sehr erfreulich", sagte Thomas Feltes in Bochum. Er vertritt einen Vater, dessen Tochter bei dem Technofestival am 24. Juli 2010 ums Leben kam.

Für seinen Mandanten sei die erste Entscheidung der Duisburger Kammer gegen einen Prozess nicht nachvollziehbar gewesen, meinte Feltes. "Das war damals ein Schlag ins Gesicht der Opfer, nun herrscht Erleichterung bei ihnen." Auch nach Einschätzung des Düsseldorfer Anwalts Julius Reiter hatten viele Opfer die Hoffnung auf eine Aufarbeitung bereits aufgegeben.

"Die Richter werden sich nun im Strafprozess mit den Versäumnissen der Verantwortlichen rund um die Loveparade-Katastrophe auseinandersetzen müssen", sagte Reiter, dessen Kanzlei rund 100 Betroffene vertritt, darunter die Angehörigen von vier Todesopfern. Für die Duisburger Richter sei die neue Entscheidung dagegen eine "Ohrfeige".

Zweifel an einer Verurteilung

Eine Verurteilung im neu angeordneten Prozess schließen die Anwälte eines der angeklagten mutmaßlichen Verantwortlichen aus. "Das Gutachten [...] mag allenfalls - wenn überhaupt - für einen Verdacht reichen, für eine Verurteilung aber sicher nicht", sagte Philip von der Meden in Hamburg. Eine Beweisfindung werde hochproblematisch, weil es auf dem Gebiet der Veranstaltungsplanung keine gesicherten Erkenntnisse gebe.

Die Gedenkstätte für die Loveparade-Opfer am 24.04.2017 in Duisburg

Loveparade Duisburg Gedenkstätte

Hingegen begrüßte der damalige Veranstalter der Loveparade 2010, der Fitness-Unternehmer Rainer Schaller, die OLG-Entscheidung. Er traue dem deutschen Rechtssystem zu, die Wahrheit über das Geschehen zu ermitteln, sagte Schaller. "In Duisburg fand keine Naturkatastrophe statt, sondern Menschen haben Fehler gemacht." Schaller gehört selbst nicht zu den Angeklagten - dafür einige seiner damaligen Angestellten.

Ruf nach neuem U-Ausschuss

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) forderte am Montag erneut einen Untersuchungsausschuss zur Loveparade. "Die Verantwortlichkeit kann nicht allein auf das Strafverfahren reduziert werden", sagte Baum. Es habe ein "erhebliches Organisationsverschulden der zuständigen Behörden" gegeben.

Für einen Untersuchungsausschuss des Landtags zur Katastrophe von Duisburg hatte die FDP vor Jahren keine Mehrheit bekommen. Ihr Antrag war Ende 2010 im Düsseldorfer Landtag an den Gegenstimmen von SPD, Grünen und CDU gescheitert. Dieses Votum bezeichnete der Vorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, am Montag als Fehler: "Es war notwendig und wäre angemessen gewesen, zur Aufklärung dieser größten Katastrophe in der Geschichte unseres Landes einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten."