Politiker und Umweltschützer reagieren
Urteil heizt Diskussion über Kohlekraft an
Stand: 08.09.2009, 18:17 Uhr
Die Zukunft des im Bau befindlichen Kohlekraftwerks in Datteln beschäftigt jetzt den Landtag. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte den Bebauungsplan für das Milliarden-Projekt des Energiekonzerns Eon aufgehoben.
Die SPD forderte Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) am Dienstag (08.09.2009) auf, im Wirtschaftsausschuss des Parlaments "schnell und umfassend für Klarheit zu sorgen, welche Bedeutung die Entscheidung des OVG Münster für das Energie- und Industrieland Nordrhein-Westfalen hat". Das Gericht hatte den Bebauungsplan für das weit fortgeschrittene Milliardenprojekt von Eon in der vergangenen Woche für unwirksam erklärt.
Thoben sagte, sie bedauere die Entscheidung des Gerichts zutiefst: "Da ist über eine Milliarde Euro bereits verbaut worden." Das Gericht hatte unter anderem geurteilt, der Standort des Kraftwerks verstoße gegen die Landesplanung. Dem widersprach Thoben. Der Standort sei seit dem Jahr 2004 mit entsprechenden Erläuterungen im Gebietsentwicklungsplan enthalten, sagte sie. Zu den Folgen der Gerichtsentscheidung könne sie noch nichts sagen, da noch keine schriftliche Urteilsbegründung vorliege.
BUND beantragt Baustopp
Derweil hat der Landwirt aus Waltrop, der erfolgreich gegen den Bebauungsplan geklagt und am Donnerstag (03.09.2009) vom OVG Recht bekommen hatte, weitere Unterstützung erhalten: Der Umweltverband BUND hat einen Baustopp des Eon-Kraftwerks in Datteln beantragt. Das teilte der BUND am Montag (07.09.2009) mit. Die Umweltschützer reichten den Antrag bei der Bezirksregierung Münster ein. "Im Vorbescheid der Bezirksregierung wird ausdrücklich darauf hingewiesen", so der BUND, "dass der jetzt vom OVG aufgehobene Bebauungsplan eine Voraussetzung für die Erteilung der Kraftwerksgenehmigung ist."
Die Bezirksregierung bestätigte den Eingang eines entsprechenden Antrags auf einen Baustopp. Sie habe mit der Prüfung des Antrags begonnen, so die Behörde. Wann eine Entscheidung getroffen werde, sei noch nicht absehbar.
Zuvor hatten schon die Grünen in NRW wissen lassen, sie würden es "sehr begrüßen", wenn der Bau des Eon-Kraftwerks endgültig gestoppt würde und "wieder eine geplante Dreckschleuder verhindert werden könnte." Statt Kohlekraft müssten die erneuerbaren Energien konsequent ausgebaut werden.
Keine Folgen für Kohlekraftwerk in Lünen erwartet
Die Betreiber des im Bau befindlichen Kohlekraftwerks in Lünen befürchten durch das OVG-Urteil gegen den Bebauungsplan des Eon-Kraftwerks Datteln keine Auswirkungen auf ihr Projekt. Dies teilte das Energieunternehmen Trianel am Dienstag (08.09.2009) in Aachen mit: "Anders als in Datteln gibt es in Lünen einen gültigen Bebauungsplan, der rechtskräftig ist." Dieser Plan sei auch nicht beklagt. Für den Stummhafen in Lünen bestehe bereits seit über 20 Jahren ein Bebauungsplan, der das Gebiet ausdrücklich als Industriegebiet festsetze und Anlagen der Schwerindustrie und Kraftwerke zulasse. Im Regionalplan Dortmund/Unna/Hamm sei das Gebiet ebenfalls als Gewerbe- und Industriegebiet mit der ausdrücklichen Option ausgewiesen, Kraftwerke zu errichten.
Das Kraftwerk in Lünen wird seit 2008 gebaut. Es soll im Oktober 2012 endgültig fertig werden.
Lobbyarbeit soll Bürgerproteste dämpfen
Angesichts teils massiver Proteste von Bürgern gegen Kraftwerke und andere große Industrievorhaben in NRW wollen die Landesregierung, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände die "Akzeptanz" in der Bevölkerung verbessern. Widerstand gibt es zum Beispiel auch seit Jahren gegen eine Kohlenmonoxid-Pipeline des Bayer-Konzerns im Rheinland.
Unter der Überschrift "Pro Industrie" müssten Politik und Wirtschaft gemeinsam für die Umsetzung von industriellen Großprojekten werben. Das teilte die Landesregierung am Dienstag (08.09.2009) nach einem Treffen des sogenannten "Branchendialogs NRW" mit. Konflikte müssten vor Ort von allen Beteiligten "offen angepackt und ausgetragen werden". Regierung, Wirtschaft und Gewerkschaften können sich demnach einen landesweiten "Tag der Technik" und eine "Informationskampagne" zum Industriestandort NRW vorstellen.