Porträtbild Gustav Horn

Interview mit Konjunkturexperten

"Konjunkturpakete mildern Abschwung"

Stand: 06.05.2009, 10:31 Uhr

Köln hat am 5. Mai 2009 konkrete Investitionen für die ersten 57 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket beschlossen. Der Konjunkturexperte Gustav Horn erklärt, wie sich die Hilfen auswirken und warum sie Kommunen nicht nur Vorteile bringen.

WDR.de: Was kann die Stadt Köln mit diesen ersten 57 Millionen Euro für die Konjunktur bewirken?

Gustav Horn: Die geplanten Investitionen haben eine positive Wirkung auf die Wirtschaft - und die übersteigt sogar die investierte Summe, und zwar unseren Berechnungen zufolge um 20 Prozent. Der Effekt, den Köln mit den geplanten Ausgaben erreicht, liegt also sogar bei rund 70 Millionen Euro.

WDR.de: Wer profitiert am meisten von den geplanten Investitionen in Infrastruktur und Bildung?

Horn: Köln will vor allem das örtliche Handwerk fördern. In einem ersten Schritt kann man das Geld so investieren, dass das Handwerk von einer besseren Auftragslage profitiert. Im zweiten Schritt weiß man aber nicht, wo beispielsweise ein Handwerksangestellter das Geld ausgibt, das er so zusätzlich verdient hat. Insgesamt verteilen sich die Millionen aus dem Konjunkturpaket also über die gesamte Wirtschaft - so erklärt sich auch, dass die Wirkung, den die Stadt erreichen kann, ein Fünftel über der anfänglich investierten Summe liegt.

WDR.de: Bundesweit beginnen die Kommunen damit, das Geld aus den Konjunkturprogrammen zu investieren. Ist zu befürchten, dass durch den bürokratischen Aufwand, der mit den Investitionen verbunden ist, die Wirkung vielleicht zu spät kommt?

Horn: Ich hätte mir eine schnellere Wirkung der Konjunkturpakete vor allem zu Beginn dieses Jahres gewünscht, als Deutschland voll in die Krise gerutscht ist. Es dauert schon einige Zeit, bis die Maßnahmen wirken, denn bei der Vergabe der Gelder sind ja auch die Bundesländer zwischengeschaltet und jedes Land hat noch einmal seine eigenen Richtlinien, wie das Geld ausgegeben werden soll. Insgesamt werden die mehr als 60 Milliarden Euro aus den Konjunkturpaketen den Abwärtstrend, in dem sich die Wirtschaft befindet, bremsen. Für das Gesamtjahr 2009 erwartet die Bundesregierung einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 6 Prozent. Ohne die Konjunkturpakete würde sich die Lage noch dramatischer verschlechtern. Mit dem mehr als 60-Milliarden-Euro-Programm erreichen wir eine Stagnation der Wirtschaft ab Mitte des Jahres - also noch keine Belebung, aber auch keine Fortsetzung des Abschwungs. Die Stagnation wird auch 2010 noch anhalten.

WDR.de: Halten Sie die Investitionen beispielsweise in Lärmschutz, energetische Sanierung und öffentliche Gebäude für sinnvoll, um eine nachhaltigen Belebung der Wirtschaft zu erreichen?

Horn: Was die Verwendung des Geldes betrifft - da würde ich nicht für jede einzelne Maßnahme die Hand ins Feuer legen. Insgesamt werden die Kommunen das Geld aber sinnvoll ausgeben. Sie investieren es in Projekte, die sie schon lange in der Schublade hatten, und für die zuvor schlicht die nötigen Mittel gefehlt haben. Jetzt machen sie davon Gebrauch, dass das Geld vom Bund zur Verfügung gestellt wird.

WDR.de: Inwiefern haben die Konjunkturprogramme auch negative Effekte für die Kommunen?

Horn: Negativ sind die Steuersenkungen, die ebenfalls in den Konjunkturpaketen enthalten sind. Die Bürger sollen mehr netto vom brutto haben, deshalb wurde der Grundfreibetrag erhöht und der Eingangssteuersatz gesenkt. Da die Kommunen aber an der Einkommenssteuer beteiligt sind, fehlt ihnen dieses Geld nun. Das macht im Schnitt gut 30 Prozent der zusätzlichen Mittel aus den Konjunkturpaketen aus, die in diesem Jahr eigentlich den Kommunen zufließen sollen. Dadurch wird der positive Effekt für die Kommunen also zum Teil auch wieder zurückgedreht.

Das Interview führte Petra Blum.