Ein Bergmann steht in einem Schacht des Bergwerks Prosper-Haniel

"Wir hatten alle mehr erwartet"

Bergleute enttäuscht über Kompromiss

Stand: 29.01.2007, 16:25 Uhr

Eintausend Meter tief unter der Erde arbeiten sie, die Bergleute der Zeche Prosper Haniel in Bottrop. Und alle haben derzeit nur ein Thema: den in Berlin diskutierten Kohleausstieg. In elf Jahren wird dann hier wohl Schluss sein. Die Stimmung unter Tage ist auf dem Nullpunkt.

Von Christian Herrmanny

Ein kalter Wind weht in der Sechsten Sohle, rund einen Kilometer unter der Erde. Die Frühschicht steigt aus der Grubenbahn, die Männer mit den schwarzen Gesichtern haben Feierabend. Für heute. Und in elf Jahren dann wohl auch für immer. "Ich hätte mir auf jeden Fall gewünscht, dass ein Sockelbergbau die heimische Energie sichert", sagt Thomas Bachmann. Der 47-Jährige ist einer vor 4.200 Beschäftigten im Bergwerk Prosper Haniel in Bottrop. "Ich bin traurig über den bevorstehenden Kompromiss. Ich hatte mehr erwartet."

Zukunft bleibt ungewiss

Wie die meisten seiner Kollegen wäre Thomas Bachmann dankbar gewesen für mehr Klarheit. "Es gibt doch überhaupt keine Aussagen über die Rahmenbedingungen für den Bergbau. Geredet wird immer nur darüber, dass wir zu teuer sind. Dabei ist heimische Energie immer wichtig", meint der Gladbecker. Sein Sohn macht bei der Deutschen Steinkohle (DSK) die Ausbildung, als einer von insgesamt 400 Azubis.

Das Bergwerk ist nicht nur der größte Arbeitgeber in Bottrop, sondern auch der größte Ausbilder. Und selbst, wenn die jungen Leute nach der Lehre als Mechatroniker oder Elektriker auch in andere Branchen wechseln können - dass der Bergbau erhalten bleibt, wünschen sich die meisten Menschen im noch immer strukturschwachen Ruhrgebiet.

Wie viel Geld stellt der Staat noch zur Verfügung?

Sechs von acht deutschen Zechen stehen an Rhein und Ruhr, Prosper Haniel ist die größte. Rund dreieinhalb Millionen Tonnen Steinkohle werden hier Jahr für Jahr aus der Tiefe ans Tageslicht gefördert. "Das hört sich ja alles gut an, bis 2018 weiter zu arbeiten. Aber womit?", fragt Peter Machaczek, 48 Jahre. "Mit wie vielen Bergwerken werden wir denn dann dastehen?" Sein Kollege Michael Dibowski hofft, dass in fünf Jahren vielleicht doch noch ein Sockelbergbau über 2018 hinaus beschlossen wird. "Ich sehe ein bisschen Licht am Ende des Tunnels."

"Wir werden ja sehen, wie sich das entwickelt", sagt Michael Pyka. Der 44-Jährige hat 1981 seine Lehre bei der DSK begonnen, inzwischen ist er Ingenieur und muss sich wegen seiner beruflichen Zukunft nicht sorgen. Trotzdem bleibt er skeptisch gegenüber den Politikern, die in Berlin oder Düsseldorf über seine und die Zukunft der Steinkohle entscheiden. "Es gab schon so viele Gespräche, dann kam eine neue Regierung und die Politiker halten sich nicht mehr an die Verabredungen, die getroffen wurden." Dabei sei die heimische Energiequelle Kohle immens wichtig, wie die jüngsten Probleme mit russischen Gaslieferanten zeigten.

In anderen Ländern werden Kohlekraftwerke gebaut

"Die Steinkohle zu opfern, das ist eine kurzfristige Denkweise der Politik", meint auch Hans-Joachim Seiler. Der 44-jährige Techniker verweist auf den geringen Anteil an deutschen Subventionen, der in die Steinkohleförderung fließt. 2,5 Milliarden Euro für eine sichere Energieversorgung, das sei bei einem Gesamtvolumen von rund 150 Milliarden Euro Subventionen in Deutschland nicht zu viel. "In nicht allzu ferner Zukunft werden wird uns die Steinkohle zurückwünschen - aber das geht dann nicht mehr so einfach."

Einig sind sich unter Tage alle: Sollte es zu einem Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland kommen, muss er sozialverträglich sein. "Niemand darf ins Bergfreie fallen", ist auf der Fahrt mit dem Richtung Tageslicht rasenden Aufzug mehrfach zu hören. In Bottrop wird wohl selbst in drei bis vier Jahren noch tiefer nach Kohle gegraben. Die Siebte Sohle wird zurzeit in 1.230 Metern für den Steinkohleabbau vorbereitet - auch wenn dort im Jahr 2018 wirklich Schluss sein sollte.