Vorzeitiges Aus für Tagebau dementiert
Gerüchte um Garzweiler kommen RWE gelegen
Stand: 08.10.2013, 13:56 Uhr
RWE will bis 2045 Braunkohle fördern. Ein Ausstiegsszenario, wie in einem Zeitungsbericht behauptet, gebe es nicht, teilte das Unternehmen am Dienstag (08.10.2013) mit. Die Gerüchte allerdings kommen dem Konzern nicht ungelegen: Seit Monaten macht er Stimmung gegen die Energiepolitik.
Von Christoph Stehr
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte am Dienstag (08.10.2013) gemeldet, nach "firmeninternen Szenarien" prüfe RWE, den Braunkohletagebau Garzweiler II bis 2018 zu schließen. Die Zwangsumsiedlung weiterer Ortschaften sowie neue Investitionen lohnten nicht mehr, weil der Betrieb der großen Kraftwerke bei Garzweiler unrentabel sei. Das wachsende Angebot von Wind- und Solarenergie führe dazu, dass der Preis für Strom aus Braunkohle sinke.
Ein Schaufelradbagger steht im Tagebaugebiet Garzweiler II bei Jackerath.
Hinzu kommt, dass der Braunkohletagebau auf zunehmenden Widerstand in der Bevölkerung stößt. Umweltschützer kritisieren die hohen Emissionen des klimaschädlichen CO2-Gases. Das Bundesverfassungsgericht wird vielleicht noch in diesem Jahr ein Urteil dazu fällen, ob die Zwangsumsiedlung der Menschen im Braunkohlerevier rechtens ist. Geklagt haben Anwohner und der Bund für Naturschutz (BUND).
Sparen an allen Ecken und Enden
Durch mehr Wind- und Solarenergie sinkt der Preis für Strom aus Braunkohle
Konzernchef Peter Terium dementierte bereits am Dienstagmorgen die Gerüchte um den Braunkohleausstieg. Der Vorstandsvorsitzende der Produktionssparte RWE Generation, Matthias Hartung, bestätigte daraufhin die bekannten Planungszahlen: "Der Tagebau Garzweiler II mit einem genehmigten Kohlevorrat von rund einer Milliarde Tonnen Braunkohle insgesamt und einem jährlichen Fördervolumen von 35 bis 40 Millionen Tonnen ist fester Bestandteil der Zukunftsplanung des Unternehmens." Moderne Braunkohlekraftwerke seien genauso flexibel wie Gasanlagen und würden sich daher in Zeiten der Energiewende gut mit den erneuerbaren Energien ergänzen.
Gegen diese Aussage spricht allerdings, dass RWE vor einiger Zeit ein hartes Kostensenkungsprogramm eingeführt hat, das alle Unternehmensbereiche betrifft - somit auch die Braunkohletagebaue Garzweiler, Hambach und Inden sowie die Braunkohlekraftwerke Frimmersdorf, Neurath, Niederaußem und Weisweiler. Da erscheint es durchaus denkbar, dass auch Garzweiler II auf den Prüfstand kommt.
Wer profitiert von den Gerüchten?
"Die Existenz solcher Szenarien halte ich für plausibel, schließlich beschäftigt RWE eine Reihe hochbezahlter Mitarbeiter, deren Job es ist, die Zukunft des Unternehmens zu planen und dabei keine Option aus dem Blick zu verlieren", sagt ein Managementberater, der Kunden in der Energiebranche hat. "Allerdings ist es ein weiter Weg von einem Szenario zu einer unternehmerischen Entscheidung. Spannender finde ich die Frage, wer ein Interesse an den Gerüchten hat."
Der Konzernspitze dürfte der Medienbericht nicht ganz ungelegen kommen: Seit dem Atomausstieg 2011 streiten die großen Stromversorger mit der Bundesregierung und der formal zuständigen Bundesnetzagentur über die künftige Energiepolitik. Im Juli dieses Jahres wurden Pläne bekannt, wonach die Branche plant, mehrere konventionelle Kraftwerke abzuschalten. Dies lehnt die Politik ab, weil sie den sicheren Betrieb der Stromnetze gefährdet sieht. Die neuen Gerüchte um den Braunkohletagebau erhöhen den Druck auf Berlin. Der energiepolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in NRW, Thomas Kufen, begrüßte am Dienstag die Aussage von RWE, an der Braunkohle festzuhalten. Kufen zeigte indirekt Verständnis für die Position der Energiekonzerne: "Unternehmen und Verbraucher brauchen auch Klarheit, Transparenz und Verlässlichkeit auf der Kostenseite."
BUND fordert klare Ausstiegsplanung
Dem Ausbau von Garzweiler II sollen bis 2045 weitere 18 Dörfer und Siedlungen mit insgesamt 7.600 Bewohnern weichen. Für sie wäre das vorzeitige Ende des Tagebaus ein Geschenk des Himmels, ebenso für die Umweltinitiativen, die seit Jahren gegen Garzweiler II kämpfen. Dirk Jansen, BUND-Geschäftsleiter in Düsseldorf, geht davon aus, dass der Bericht der "Süddeutschen Zeitung" auf Tatsachen beruht. "Es ist nur folgerichtig, dass RWE seine Planung überdenkt", sagt er gegenüber WDR.de. "Die Landesregierung und RWE müssen jetzt ein klares Ausstiegsszenario entwickeln."