Ausbau von Kita-Plätzen zu langsam
NRW ist Schlusslicht bei U3-Betreuung
Stand: 07.11.2011, 14:26 Uhr
Nur jedes sechste Kind unter drei Jahren wird nach Angaben des Statistischen Landesamtes in einer Kita oder von einer Tagesmutter betreut. Bereits in zwei Jahren muss Nordrhein-Westfalen für jedes dritte Kind einen Betreuungsplatz anbieten können - ein nahezu unrealistisches Ziel.
Von Jenna Günnewig
Zwar sei die Betreuungsquote innerhalb eines Jahres von 14 Prozent auf 15,9 Prozent gestiegen, wie das Statistische Landesamt NRW am Montag (07.11.2011) mitteilte. Doch das, und da sind sich alle einig, reicht noch lange nicht: Bis 2013 muss eigentlich für jedes dritte Kind unter drei Jahren einen Betreuungsplatz angeboten werden. Das hatten Bund und Länder sehr optimistisch im Jahr 2007 vereinbart.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat nun die Länder angemahnt, sich beim Kita-Ausbau ins Zeug zu legen. Von 2,15 Milliarden Euro, die der Bund bis 2013 für den Ausbau der Kindertagesbetreuung bereitgestellt hat, seien bis Oktober erst 1,24 Milliarden Euro abgerufen worden.
Das Ziel: 44.000 zusätzliche Betreuungsplätze in zwei Jahren
"Die Steigerungsrate ist zu gering", gibt auch Stephanie Paeleke-Kuhlmann aus dem NRW-Familienministerium zu. Für NRW liegt der prognostizierte Bedarf auf einen Betreuungsplatz bei rund 32 Prozent. Im Kindergartenjahr 2011/2012 stünden 100.000 Plätze zu Verfügung. Um den Bedarf für NRW zu decken, müssten es bis 2013 aber 144.000 Plätze sein. Deswegen sollen noch einmal 90 Millionen Euro in das Sofortprogramm U3-Ausbau gesteckt werden.
"Eine Menge Geld - aber wo ist es hin und warum schlägt es sich nicht in Betreuungsplätzen nieder?" fragt Marcel Hafke, familienpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Da sich das Tempo des Ausbaus in Nordrhein-Westfalen zuletzt deutlich verlangsamt habe, sei kaum mehr damit zu rechnen, dass NRW in den kommenden zwei Jahren die Quote von 32 Prozent erreiche. Auch die CDU sieht einen rot-grünen "Totalausfall" beim Ausbau der Betreuungsplätze. Da sei die CDU deutlich besser gewesen, erklärt der familienpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Tenhumberg. Laut SPD sind die schlechten U3-Zahlen jedoch schwarz-gelbe Erblast. "Das ist ein mehr als schlechtes Zeugnis für die Familienpolitik der Vorgängerregierung", verteidigt sich Familienministerin Ute Schäfer (SPD).
Kommunen im Nothaushalt bauen keine neuen Kitas
Unabhängig davon, ob noch schwarz-gelb oder nun rot-grün für die fehlenden Plätze verantwortlich ist - der Städte- und Gemeindebund gibt sich desillusioniert. "Dass das bis 2013 nicht hinkommt, sagen wir schon seit Jahren", so Martin Lehrer. Denn: "Kommunen im Nothaushalt können nun mal keine neuen Kitas bauen." Auch wenn der Ausbau von Bundesregierung und dem Land stark bezuschusst werde, sei er für die Kommunen noch lange nicht zum Nulltarif; die hätten kein Geld um beispielsweise Grundstücke für Kindertagesstätten zu kaufen.
Nicht nur wegen seiner klammen Kommunen ist NRW mit einer Betreuungsquote von 15,9 Prozent - statt deutschlandweit durchschnittlich 23 Prozent - Schlusslicht. NRW sei von einem niedrigen Betreuungsniveau gestartet. Zudem sei ein Rechtsanspruch auf einen U3-Betreuungsplatz, den die Eltern von August 2013 einklagen können, nicht haltbar, so Lehrer weiter.
Wenig Betreuungsplätze: Oberhausen, Wuppertal und Duisburg
Regional variiert die Zahl der betreuten Stellen teilweise enorm: "Münster ist mit über 25 Prozent Spitzenreiter", so Birgit Kempf vom Statistischen Landesamt. Dagegen haben der Rhein-Erft-Kreis und Städte wie Oberhausen, Duisburg und Wuppertal eine Quote von nur zehn Prozent. Insgesamt wurden in NRW im vergangenem Kindergartenjahr 70.800 Kinder entweder in Kindertageseinrichtungen oder von einer Tagesmutter betreut.
Die jährliche Erhebung des statistischen Landesamtes, bezieht sich auf das zurückliegende Kindergartenjahr 2010/2011. Erfasst wurden in der Statistik nur die mit öffentlichen Mitteln geförderten Angebote. Das Statistische Bundesamt wird am Dienstag (08.11.2011) deutschlandweite Daten über die Versorgung mit Kita-Plätzen veröffentlichen.