Ehrung für EZB-Chef Jean-Claude Trichet
Karlspreis für den "Euro-Fighter"
Stand: 02.06.2011, 14:02 Uhr
An Christi Himmelfahrt wird im Königssaal des Aachener Rathauses traditionell der Internationale Karlspreis verliehen. Diesmal hat Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank, als "Verteidiger eines stabilen Euros" den Preis bekommen.
Mit der Verleihung am Donnerstag (02.06.2011) würdigte das Komitee seine Verdienste um die Währungsunion. Man habe mit seiner Wahl gezielt ein Zeichen setzen wollen - für den Euro und für mehr Gemeinsamkeit, sagte Jürgen Linden, Sprecher des Karlspreisdirektoriums, vor der Verleihung des Karlspreises. Die fand in der ehemaligen Kaiserpfalz vor 850 Gästen statt, darunter frühere Preisträger wie Jean-Claude Juncker aus Luxemburg, der Spanier Félipe Gonzales Marqués und Simone Veil, die erste Präsidentin des Europäischen Parlaments.
Mit unkonventionellen Mitteln durch die Eurokrise
Jean-Claude Trichet setzt sich seit Jahren für die Stabilität der Gemeinschaftswährung ein. Als oberster Euro-Hüter war er in der Finanzmarktkrise einer der wichtigsten Akteure. Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) formulierte es in seiner Rede so: Trichet habe mit einem "wohldurchdachten Krisenmanagement und seiner klugen Zinspolitik" einer Verschärfung der Eurokrise entgegengewirkt und dabei auch "zu unkonventionellen Maßnahmen gegriffen, die man nicht in Lehrbüchern finden kann.". Philipp weiter: "Für Sie ist der Euro nicht nur ein Zahlungsmittel, sondern ein friedensstiftendes Symbol für ein Europa, das vor ein paar Jahrzehnten noch in Trümmern lag." Auch José Manuel Barroso, Vorsitzender der Europäischen Kommission, lobte Trichets "Mischung aus Pragmatismus und Wagemut" und dankte ihm "im Namen aller Europäer". Dann wurde Trichet die Medaille mit dem Abbild Karls des Großen umgehängt.
Trichet will eine zentralisierte Wirtschaftspolitik
Trichet dankte sichtlich bewegt für die Ehrung und lobte die gemeinsame Währung: "Hier in Aachen kann ich sagen: 'Stark wie die Mark' sollte der Euro werden, und stark wie die Mark ist er geworden." Er nutzte aber gleich die Bühne für einen Ausflug in die aktuelle Politik, die immer noch von der Griechenlandkrise bestimmt wird, und wiederholte seine Forderung nach einem verschärften Umgang mit hoch verschuldeten Euro-Ländern an. Sie sollten finanziell unterstützt werden und so selber Korrekturen vornehmen können, sagte er. Aber wenn dies erfolglos bleibe, sollten Euro-Institutionen die Wirtschaftspolitik des betroffenen Landes beeinflussen dürfen. Trichet brachte sogar ein für die gesamte Euro-Zone zuständiges Finanzministerium ins Spiel. Er räumte ein, dass dies weit über die derzeit geplante Überwachung hinaus gehe - der politischen Vorbehalte gegen solche Vorschläge war er sich wohl bewusst.
Ein Leben für den Euro
Der 68-jährige Franzose, der "Banker des Jahres 2007", Kommandeur der französischen Ehrenlegion und Träger des Bundesverdienstkreuzes ist, ist ein Karrierebeamter. Nach dem Studium der Politik, Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaften und dem Besuch der Kaderschmiede für Verwaltung ENA (École nationale d'administration) stieg er in höchste Staatsämter auf. Er übernahm 1993 den Posten als Chef der Französischen Notenbank und war als Berater des früheren Staatschefs Francois Mitterrand an der Einführung des Euros beteiligt. Nach dem Ausscheiden des ersten EZB-Präsidenten, des Niederländers Wim Duisenberg, trat Trichet am 1. November 2003 das Amt des Präsidenten der Europäischen Zentralbank an. Im Herbst 2011 geht seine Amtszeit zuende.