Ministerin vor Untersuchungs-Ausschuss

Atomkugeln: Opposition kann Schulze nicht stellen

Stand: 27.01.2012, 18:18 Uhr

Ein Zugeständnis, ein verräterisches Wort, ein Widerspruch? Im Untersuchungsausschuss zur Atomkugel-Affäre versuchten CDU und FDP am Freitag (27.01.2012), Wissenschaftsministerin Svenja Schulze nachzuweisen, dass sie die Öffentlichkeit über den Verbleib von über 2.000 Atomkugeln aus Jülich getäuscht habe. Der Nachweis misslang.

Von Rainer Kellers

Es gibt eine Situation in den über drei Stunden der Zeugenvernehmung, in der Wissenschaftsministerin Schulze (SPD) wackelt. Es geht darum, wie die Antwort auf die Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Hans Christian Markert nach dem Verbleib von Atomkugeln aus dem Forschungszentrum Jülich (FZJ) zustande gekommen ist. Das Ministerium hatte Ende März 2011 geantwortet, der Verbleib von 2.285 der uranhaltigen Kugeln könne nicht geklärt werden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass einige davon im Versuchsbergwerk Asse gelandet seien. Vor dem Untersuchungsausschuss führt Schulze nun aus, dass sie keineswegs behauptet habe, die 2.285 Atomkugeln seien verschwunden. Lediglich habe sie in der Antwort darauf hingewiesen, dass nicht "eindeutig nachweisbar" sei, wo die Kugeln geblieben seien. Sie habe auch keinen Anlass gesehen, ihr Ministerium anzuweisen, sich auf die Suche nach den vermissten Kugeln zu machen. Der Vorgang sei schließlich Jahrzehnte alt. "Ich wollte das in Ruhe aufklären", sagt Schulze im Zeugenstand des Untersuchungsausschusses. Akuter Handlungsbedarf habe nicht bestanden.

Hat Schulze bewusst getäuscht?

Doch warum gab es dann Anfang April 2011 eine Pressemitteilung der Ministerin, in der sie dringende Aufklärung verlangte, will CDU-Obmann Benedikt Hauser wissen. Warum hieß es in der Presseerklärung, die Unsicherheit um die Atomkugeln zeige, dass die Atomkraft eine Risikotechnologie sei? Hat Schulze einen Vorgang, den sie als nicht akut bewertet, verbunden mit der Warnung vor den Gefahren der Atomkraft? Hat sie bewusst dramatisiert, um die Anti-Atom-Stimmung nach dem Unglück von Fukushima anzuheizen?

Der wunde Punkt der Ministerin

Die Fragen treffen bei Schulze einen wunden Punkt. Mehrmals bittet sie den Fragesteller, die Frage zu präzisieren - um damit Zeit zu gewinnen. Im Saal wird es unruhig, die Spannung ist spürbar. Letztlich gelingt es Schulze jedoch, die Situation zu entschärfen. Es sei ein persönlicher Hinweis gewesen, sagt Schulze, dass sie, die Ministerin, die Atomkraft für riskant halte. Sie sei in den hektischen Tagen Anfang April gezwungen gewesen, an die Öffentlichkeit zu gehen, weil in den Medien bereits über fehlende Atomkugeln aus Jülich geschrieben worden sei. Ihr Bestreben sei gewesen, zur Beruhigung beizutragen. "Ich habe keine öffentliche Debatte angeschoben." Die Abgeordneten von CDU und FDP nehmen der Ministerin das nicht ab. Aber sie können ihr auch nicht nachweisen, bewusst getäuscht zu haben.

Ministerin wehrt Angriffe ab

Allmählich legt sich die Aufregung im Sitzungssaal. Über Stunden zieht sich die Befragung noch hin. Immer wieder werden dieselben Fragen gestellt, ein ums andere Mal unterbindet der Vorsitzende Suggestivfragen. Am Ende können CDU und FDP die Ministerin nicht stellen. Sie wehrt alle Angriffe souverän ab. Auch den Verdacht der Opposition, Schulze halte dem U-Ausschuss Unterlagen und E-Mails vor, weist Schulze zurück. Einen Beweis dafür bleiben die Abgeordneten von CDU und FDP schuldig.

FDP will Hannelore Kraft in den Zeugenstand holen

Der Untersuchungsausschuss indes wird weiter gehen. Bis Mitte des Jahres sind Termine vereinbart. Und obwohl SPD, Grüne und Linkspartei mehr oder weniger offen dafür plädieren, den U-Ausschuss zu beenden, wollen CDU und FDP nicht locker lassen. Mitarbeiter verschiedener Ministerien sollen noch gehört werden. Die FDP behält sich zudem vor, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft als Zeugin zu laden.

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