Bus und Bahn

Vieles sprach und spricht für Maskenpflicht

Stand: 17.04.2020, 15:00 Uhr

Anfangs hieß es, Masken seien unnütz. Dabei verwickelte sich das Robert-Koch-Institut in Widersprüche, meint Martin Gent. Er interpretiert ein RKI-Papier von Mitte Februar so, dass viel früher hätten Masken empfohlen werden müssen. Ein Kommentar.

Das Robert Koch Institut hat im April in Sachen Masken eine Kehrtwende vollzogen, die zu Recht extrem irritiert. Denn die Studienlage hat sich nicht gravierend geändert, nur deren Bewertung. Schon der Nationalen Pandemieplan von 2016 sagt, dass Masken gefährliche Viren besser stoppen können als gründliches Händewaschen, am besten jedoch kombiniert man beides.

Masken schützen, wenn jeder eine trägt

Und seit spätestens dem 21. Februar 2020 gibt es Ratschläge der Bundesbehörde für nicht-medizinische Einsatzkräfte wie zum Bespiel Feuerwehrleute, die auf einen mutmaßlich Corona-Infizierten treffen. Es sei ausreichend, wenn der möglicherweise Infizierte und die Einsatzkraft beide einen einfachen Mund-Nase-Schutz tragen. Die Wirksamkeit ist plausibel. Falls jemand tatsächlich infiziert ist, bremst eine Maske die Verbreitung der ansteckenden Tröpfchen höchstwahrscheinlich ab. Und offenkundig sind zwei einfache Barrieren auch wirksamer, als gar keine, selbst wenn die Viren viel kleiner sind als die Poren der gängigen Masken und deshalb theoretisch hindurchschlüpfen können.

Missverstandene Evidenz

Immer wieder kommt noch ein anderes irritierendes Argument. Es gebe kaum Studien mit wissenschaftlicher Evidenz, die die Wirksamkeit der Masken belegten. Dahinter steckt ein Missverständnis. Nur weil es keine Studien gibt, die knallhart und eindeutig die Wirksamkeit belegen, muss eine Maßnahme nicht unwirksam sein. Es kann zum Beispiel besonders schwierig sein, die Wirksamkeit nachzuweisen. Blind-Studien mit Placebo-Masken sind schlichtweg nicht denkbar. Dass sich Testpersonen vorsätzlich anstecken, ist auch nicht vertretbar. Auch kann man in Pandemiezeiten schlecht eine Gruppe konsequent Masken im Alltag tragen lassen, eine andere nicht.

Knappheit mit Folgen?

Möglicherweise hat die Maskenknappheit in Gesundheitswesen RKI und viele Experten bewogen, Masken in die Unnütz-Ecke zu stellen. Aber das Problem ist mit den selbstgenähten Alltagsmasken lösbar. Anleitungen gibt es spätestens seit dem Hackaton der Bundesregierung (20.-22.03.20) zuhauf. Auch in Krisenzeiten darf man ehrliche Begründungen erwarten.

Auch wer sich nicht krank fühlt, kann andere anstecken

Experten aus China halten das Tragen von Masken im öffentlichen Raum für absolut empfehlenswert, schon weil niemand wissen kann, ob er ansteckend ist oder nicht. Seit Wochen ist klar, dass ein Großteil der Ansteckungen erfolgt, bevor man erste Symptome bemerkt. Gerade deshalb braucht es mehr als eine "dringende Empfehlung" zum Maske-Tragen. Nicht die, die eine Maske tragen, sollten sich rechtfertigen müssen, sondern jene, die es trotz aller Plausibilität nicht tun. Der Schutz der Mitmenschen kann keine individuelle Entscheidung sein. Wer andere ansteckt, hat nicht selbst den Schaden, sondern wegen der Infektionsdynamik wir alle. Auch wenn mir eigentlich freiwillige Regelungen lieber sind, brauchen wir jetzt eine Maskenpflicht – zumindest für Situationen, wo Nähe und damit Ansteckung nicht auszuschließen ist, also in Bus und Bahn, beim Einkaufen, im Wartezimmer und an vielen Arbeitsplätzen. Und je mehr wir die Kontaktbeschränkungen jetzt lockern, umso dringender.

Hier sehen Sie Beiträge von Martin Gent, Redakteur und Reporter in der WDR-Wissenschaftsredaktion QUARKS. Als Mobilitätsexperte ist er stets auf der Suche nach Perspektiven für den Verkehr von morgen. Dieser Beitrag lief in WDR 5 am 17.04.2020.

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