WAZ Mediengruppe streicht 120 Stellen

Aus für "Westfälische Rundschau"

Stand: 15.01.2013, 15:58 Uhr

Nach der "Frankfurter Rundschau" und der "Financial Times Deutschland" setzt der nächste Verlag den Rotstift an. Bei der "Westfälischen Rundschau" werden 120 Journalisten entlassen. Die SPD-Unternehmensholding DDVG fühlt sich als Miteigentümerin überrumpelt.

Von Fabian Wahl

Die Hiobsbotschaft wurde den Betroffenen am Dienstag (15.01.2013) auf einer Betriebsversammlung in Hagen übermittelt. "Wir werden alles daran setzen, diesen Arbeitsplatzabbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten", erklärte WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus in einer Pressemitteilung. Verlag und Betriebsrat hätten kürzlich die Verlängerung eines bestehenden Sozialplans beschlossen.

Die "Westfälische Rundschau" ("WR") mit einer verkauften Auflage von 115.000 Exemplaren habe seit vielen Jahren Verluste in Millionenhöhe geschrieben und werde deshalb grundlegend saniert, teilte der Konzern mit. Die weiteren nordrhein-westfälischen WAZ-Titel "Neue Ruhr/Neue Rhein-Zeitung" ("NRZ"), die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" ("WAZ") und die "Westfalenpost" mit einer Gesamtauflage von rund 700.000 verkauften Exemplaren sollen dagegen schwarze Zahlen schreiben.

Gegenwind vom Miteigentümer

WAZ-Mediengruppe vor Eigentümerwechsel

Die WAZ-Pläne verärgern den Miteigentümer.

Die SPD-Unternehmensholding DDVG, die Miteigentümerin der "WR" ist, übte scharfe Kritik. "Die Entscheidung der WAZ ist nicht plausibel nachvollziehbar und erweckt den Eindruck einer seelenlosen Redaktionsklempnerei", sagte SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks laut einer Pressemitteilung. Die DDVG sei von den WAZ-Maßnahmen überrascht worden, und sie seien nicht abgestimmt gewesen. Die DDVG, die auch Miteigentümerin der "Frankfurter Rundschau" ist, hält indirekt 13 Prozent an der "WR".

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zeigte sich empört. Der Verlag habe den Redakteuren keine echte Chance gegeben, teilte der nordrhein-westfälische Landesverband mit. Andere Optionen seien nicht ernsthaft in Betracht gezogen worden.

Die nordrhein-westfälische Medienministerin Angelica Schwall-Düren (SPD) bezeichnete das Vorgehen als einen "schwerer Schlag für die Zeitungslandschaft in Nordrhein-Westfalen". Wieder gehe ein Stück journalistische Vielfalt verloren, sagte sie in Düsseldorf. "Es ist vorgeblich eine ökonomische Entscheidung, die Redaktion der 'Westfälischen Rundschau' aufzugeben - zu Lasten der journalistischen Qualität."

Bei der "WR" wird die komplette Redaktion entlassen. Die Inhalte des Mantelteils sollen künftig von der "WAZ" geliefert werden. Die lokalen Nachrichten stammen ab Februar von der WAZ-eigenen "Westfalenpost" und konkurrierenden Verlagen. Die bisherigen Abos sollen unverändert weiterlaufen. Ziel sei es, die "Westfälische Rundschau" zu erhalten und damit die Medienvielfalt in dem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

"Produkt mit Etikettenschwindel"

Der Medienwissenschaftler Hors Röper vom Dortmunder Formatt-Institut sprach von einer Katastrophe. "Was von der Rundschau übrig bleibt, ist ein Produkt mit Etikettenschwindel", sagte er zu WDR.de. Durch die Kooperation mit anderen Verlagen werde es keine redaktionelle Eigenständigkeit mehr geben. Das Ende der "WR" sei absehbar.

Nach Einschätzung von Röper hätte die Zeitung mit eigenständiger Redaktion in bestimmten Regionen eine Chance gehabt. "Dass die gesamte Redaktion verschwindet, ist schon überraschend", sagte der Medienexperte. In Dortmund sei die Zeitung beispielsweise erfolgreich gewesen. In Lüdenscheid sei die Zeitung dagegen hochdefizitär gewesen und hätte keine Zukunft gehabt.

WAZ-Geschäftsführer Manfred Braun sagte dagegen, dass es im Interesse des gesamten Unternehmens leider keine andere Möglichkeit gegeben habe. "Wir wissen, dass das für die Betroffenen und ihre Familien sehr hart ist." Thomas Ziegler, neben Nienhaus und Braun der dritte WAZ-Geschäftsführer, machte den anhaltenden Anzeigen- und Auflagenrückgang für den Schritt verantwortlich.

Im November hatte die "Frankfurter Rundschau" wegen hoher Verluste Insolvenz angemeldet. Im Dezember hatte der Verlag Gruner + Jahr die "Financial Times Deutschland" eingestellt, die ebenfalls rote Zahlen schrieb. Dort waren 300 Mitarbeiter betroffen.