Wiederbelebung als Unterrichtsstoff

Schüler lernen Leben retten

Stand: 08.09.2015, 06:00 Uhr

Reanimation als Schulstoff - in dieser Woche unterrichten Notfallärzte die Siebtklässler im Remscheider Röntgen-Gymnasium. Mit dem Pilotprojekt für Remscheid werben die Mediziner des Sana-Klinikums für regelmäßiges Üben der Wiederbelebung an allen Schulen. Denn kaum ein Remscheider weiß, wie's funktioniert.

Prüfen, rufen, drücken – so einfach kann es gehen, ein Leben zu retten, wenn das Herz ganz plötzlich stehen geblieben ist, sagt Notfallmedizinerin Sina Wittenbecher. Sie und ihre Kollegen bringen den Zwölf- bis 13jährigen bei, was zu tun ist, wenn plötzlich jemand mit Herzstillstand zusammenbricht. Die Schüler lernen die Kreislauffunktionen zu prüfen, sofort den Notruf zu wählen und während der Wartezeit im Takt auf die Brust zu drücken, damit weiter Blut gepumpt wird.

Handeln - je früher, desto besser

Das Pilotprojekt soll nach den Vorstellungen der Notfallmediziner in Remscheid flächendeckend eingeführt werden. Denn Handeln ist angesagt. In Remscheid sind Untersuchungen zufolge nur knapp 14 Prozent der Menschen in der Lage, eine Herzdruckmassage durchzuführen. In ganz Deutschland sind es etwa 30 Prozent. In Dänemark dagegen wissen viel mehr Bürger, was im Notfall zu tun ist. Dabei ist schnelle Hilfe entscheidend bei einem Herzstillstand - denn das Gehirn kann nur drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoff überleben - danach sind die Gehirnzellen geschädigt. Und je früher Kinder regelmäßig trainiert werden, desto beherzter helfen sie. Im Unterricht mit den Notärzten lernen sie, dass man im Fall des Falles nichts falsch machen, sondern nur die Überlebenschancen verbessern kann.

Phillip Cramer überlebte - dank schneller Hilfe

Wie wichtig es ist, dass ein Laienhelfer sofort aktiv wird, zeigt das Beispiel von Phillip Cramer. Der 18jährige Remscheider ist vergangenes Jahr beim Lauftraining mit einem plötzlichen Herzstillstand zusammen gebrochen. Dass er heute wieder zur Schule geht und nächstes Jahr Abitur machen wird, hat er nur einem Sportkollegen zu verdanken. Der hatte gerade einen Erste Hilfe-Kurs absolviert und begann sofort mit der Herzmassage – bis die Rettungskräfte eintrafen. An diesen Tag hat Phillip Cramer keine Erinnerung mehr. Warum sein Herz plötzlich stehen blieb, ist bis heute nicht geklärt. "In den ersten Wochen hatte ich Schwierigkeiten mit meinem Gedächtnis, ich erkannte Freunde nicht wieder, konnte mich nicht erinnern, welchen Tag oder welches Jahr wir hatten", erzählt er. Doch dank des schnellen Eingreifens sind bei ihm keine langfristigen Folgen des Sauerstoffmangels zurück geblieben.

Pilotprojekt soll Schule machen

Die Remscheider Notfallmediziner hoffen jetzt, dass andere Schulen nachziehen. Sie bieten auch Fortbildung für Lehrer an, so dass Laien-Reanimation Teil des Sportunterrichts werden kann. Das werde zwar seit dem letzten Jahr auf Beschluss der Kultusministerkonferenz empfohlen, verbindlich sei es aber leider nicht, so die Notärzte.