Hören, was dahinter steckt

Stand: 21.01.2020, 15:30 Uhr

Seit zehn Jahren verbindet das "ARD radiofeature" Qualitätsjournalismus mit Radiokunst. Dabei geht dieses Stück Radiogeschichte immer auf "Spurensuche nach Zusammenhängen, nach der Wahrheit hinter der Wirklichkeit", sagt Redakteurin Dorothea Runge.

"Hören, was dahinter steckt" lautet das Motto der aufwändigen, investigativ-journalistischen Dokumentationen. Für die vom WDR und sechs weiteren Landesrundfunkanstalten getragene Reihe recherchieren renommierte Autor*innen Themen, die die Gesellschaft prägen, verändern oder bedrohen. Und liefern so den Hörer*innen neun Mal im Jahr spannende Geschichten und überraschende Einsichten. "Das "ARD radiofeature" ist immer eine Spurensuche nach Zusammenhängen, nach der Wahrheit hinter der Wirklichkeit", sagt die damals wie heute zuständige WDR-Redakteurin Dorothea Runge, die mittlerweile auch die Koordination der Beiträge aus den sieben Sendern übernimmt. "Dabei versuchen wir, Qualitätsjournalismus und Radiokunst zusammenzubringen – das reine Darstellen von Fakten reicht uns nicht." "Radiophon" müsse ein Feature für die Reihe sein, also einen "akustischen Mehrwert" bieten – ein Hörerlebnis, bei dem man gleichzeitig etwas Neues über die Welt erfährt. Die lange Form erlaubt, auch komplizierte und langwierige Recherchen angemessen darzustellen. Selbst Langzeitstudien sind möglich.

Ein Feature über den Journalismus selbst

Das Jubiläumsjahr startet ab Mittwoch, 22. Januar, mit einem "ARD radiofeature" über den Journalismus selbst. In seinem 50-Minüter "Der Wahrheit verpflichtet – Über den Machtverlust des Journalismus" (SWR 2019) beleuchtet Autor Tom Schimmeck an konkreten Beispielen die Erosion medialer Wahrheit in Zeiten grassierender Empörung, viral verbreiteter Verschwörungstheorien und massenhafter Fälschung. Passend dazu diskutiert Thomas Schaaf im WDR 5 Funkhausgespräch am 30. Januar ab 20.05 Uhr mit seinen Gästen über Herausforderungen für den Journalismus im Digital-Zeitalter.

Zudem liefert Journalist Sven Preger ab Januar ein "Making of" zu jedem neuen "ARD radiofeature". Dieser Podcast ist über den "ARD radiofeature"-Channel der ARD Audiothek abrufbar und beleuchtet die Entstehung der Stücke und die Hintergründe ihrer Produktion, die den Hörer*innen sonst verborgen bleiben. "Wir werden über journalistische Methoden und deren Grenzen sprechen und so ein bisschen zur Transparenz beitragen", verspricht Preger. Den Podcast wird es vorerst bis Ende des Jahres geben.

Außergewöhnliche Reporterleistung

Zehn Jahre "ARD radiofeature" bedeutet zahlreiche Highlights. Zum Beispiel begleitete Autor Reinhard Schneider für "Neun Stockwerke Deutschland" (WDR 2010) ein Jahr lang die Bewohner eines Gladbecker Hochhauses. Sieben Jahre später kehrte er für ein weiteres Jahr zurück für "Neun Stockwerke neues Deutschland" (WDR 2017). Für diese "außergewöhnliche Reporterleistung", so die Jury, erhielt er den CIVIS Media Prize Europe 2018.

Für Ihr Feature "Das Trans-Sahara-Kartell" (WDR 2013) recherchierte Autorin Bettina Rühl zum Teil in Männerkleidung, um im Tuareg-Gebiet im Norden Malis die Wege und die Kontrolle des Schmuggels von Kokain, Waffen und Menschen aufzudecken.

"Wir müssen täglich beweisen, dass wir keine Fake News machen."

Dreimal im Jahr treffen sich alle Redakteur*innen des "ARD radiofeature" und diskutieren die Themen. "Da wird mit harten Bandagen gekämpft", so Runge, "jede Präsentation muss den kritischen Fragen der anderen standhalten. Denn jeder Sender muss es ja auch mittragen." Dabei werde vor allem darauf geachtet, dass die Autor*innen einen speziellen Zugang zum Stoff haben. "Die Perspektive darf durchaus subjektiv sein, aber es muss immer gewährleistet sein, dass Fakten von Haltung und Meinung getrennt werden", erklärt Runge. In den vergangenen zehn Jahren haben nicht nur Social-Media-Plattformen zum Austausch mit den Hörer*innen an Bedeutung gewonnen. Es sei auch wichtiger denn je geworden, die Recherchen transparent zu machen und nicht nur die Ergebnisse zu präsentieren. Runge: "Wir müssen täglich neu beweisen, dass wir keine Fake News machen."

"10 aus 10" zum Jubiläum: Die ARD Audiothek bietet zehn ausgewählte Stücke aus zehn Jahren.

2010 - Ryanair hebt ab (HR)
2011 - Inside Al-Qaida (SWR)
2012 - Norwegens Stunde Null (NDR)
2013 - Das Trans-Sahara-Kartell (WDR)
2014 - Nazi-Netzwerk NSU (BR)
2015 - Fair-Giftet (SWR)
2016 - Abschied vom Faktor Mensch (NDR)
2017 - Neun Stockwerke neues Deutschland (WDR)
2018 - Omas digitale WG (SR)
2019 - Polarfieber (RB)