Von Thriller bis Comedy: Worauf Serien-Fans sich freuen dürfen
Stand: 23.10.2024, 12:34 Uhr
Der WDR hat am Samstagabend (19.10.) beim Film Festival Cologne einen Ausblick auf insgesamt sieben Serien-Produktionen gegeben, darunter der Achtteiler „A better Place“ und der Sechsteiler „Das zweite Attentat“. Wir haben im Gespräch mit Redakteur Frank Tönsmann einen Ausblick auf die kommenden Serien-Highlights genommen.
Herr Tönsmann, "A better Place" und "Das zweite Attentat" werden Ende 2024 bzw. Anfang 2025 im Ersten und der ARD Mediathek zu sehen sein. Was ist das besondere an diesen Serien?
Frank Tönsmann: In "Das zweite Attentat" geht es um die realen Verstrickungen der deutschen Geheimdienste in die Affäre um den vermeintlichen Informanten "Curveball", der den zweiten Golfkrieg ausgelöst hat mit der Behauptung, dass der Irak über Chemiewaffen verfüge. Unsere Thriller-Geschichte erzählt davon, welche Auswirkungen das bis heute hat. Eingebettet ist das fiktive persönliche Schicksal eines jungen Mannes, dessen Vater für den BND arbeitete und einem Anschlag zum Opfer fiel.
Film Festival Cologne: Moderatorin Janine Breuer-Kolo (links) im Gespräch mit Anne Zohra Berrached (Regie) und David Keitsch (Prod.) der Serie "A better Place"
In "A better Place" dagegen geht es nicht um einen wahren Hintergrund, sondern um eine "Social Fiction".
Frank Tönsmann: Die Serie erforscht ein "What if"-Szenario: Was würde passieren, wenn man Strafe nicht mehr hinter Gefängnismauern vollziehen, sondern in die Gesellschaft verlagern würde. Hintergrund ist, dass es solche Szenarien des Täter-Opfer-Ausgleichs und der Resozialisierung durchaus gibt. In Gesprächen soll ein Bewusstsein bei Tätern geschaffen werden, was sie ihren Opfern und deren Angehörigen angetan haben. Das verlangt allen viel ab, zeigt aber wohl laut Forschung für beide Seiten befriedigende Resultate. Bisher ist man in der Wirklichkeit aber noch nicht so weit gegangen wie wir: In unserer Serie werden in einer fiktiven Stadt die Gefängnisse abgeschafft. Wir erforschen, was im positiven wie negativen Sinne passieren könnte.
Mit "Ghosts" und "Video Nasty" hat der WDR auch zwei neue Comedy-Serien am Start. Was können Sie uns dazu verraten?
Frank Tönsmann: "Ghosts" hat seine Wurzeln in einer klassischen Sitcom, ist aber nicht im Studio erzählt, sondern szenisch vor Ort. Es ist das Remake einer erfolgreichen BBC-Serie, die auch in den USA schon ein Remake hat. Es geht um ein junges Paar, das ein altes Herrenhaus erbt und zu einem Hotel umgestalten will. Dabei stehen ihnen die Geister im Weg, die in diesem Gemäuer hausen, alles Typen, die aus verschiedenen Zeitaltern kommen. Das macht großen Spaß, auch wegen des hochkarätigen Casts: Unter anderem spielen Meltem Kaptan und Max Giermann mit. Und "Video Nasty" ist eine Horror-Comedy, erzählt im Geiste einer "Coming of Age"-Geschichte. Es geht um zwei Teenager, die im Irland der 80er Jahre auf der Jagd nach als jugendgefährdend indizierten Horror-Videos sind. Das ist eine sehr vergnüglich erzählte Reise mit komödiantisch überhöhten Horrorelementen.
Sieben Serien-Produktionen und Talkgäste wurden im Rahmen eines WDR Show Case vorgestellt, hier die Comedy-Serie "Video Nasty" des WDR, die vorrangig in der Mediathek zu sehen sein wird.
"Video Nasty" wird ausschließlich in der Mediathek zu sehen sein?
Frank Tönsmann: Vorrangig. Bisher haben wir aber alle Serien, die wir für die Mediathek produziert haben, zu einem geeigneten Zeitpunkt auch linear bei ONE oder im Ersten gesendet.
Welche Rolle spielt das lineare Fernsehen überhaupt noch als Ausspielweg für Serien angesichts der Konkurrenz von Streamingdiensten?
Frank Tönsmann: Wenn wir in 20 Jahren noch ein Publikum haben wollen, ist es eine Notwendigkeit, dass wir prioritär für die Mediathek produzieren. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt das lineare Fernsehen völlig außen vor lassen. Das wäre fahrlässig, denn die Einschaltquoten sind immer noch relevant.
Was muss man bedenken, wenn man für die Mediathek produziert?
Frank Tönsmann: Diese Welt ist deutlich härter. Man muss das Publikum schneller in die Geschichte reinholen, um es zu halten. Das Mediatheken-Publikum interessiert sich auch für andere Stoffe, das Unterhaltungsversprechen ist hier nochmal wichtiger.
Gibt es eigentlich klare Trends im Serien-Bereich?
Frank Tönsmann: Das kann man nicht so einfach benennen, weil wir ja mit großem Vorlauf produzieren. Insofern ist das, was wir heute als Trend wahrnehmen, ja eine Entscheidung von vor drei oder vier Jahren. Die Gemeinsamkeiten der letzten Zeit sind aber, dass wir nicht mehr unbedingt den alten Genre-Mustern und Konventionen gehorchen. Man kann nicht mehr so scharf unterscheiden: Das ist eine Thriller-Serie, das ist ein Komödie, das ist eine Sitcom … Stattdessen steht nun das Bedürfnis im Vordergrund, in eine Welt einzutauchen, die man erkunden und innerhalb derer man die Einhaltung oder Nichteinhaltung von Konventionen entdecken kann. Das zeichnet die unterschiedlichsten modernen Serien aus.
Herr Tönsmann, welche Serien haben Sie nachhaltig vom Hocker gerissen?
Frank Tönsmann: Das sind "Twin Peaks" und "ER – Emergency Room". Erstere hat mir die Augen geöffnet, was im Serienbereich alles so möglich ist und wie unterhaltsam und seltsam man zugleich sein kann. Zweitere lässt mich vor allem als Macher immer wieder staunen, auf welch hohem Professionalitäts-Level man 15 Jahre lang Unterhaltung und Emotionalität zeigen kann.