Frau Döpp, Sie haben zum 1. Oktober die Leitung der AGG-Beschwerdestelle im WDR übernommen. Ist das eine Aufgabe, auf die man sich freut?
Suska Döpp: Aber ja! Absolut! Denn es geht um die Frage, wie wir miteinander arbeiten und umgehen. Es geht um gegenseitige Achtung und Respekt! Natürlich behandelt die Beschwerdestelle Vorgänge, die sehr belastend und unangenehm sind. Da geht es um Fälle von Kolleg:innen, die sexualisierte Grenzüberschreitungen oder gar sexuelle Gewalt erfahren mussten. Und um Rassismus, um Behindertenfeindlichkeit, um Altersdiskriminierung oder Queerfeindlichkeit, um Machtmissbrauch und Mobbing.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zum Beispiel haben neun Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland in den letzten drei Jahren erlebt. Das zeigt eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Und – da müssen wir realistisch sein – all diese Dinge passieren auch im WDR.
Die gute Nachricht ist: Wir haben seit Beginn diesen Jahres eine aktualisierte Dienstvereinbarung die Betroffenen und Beschuldigten ein transparentes Verfahren aufzeigt und klar macht, an wen sich Betroffene wenden können.
Diese Dienstvereinbarung sollten also alle Mitarbeiter:innen kennen?
Suska Döpp: Genau! "Dienstvereinbarung" hört sich erstmal sehr technokratisch an – aber es ist tatsächlich interessanter Lesestoff.
Das ganze Thema ist sehr komplex – es gibt viele Grauzonen und Unsicherheiten. Ganz ehrlich: Wer weiß schon ganz genau, wie er reagieren soll, wenn er das Gefühl hat, dass eine persönliche Grenze überschritten wird? Da fragt man sich ja leicht: "Hat der/die das jetzt echt gesagt?" oder: "Bin ich zu empfindlich?". Aber klar ist: Im WDR müssen alle Mitarbeiter:innen sicher sein und sie müssen sich sicher fühlen. Wir müssen also offen über diese Themen reden und Schulungen für Mitarbeitende und Führungskräfte anbieten.
Was können Mitarbeitende tun, wenn sich sexuell belästigt fühlen, oder denken, dass sie Opfer von Diskriminierung, Machtmissbrauch oder Mobbing sind?
Suska Döpp: Es gibt verschiedene Anlaufstellen, um so eine Beschwerde einzubringen bzw. sich erst mal beraten zu lassen. Das mag auf den ersten Blick unübersichtlich wirken – aber es ist wirklich wichtig, eine Wahl zu haben: Schließlich geht es um sehr persönliche und teilweise intime Dinge. Da möchte man sich ja aussuchen können, mit wem man spricht.
Neben den direkten Vorgesetzten und den Mitgliedern des Personalrats sind mögliche Kontaktstellen die Beauftragte für Gleichstellung, die Personalabteilung, die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) sowie die Schwerbehindertenvertretung (SBV). Außerdem haben wir eine externe Beratungsstelle.
Die Bearbeitung des formellen Beschwerdeverfahrens liegt dann aber bei der AGG-Beschwerdestelle, also bei mir.
Ganz wichtig: Jede Beschwerde oder Mitteilung wird vertraulich behandelt. Namen dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Beschwerde führenden Person genannt werden. Den Beschwerdeführer:innen darf kein Nachteil entstehen. Und natürlich haben auch die Beschuldigten einen Anspruch auf den Schutz ihrer Daten und ihrer Persönlichkeitsrechte.
Und was ist an Schulungen und Prävention geplant?
Suska Döpp: Im Umgang mit dem Thema sexuelle Belästigung und sexuelle Gewalt sind alle Führungskräfte und auch viele Mitarbeitende geschult. Aber wir wollen das sehr ausweiten. Im Moment arbeiten wir an neuen Modulen für webbasierte Schulungen von Mitarbeiter:innen und Führungskräften, die sehr bald online gehen werden. Ich spreche von "wir", weil diese Initiative von vielen Menschen im WDR getragen wird. Da ziehen AGG-Beschwerdestelle, HA Personal, der Personalrat, die Beauftragte für Gleichstellung und Diversity of People und Aus- und Fortbildung und das Team Unternehmenskultur an einem Strang und es gibt schon viele Initiativen. Die Beauftragte für Gleichstellung besucht zum Beispiel regelmäßig auch die neuen Auszubildenden, Trainees und Volos.
Ich möchte gemeinsam mit diesem Netzwerk von Kolleginnen und Kollegen ein Bewusstsein für das Thema im ganzen WDR schärfen – und natürlich auch für alle Fälle von Diskriminierung und für Machtmissbrauch und Mobbing.
Das Ziel ist auf jeden Fall ganz klar: Respekt!