"Gut für Menschen aller Geschlechter"
Stand: 04.10.2023, 10:00 Uhr
Die gute Nachricht: Im WDR gibt es immer mehr Frauen in Führungspositionen. Jedoch fehlen Bewerberinnen bei offenen Stellen in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. Der Gleichstellungsbericht 2022 dokumentiert, wie es um Gleichstellung von Männern und Frauen im WDR steht, und wurde nun vom Rundfunkrat behandelt.
Fünf Frauen und zwei Männer bilden aktuell die Geschäftsleitung des WDR. Mit Dominique Hoffmann leitet nun erstmals eine Direktorin die DPT. Aus Sicht von Britta Frielingsdorf, der Beauftragten für Gleichstellung und Diversity of People, ein Erfolg: „Dann sind jetzt mal mehr Frauen in der Geschäftsleitung. Wir kommen aus einer Tradition, in der es über Jahrzehnte völlig normal war, dass Männer in solchen Positionen waren. Für Gleichstellung wie für Diversity insgesamt gilt: Die Mischung macht’s.“
Der Gleichstellungsbericht zeige, dass nach wie vor viel zu tun sei: „Es gibt viele Bereiche im WDR, in denen Frauen unterrepräsentiert sind.“ Dazu gehörten 2022 weite Teile der Direktion Produktion und Technik sowie einige Bereiche der Verwaltungsdirektion und einzelne Redaktionen in den Direktionen IFU und NWK, auch wenn dort insgesamt mehr Frauen als Männer beschäftigt sind. In der Direktion Produktion und Technik liegt der Frauenanteil mit 33,3 Prozent deutlich niedriger. Das Ziel ist für Britta Frielingsdorf klar: „In den Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, müssen wir diese Unterrepräsentanz aufheben. Das will schon das Landesgleichstellungsgesetz.“
Doch oft scheitert die Stellenbesetzung mit Frauen schon an der Bewerbungslage. Wenn in Bereichen, in denen wenig bis keine Frauen arbeiten, Stellen intern ausgeschrieben werden, bewerben sich häufig ausschließlich Männer. Das war 2022 in 72 Verfahren der Fall (2021: 50). Von den wenigen Frauen, die in diesen Bereichen arbeiten, bewirbt sich nur ein geringer Anteil auf offene Stellen, da naturgemäß nicht alle ihre Stellen wechseln möchten. „So wird der Pool an potenziellen Bewerberinnen im WDR hier immer kleiner“, sagt Britta Frielingsdorf. „Wir müssen also mehr Frauen von außen in den WDR holen.“ Beim Recruiting müsse die Attraktivität des Arbeitgebers WDR noch stärker herausgestellt werden, z. B. in Sachen Familienfreundlichkeit. Darüber hinaus brauche es intensive Zusammenarbeit mit Schulen, Ausbildungseinrichtungen und Hochschulen.
Das Durchschnittsalter im WDR lag 2022 bei 49,9 Jahren. Männliche Beschäftigte waren durchschnittlich 50,3 Jahre alt, weibliche 49,5. Fast ein Fünftel aller Festangestellten war laut Gleichstellungsbericht 2022 60 Jahre und älter. Damit werden viele erfahrene Mitarbeitende demnächst in den Ruhestand gehen. „Es ergeben sich viele Chancen, diverses Personal zu rekrutieren“, so die Gleichstellungsbeauftragte.
Der Gleichstellungsbericht verzeichnet mit 49,6 Prozent aller Beschäftigten den höchsten Frauenanteil in der Geschichte des WDR. Der Anteil an Frauen in Führungspositionen ist im WDR 2022 leicht gestiegen (2021: 43,5 Prozent). Einen Schwerpunkt sieht Britta Frielingsdorf im Thema „Führen in Teilzeit“, das durch die Justitiarinnen im Top-Sharing-Tandem auf Geschäftsleitungsebene angekommen ist. „Die Tandems werden mehr – das ist eine gute Entwicklung für Menschen aller Geschlechter, denn sie kommt allen entgegen, die in Teilzeit führen möchten.“ Fünf Top-Sharing-Tandems gab es 2022 im WDR, außerdem zehn Personen, die mit 30 Stunden und mehr in vollzeitnahen Führungspositionen arbeiten. Hier fordert die Gleichstellungsbeauftragte mehr Unterstützung: „Entscheider:innen sollten ihre Bedenken über Bord werfen, wenn sich Personen melden, die in Teilzeit führen möchten. Wir müssen ein neues Verständnis von Führung schaffen, zum Beispiel in dem wir alle Führungspositionen teilzeitfähig machen. Das geht!“
„Equal Pay im WDR“ und die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf sind weitere Themen des Gleichstellungsberichts 2022, der auch die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragen und ihres Teams dokumentiert. Dazu gehören u.a. das Herbsttreffen der Medienfrauen oder das WDR-Mentoring für Frauen mit Führungsambitionen. Erstmals analysiert der Gleichstellungsbericht 2022 die Zahl der Neueinstellungen. Das erfolgte vorher nicht aufgrund des Stellenabbaus in den vergangenen Jahren. 54,5 Prozent der Neueinstellungen waren 2022 Frauen, davon entfielen 43 Prozent auf die höheren Vergütungsgruppen. Ein Blick auf die Altersstruktur zeigt: Der WDR stellte deutlich mehr Frauen im Alter unter 30 und über 50 Jahre ein. In der sogenannten „Familienphase“ zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr war es 2022 umgekehrt. Ob dies ein einmaliges Phänomen war, gelte es nun zu beobachten.
Für die Zukunft der Gleichstellung hat Britta Frielingsdorf eine klare Botschaft: „Wir dürfen das Erreichte nicht als gesichert betrachten! Gerade die nachkommenden Generationen müssen wir dafür sensibilisieren. Das hilft auch gegen den Fachkräftemangel, weil Gleichstellung und Diversity unsere Arbeitgebermarke stärken.“