"Dieser Mann war immer Pionier"

Stand: 03.04.2017, 16:35 Uhr

Wertebeständigkeit, Weitsicht, Willensstärke: Drei von vielen Eigenschaften, die das Berufsleben des früheren WDR-Hörfunk-Chefredakteurs Dieter Thoma bestimmten. Er hält sie noch heute aufrecht – auch als 90-Jähriger, der in der Kölner "Residenz am Dom"  mit seinem nahezu ungebremsten Lebenswillen gesundheitlichen Einschränkungen trotzt. 

Von Thomas Nehls

Dieter Thoma entgeht nach wie vor kaum etwas. Und den 1992 beim WDR nach 29 Jahren (davon 14 als Hörfunk-Chefredakteur) ausgeschiedenen gebürtigen Paderborner, der in Arnsberg aufgewachsen ist,  interessiert anhaltend viel. Von der politischen Lage in Deutschland und der Welt über die Veränderungen im Westdeutschen Rundfunk bis hin zum Wintersport, dem er stundenlang im Fernsehen zu folgen vermag. Bisweilen bittet er ehemalige Kolleginnen und Kollegen sozusagen "zum Diktat" am Computer, um seine Gedanken bündeln und dann weiterreichen zu lassen. Die Sorge um Europa und auch die angesichts der Spaltung der deutschen Gesellschaft treiben den Altersjubilar um. Darüber spricht er, wenn er Besuch bekommt – von Sohn Oliver, der früheren WDR-Redakteurin Gudrun Schmidt und Nurit Seewi aus den Reihen von WDR 2, dem Sender, um den sich Dieter Thoma einst vor allem gekümmert hat.

Dort begann er 1963 als Nachfolger von Gerd Ruge und wurde Aktuell-Chef, erfand das »Mittagsmagazin«, entwickelte andere ähnliche Sendungen und gab den Weg frei für das legendäre »ZeitZeichen«. 1970 reiste Thoma zur Fußball-WM nach Mexiko – als erster Reporter, der kein reiner Sportjournalist war.

Von 1976 bis 1983 saß er zusammen mit Alfred Biolek auf dem Sofa beim  »Kölner Treff«, zehn Jahre später moderierte er den sonntäglichen »Presseclub«. Bescheiden sagte er freilich auch: "Beim Fernsehen läuft man Gefahr, das Missverständnis zwischen Popularität und Bedeutung zu übersehen."

Dieter Thoma und Alfred Biolek sitzen nebeneinander auf einem Sofa

Dieter Thoma und Alfred Biolek auf dem Sofa beim "Kölner Treff"

So geraten war auch sein liberaler Führungsstil: Fair, fordernd und verständnisvoll ging er mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um. Diese Erinnerungen und die an Begegnungen mit der politischen Prominenz früherer Jahre lässt Dieter Thoma gerne aufleben. Ab und an hat der Autor mehrerer  Witze-Bücher (u.a. "Ganz Deutschland lacht!" und "Kennen Sie den?") Kostproben parat – Aphorismen, Sprüche, stets Nachdenkliches, über das sich auch schmunzeln lässt.

Moderiert am 18.07.1968 das 1000. Mittagsmagazin

Dieter Thoma moderiert das 1000. Mittagsmagazin (1968)

Als er 1992 pensioniert wurde, hat er in seiner denkwürdigen Abschiedsrede zehn Regeln vermittelt. Zwei Beispiele:

  • 4. "Wer Dienstanweisungen nicht kennt, bringt sich um das Vergnügen, gegen sie zu verstoßen."
  • 7. "Der Stress von heute ist die gute alte Zeit von morgen."

Ein PRINT-Artikel von Thomas Nehls