Im leeren Bienenstock mit dem WDR 2 - Logo brennt rotes Licht. Daneben liegen mehrere Gopros, kleine Digitalkameras, wie sie beispielsweise Sportler am Helm befestigen. Die Aufgabe für das vierköpfige Team der Abteilung Kamera und Ton lautet, aus einem Bienenstock eine Art Big- Brother-Haus für Hautflügler zu machen. Im besten Fall gelingt es den beiden Kameramännern Axel Weber und Michael Weidler sogar, eine 360°-Kamera zu installieren. "Das wäre dann eine Weltpremiere", sagt Thomas Hallet, Projektleiter von "Bienen live" aus dem Programmbereich Internet.
Das rote Licht wird die Bienen nicht stören, diese Wellenlänge können sie nicht wahrnehmen. Ein Problem ist bislang nicht gelöst: Bienen überziehen alles in ihrem Stock mit einem Harzsekret, die Linsen und eventuelle Fenster, durch die hindurch gefilmt wird, müssen so montiert werden, dass man sie regelmäßig reinigen kann.
Wer wird bienenfreundliche Schule?
Insgesamt drei Bienenstöcke wird WDR 2 in Kooperation mit den Kollegen vom Programmbereich Internet und "Planet Schule" ab April beobachten. Für das WDR 2-Bienenvolk übernimmt eine Grundschulklasse im ostwestfälischen Lage die Patenschaft. Unterstützt wird sie dabei von dem erfahrenen Hobby-Imker Christian Strulik. Zusätzlich werden die Bienenvölker eines 17-jährigen Jungimkers in Witten und einer Imkerin in Köln mit modernster Technik ausgerüstet.
"Planet Schule" vergibt das Siegel "Bienenfreundliche Schule" und nimmt ab 4. April Bewerbungen entgegen. Schulen, die eine Bienen AG anbieten oder insektenfreundliche Blumenwiesen anlegen, können sich melden.
Unter dem Titel »Bienen live« wird WDR 2 ein Bienenjahr lang – also etwa vom ersten Ausflug zu den Blüten bis zur letzten Honigernte – über die drei Völker berichten und die Einblicke um viele Tipps und Infos rund um das spannende Thema ergänzen. "Wir wollen unterhaltsam und informativ auf Probleme wie das Bienensterben aufmerksam machen", so WDR 2-Redakteur Marc Saha. "In der Kick-off-Woche ab 4. April werden wir auch darüber sprechen, wie gefährlich Bienenstiche sind, wie man guten Honig erkennt und welcher Honig gesund ist." Alle Bienenfans können aber auch selbst aktiv werden. WDR 2 verschickt an Schulen und andere Interessierte Saatgut speziell für Bienenweiden. So wird die Schulhofwiese zum eigenen Beobachtungsposten.
WDR 2 - Kollege Ali Akinci, im Sender für das Projekt verantwortlich, hat selber fünf Jahre lang als Hobby-Imker Bienenvölker in Düsseldorf betreut. Er koordiniert die Aktion für das Radio und plant einen großen Thementag am 30. Mai. Im Herbst kürt WDR 2 dann das Volk, das am meisten Honig gesammelt hat und klärt die Frage, was besser schmeckt, "Stadthonig" oder "Landhonig". Akinci: "Der Wettbewerbsfaktor ist ein spielerischer Ansatz um zu schauen, welche Einflüsse sich in welchem Maße auf die Völker auswirken."
Dabei setzt der WDR eine neue Methode ein: den Sensor-Journalismus. "Ein Bienenstock ist eine Blackbox. Man weiß nicht, was darin vorgeht, was die einzelnen Bienen jeden Tag machen", sagt Dr. Jakob Vicari. Der Wissenschaftsjournalist ist Sensor-Spezialist und wird den drei Stöcken mit seiner Technik zahlreiche Informationen entlocken. "Das ist meines Wissens das erste Mal, dass Journalisten versuchen, einen so tiefen Einblick in einen Bienenstock zu erhalten", sagt er.
Eine Waage wird alle zwei Stunden das Gesamtgewicht des Stocks ins Internet schicken, Temperaturfühler im Inneren geben Auskunft über den Gesundheitszustand des Superorganismus, der aus tausenden von Tieren besteht. Wind- und Regensensoren außen verraten, bei welchem Wetter die Bienen lieber zu Hause bleiben.
Tweets von der Königin
Die Daten werden auf der Website teils in Kurvendiagrammen dargestellt, teils als "Tweets von der Königin" in automatisch generierte Texte übersetzt. Zwischendurch vergleicht Vicari die Daten der drei Stöcke und erklärt in einem Newsletter besondere Ereignisse. Die externe Website bienenlive. wdr.de, auf der alle Bilder und Informationen bereitgestellt werden, betreut Thomas Hallet, der vor zwei Jahren das erfolgreiche und preisgekrönte Sensor-Projekt »Die Superkühe « entwickelte. Auch das WDR Fernsehen wird mit der Unterstützung der Kollegen Michael Herbst und Frank Schützeichel aus der Abteilung Kamera und Ton Zugriff auf Live-Bilder aus dem Bienenstock bekommen.
Sogar einzelne Starts und Landungen können die Sensoren erfassen. In die acht Ein- und Ausgänge werden je zwei Lichtschranken eingebaut, die melden, in welche Richtung die Tiere fliegen. "So kann man beispielsweise abends feststellen, wie viele Bienen den Tag über verloren gegangen und zu Vogelfutter geworden sind", sagt Vicari. In einem zweiten Schritt sollen sogar einzelne Bienen mit einer Art QR-Code ausgestattet und überwacht werden. So wird endlich die Frage beantwortet, ob alle Bienen fleißig sind.