Die Bauten des WDR

Die Platznöte des Westdeutschen Rundfunks zu Beginn der 50er Jahren hatten eine räumliche Ausdehnung bis Mitte der 80er Jahre zur Folge.

Vierscheibenhaus

Die Platznöte des Westdeutschen Rundfunks zu Beginn der 50er Jahren hatten eine räumliche Ausdehnung zur Folge. Diese konkretisierte sich von der Mitte der 50er bis zur Mitte der 80er Jahre in einer Vielzahl unterschiedliche großer Projekte, die neben dem Gründungsbau am Wallrafplatz das architektonische "Image" des Sender in weiten Teilen der Öffentlichkeit bis heute prägen.
Bild: Das Vierscheibenhaus am Appellhofplatz in Köln.

Die Platznöte des Westdeutschen Rundfunks zu Beginn der 50er Jahren hatten eine räumliche Ausdehnung zur Folge. Diese konkretisierte sich von der Mitte der 50er bis zur Mitte der 80er Jahre in einer Vielzahl unterschiedliche großer Projekte, die neben dem Gründungsbau am Wallrafplatz das architektonische "Image" des Sender in weiten Teilen der Öffentlichkeit bis heute prägen.
Bild: Das Vierscheibenhaus am Appellhofplatz in Köln.

In der Presse war angesichts der weit greifenden Baupläne, die Funkhaus-Architekt Friedrich Schneider bereits 1957 vorlegte, von einer "Radio-City gleich neben dem Kölner Dom" die Rede, als "Ausdruck einer gegenüber früher gewachsenen Fernsehfreudigkeit des WDR".
Der Baubeginn des neuen Fernsehstudio-Gebäudes "An der Rechtschule" (Bild) datiert ins Jahr 1959, die Inbetriebnahme erfolgte 1965. Der die Blockstruktur im Anschluss ans Funkhaus konsequent fortführende, ästhetisch gelungene Bau, bei dessen Realisierung viel römisches Köln zutage trat, erregte zumal wegen seiner damals modernsten Technikeinrichtungen sowie tief in den Untergrund reichenden Raumkapazitäten Staunen.

Die Fassadenästhetik überzeugt in ihrer dezenten, die technischen Qualitäten nicht verleugnenden Eleganz heute noch ebenso wie vor 50 Jahren. Über dem Erdgeschosssockel, den ein 98 Meter langes und vier Meter hohes Feld aus blendend weißem ägäischen Marmor mit abstrakten Flachreliefs des Berliner Bildhauers Karl Hartung schmückt, folgen vier mit Aluminium und Glas verkleidete Obergeschosse.

Im Oktober 1965 wurde das 56 Meter hohe, 48 Meter breite und 16 Meter tiefe Büro-/Archivhaus begonnen, das im Mai 1968 bezogen werden konnte und für dessen stämmig-rotgesichtigen Auftritt nun das Kölner Architektengespann Paul Doetsch und Johann-Herbert Klaucke verantwortlich war.

Nachdem der Vorschlag für ein Hochhaus neben der Nord-Süd-Fahrt im Stadtrat scheiterte, stellte Intendant Klaus von Bismarck die Pläne für den "Vierscheiben"-Verwaltungskomplex vor. Er selbst hatte zuvor das Hochhaus favorisiert.

Baubeginn des Vierscheibenhauses war der 1. Dezember 1966, seine Fertigstellung erfolgte stufenweise von 1969 bis 1970, dem Jahr der offiziellen Einweihung.
Bild: Richtfest am 8. August 1968.

Der das Quartier linear durchziehende und durchschneidende Bürobau stieß schon zur Bauzeit auf ein unterschiedliches Echo aus der Öffentlichkeit. Er erreicht von Ost nach West eine Gesamtlänge von 165 Metern und steigt teils bis zu sechs, teils bis zu neun Geschossen (33m) an.

Ungewohnt weit und weltläufig transparent wirkte lange Zeit die großzügige Empfangshalle im Erdgeschoss.

Die Verkleidung des lang gestreckten Gebäudes erfolgte seinerzeit mit weißen Kunststeinplatten - genormten Fertigelementen, deren vergleichsweise ruppig wirkendes und darin jedenfalls für die Entstehungszeit authentisches Erscheinungsbild erst vor wenigen Jahren einer Glashaut gewichen ist.

Das "Filmhaus" konnte - als Baugelenk zwischen Archivhaus und Vierscheibenhaus - nach dreijähriger Bauzeit 1974 bezogen werden.

Den Endpunkt der eigentlichen Bautätigkeit des Senders in der Kölner Innenstadt bis 1985 setzte das Reichardhaus schräg gegenüber der Dom-Westfassade. Die aus dem Jahr 1902 stammende Gründerzeitfassade konnte nach harten Auseinandersetzungen gerettet werden.

Erste Spatenstiche zwecks zusätzlicher Raumkapazitäten erfolgten eingangs der 60er Jahre auch auf der "grünen Wiese" - einem in Köln-Bocklemünd zu diesem Zweck erworbenen Ausweichgelände. Dort entstanden rasch Bauten für den Fernseh-Ausstattungsbetrieb, eine Fundushalle, Produktionshallen und diverse Dienstwohnungen. Ebenfalls hier entstand das neue GEZ-Gebäude.

Bau der Produktionsstätte für die "Lindenstraße".

Neben der Senderzentrale und dem Satelliten in Bocklemünd entstanden in NRW zahlreiche WDR-Landesstudios sowie darüber hinaus eine größere Anzahl von Auslandsstudios.
Bild: Studio Dortmund, Baubeginn 1968, Inbetriebnahme 1970.

Trotz der massiven Bautätigkeit des Senders in den beiden Jahrzehnten zuvor war der Raumbedarf des WDR Mitte der 80er Jahre noch keineswegs gedeckt. Wiederum konzentrierten sich Bautätigkeit und Pläne auf die Kölner Innenstadt im unmittelbaren Umkreis der Keimzelle des WDR. Aber auch Neubauten verschiedener Landesstudios, vor allem in Düsseldorf, prägen die Entwicklung - eine Phase der Arrondierung und Konsolidierung.
Bild: WDR Arkaden, Süd-West-Fassade, 2005.

Bei den umfangreichen Sanierungsarbeiten am und im Funkhaus am Wallrafplatz sollte der Denkmalschutz eine wichtige Rolle spielen, denn es ging darum, in einem überaus komplizierten und auch kostentreibenden bautechnischen Verfahren die wesentlichen Elemente dieser 50er Jahre-Architektur zumal auch im Inneren zu erhalten und dennoch den mittlerweile vollkommen veränderten technischen Standards und akustischen Bedürfnissen der 80er Jahre optimal anzupassen.
Bild: Auch im renovierten Funkhaus blieb der Paternoster erhalten.

Mit dem glänzend erneuerten Funkhaus, das auf beispielhafte Weise Respekt vor denkmalpflegerischen Belangen bezeugt, erwarb sich der Sender hohe Anerkennung.
Bild: Das Funkhaus am Wallrafplatz nach der Renovierung, 1995.

Neben einigen Außenbereichen konzentrierten sich die Neuerungsarbeiten auf das Innere: Dabei durfte die "prägende gestalterische Aussage von Sendesälen, Foyers und Treppenhäusern keinesfalls in Mitleidenschaft gezogen werden", so der ehemalige Hörfunkdirektor Manfred Jenke.
Bild: Blick ins Foyer, 2004.

1996, als die WDR-Kantine vom Funkhaus in den Neubau der WDR-Arkaden an der Nord-Süd-Fahrt wechseln konnte, wurde am Wallrafplatz das neue "Campi im Funkhaus" eröffnet, am Ort der früheren WDR-Teestube, deren liebenswürdige denkmalwerte Substanz erhalten blieb.

Die Planungen für die WDR-Arkaden hatten bereits 1988 begonnen und der Neubau wurde neun Jahre später eröffnet. Der weithin verglaste, in jeder Hinsicht asymmetrisch gefügte und durch unterschiedliche Höhenentwicklungen nach den vier ihn umgebenen Straßen gekennzeichnete Baukörper zieht öffentlichen Raum in Gestalt eines Passagensystems mit zentralen Lichthof nebst Böhm'scher Brunnenskulptur nach innen.

Am 9. Dezember 1991 konnte nach einer Planungs- und Bauzeit von neun Jahren erstmals aus dem damals nagelneuen Funkhaus Düsseldorf im alten Hafenbereich neben Landtag und Fernmeldeturm gesendet werden. Es handelte sich dabei um den zweifellos wichtigsten Neubau des WDR außerhalb Kölns.
Massive und filigranere Elemente, Introvertiertheit und Extrovertiertheit bestimmen das Bild des mit 43 Tiefankern gegen Hochwasser gesicherten Baus, erdacht vom Architektenbüro Christoph und Brigitte Parade.

1997 konnte der WDR auf seinem Studiogelände in Bocklemünd zwei weitere neue Fernsehstudios in Betrieb nehmen. Sie sind jeweils für 750 und 250 Besucher, mithin für größere beziehungsweise große Shows ausgelegt, und entlasten so die WDR-City in der Kölner Innenstadt.

Im Jahr 2000 kündigte der Sender die Sanierung seines damals bereits 31 Jahre alten Vierscheibenhauses an. Die alte Fassade aus weißen Werksteinplatten wurde komplett demontiert und durch eine vorgehängte, grünlich schimmernde Glashaut ersetzt. Das neue Habit sorgt für verbesserten Wärme- und Lärmschutz, gibt den Büros infolge vergrößerter Fensterflächen mehr Licht und spart Energiekosten ein.

Das WDR-Besucherzentrum in den Arkaden, 2005.

Stand: 07.10.2015, 12:11 Uhr