Stichtag

15. November 1864 - General Sherman lässt Atlanta niederbrennen

Für Film-Fans ist es einer der unvergesslichen Momente in "Vom Winde verweht": Rhett Buttler rettet Scarlett O'Hara in letzter Minute aus dem Flammenmeer in Atlanta. Den verheerenden Brand der Südstaatenmetropole hat Margaret Mitchell, die Autorin des legendären Bürgerkriegs-Epos, nicht erfunden. Im November 1864 lässt William T. Sherman, General der Union im Sezessionskrieg, Atlanta bis auf die Grundmauern niederbrennen.

Kriegsziel: Bedingungslose Kapitulation

Drei Jahre schon dauert der Krieg der Nordstaaten gegen die Konföderierten, die sich von der Union losgesagt haben. Ein schneller Feldzug sollte es werden, doch Anfang 1864 sind bereits zehntausende Soldaten tot und der Vormarsch der Nordstaaten kommt nicht voran. Oberbefehlshaber Ulysses S. Grant steckt mit seinen Truppen vor St. Petersburg in Virginia fest. Präsident Abraham Lincoln kann nur auf einen Erfolg im Westen hoffen, wo General William Tecumseh Sherman seit Wochen Atlanta belagert. Am 2. September 1864 endlich können seine Truppen den wichtigsten Eisenbahnknotenpunkt der Südstaaten einnehmen. Ganz Georgia liegt nun schutzlos vor ihm.

Shermans Durchbruch bewahrt den Präsidenten vor der drohenden Abwahl. Am 8. November wird der Sklaverei-Gegner Lincoln im Amt bestätigt, Friedensverhandlungen mit dem Süden stehen nicht mehr zu Debatte, nur noch die bedingungslose Kapitulation. Für General Sherman bedeutet das, "die Rebellen niederzuwerfen, sie zu demütigen … und in Angst und Schrecken zu versetzen. Krieg ist grausam. Es ist sinnlos ihn reformieren zu wollen. Je grausamer er ist, desto früher ist er zu Ende." War es bislang ein Krieg der Soldaten, beginnt Sherman in Georgia nun einen rücksichtslosen Feldzug gegen die Zivilbevölkerung.

Shermans "Marsch zum Meer"

Mit Atlanta macht er den Anfang. Eine Woche nach seinem Einmarsch ordnet der General die Evakuierung der Stadt an. Dann setzt er seine 62.000 Mann in Bewegung, 460 Kilometer quer durch Feindesland. Shermans Ziel ist Savannah an der Atlantikküste: "Ich will in die innersten Eingeweide der Konföderation vordringen und beabsichtige, dabei eine Spur zu ziehen, die noch in 50 Jahren zu sehen sein wird." Um dem Feind keine Basis in seinem Rücken zu überlassen, befiehlt der General am 15. November 1864, das bereits geplünderte Atlanta durch eine Feuersbrunst völlig auszuradieren.

In zwei Kolonnen marschieren seine Truppen Richtung Meer und ziehen einen hundert Kilometer breiten Streifen der Verwüstung durch Georgia. Das Leben der Zivilisten wird meist geschont, Felder und Häuser aber zerstört, das Vieh und alle Nahrungsvorräte geraubt. Der Terror der verbrannten Erde zeigt Wirkung. Durch eine Seeblockade des Nordens von jeder Versorgung abgeschnitten, fehlt es dem Süden bald an allem. Tausende konföderierte Soldaten desertieren, um ihren hungernden Familien beizustehen. Am 21. Dezember 1864 ziehen die Unionstruppen kampflos in Savannah ein.

Shermans zerstörerischer "Marsch zum Meer" bringt die erhoffte Entscheidung im Amerikanischen Bürgerkrieg. Dreieinhalb Monate später unterzeichnet Robert E. Lee, Oberbefehlshaber der Südstaaten, die Kapitulation. Sein Bezwinger William T. Sherman kehrt als Triumphator nach Washington zurück. Die Untaten seiner Armee aber haben dem Norden viele Menschen in Georgia, besonders in Atlanta, bis heute nicht verziehen.

Stand: 15.11.2014

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