Nico Schlotterbeck im Nationaltrikot

Nico Schlotterbeck - als Innenverteidiger für die Zukunft erstmal Bankdrücker

Stand: 11.06.2024, 12:27 Uhr

Bei Borussia Dortmund war Nico Schlotterbeck in der Abwehr über die ganze Saison gesetzt und trug mit starken Leistungen maßgeblich zum Einzug ins Champions-League-Finale bei. In der Nationalmannschaft muss er sich erstmal hinten anstellen.

Der im schwäbischen Waiblingen geborene Nico Schlotterbeck kommt aus einer Fußballer-Familie, die aufs Verteidigen spezialisiert ist. Mit seinem älteren Bruder Keven stand er gemeinsam in der Defensive des SC Freiburg, und auch deren Onkel Niels verteidigte in den 80er- und 90er-Jahren in der Fußball-Bundesliga.

In Hoffenheim fiel Schlotterbeck im Probetraining durch

Gibt es so etwas wie ein Verteidiger-Gen, dürfte es bei den Schlotterbecks zu finden sein. So weit wie Nico schaffte es bis dato aber keiner aus der Familie. Onkel Niels war einst Zweitliga-Meister, während Bruder Keven in dieser Saison beim Relegationsspektakel inklusive verwandelten Elfmeter gegen Fortuna Düsseldorf den Klassenerhalt des VfL Bochum sicherte.

EURO 2024: Diese Spieler aus NRW sind dabei

Bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli) sind in den endgültigen Kadern 19 Spieler aus Nordrhein-Westfalen dabei.

Bundestrainer Julian Nagelsmann hat den Dortmunder Emre Can für die EM nachnominiert.

Emre Can (Deutschland/Borussia Dortmund): Kurz vor dem EM-Start hat der Dortmunder Emre Can (30) doch noch den Sprung in den deutschen EM-Kader geschafft. Da Aleksandar Pavlovic (19/Bayern München), der zuletzt wegen eines Infekts im Trainingslager fehlte, für die Heim-EM komplett ausfällt, hat Bundestrainer Julian Nagelsmann Can nachnominiert. 

Emre Can (Deutschland/Borussia Dortmund): Kurz vor dem EM-Start hat der Dortmunder Emre Can (30) doch noch den Sprung in den deutschen EM-Kader geschafft. Da Aleksandar Pavlovic (19/Bayern München), der zuletzt wegen eines Infekts im Trainingslager fehlte, für die Heim-EM komplett ausfällt, hat Bundestrainer Julian Nagelsmann Can nachnominiert. 

Nico Schlotterbeck (Deutschland/Borussia Dortmund): Der Innenverteidiger von Borussia Dortmund zählt vom deutschen Kader bei der EM im eigenen Land und sprang in letzter Sekunde noch auf den EM-Zug auf. Er soll als Backup dem etablierten Verteidiger-Duo Konkurrenz machen.

Jonathan Tah (Deutschland/Bayer Leverkusen): Einer aus diesem etablierten Duo dürfte Jonathan Tah sein. Der Leverkusener spielte eine bärenstarke Saison und hat zusammen mit dem frischgebackenen Champions-League-Sieger Antonio Rüdiger von Real Madrid wohl die besten Startelf-Chancen im DFB-Team.

Robert Andrich (Deutschland/Bayer Leverkusen): Der Mann mit dem dichten Bart gilt als zweikampfstarker defensiver Mittelfeldspieler. Bei Leverkusen zeigte er seine Fähigkeiten vor allem in der Rückrunde. Er soll nun der Mann sein, der den deutschen Offensivkünstlern den Rücken freihält.

Florian Wirtz (Deutschland/Bayer Leverkusen): Rund einen Monat vor der EURO ist Wirtz gerade einmal 21 Jahre alt geworden - doch es soll seine EM werden. Längst hat er sich das Prädikat Weltklasse erarbeitet und wurde in der Bundesliga zum "Spieler der Saison" gewählt.

Niclas Füllkrug (Deutschland/Borussia Dortmund): "Lücke", wie Füllkrug aufgrund seiner Zahnlücke gerufen wird, gilt im deutschen Sturm als kopfball- und zweikampfstarke Alternative zu den sonst eher technisch versierten Nebenmännern. Seine Bilanz in 16 Länderspielen ist top: elf Tore und zwei Vorlagen.

Ian Maatsen (Niederlande/Borussia Dortmund): Abwehrspieler Ian Maatsen von Borussia Dortmund ist für das EM-Aufgebot der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft nachnominiert worden. Bondscoach Ronald Koeman reagierte damit auf die jüngsten Verletzungen im Oranje-Team. Nach Frenkie de Jong vom FC Barcelona musste auch Mittelfeldspieler Teun Koopmeiners (Atalanta Bergamo) für das Turnier passen.

Gregor Kobel (Schweiz/Borussia Dortmund): Eigentlich ist der BVB-Torwart einer der besten seiner Zunft - und muss doch bei der Schweiz hinten anstehen. Denn mit dem ehemaligen Bundesligaspieler Yann Sommer hat er große Konkurrenz. Sommer spielte bei seinem neuen Klub Inter Mailand eine Fabel-Saison. Ein Torwartproblem hat die Schweiz wohl eher nicht.

Nico Elvedi (Schweiz/Borussia Mönchengladbach): Auch in der Innenverteidigung der Eidgenossen findet sich etwas NRW wieder: Der Gladbacher Elvedi soll einen Part in der Innenverteidigung übernehmen. Neben ihm agiert übrigens ein Ex-Dortmunder mit Manuel Akanji.

Granit Xhaka (Schweiz/Bayer Leverkusen): Wie auch beim Deutschen Meister aus Leverkusen ist Xhaka im Mittelfeld der Schweizer nicht wegzudenken. Seine Ruhe, Spielübersicht und Erfahrung waren bereits für Bayer extrem wertvoll und sollen nun den Eidgenossen zu einem starken Turnier verhelfen.

Josip Stanisic (Kroatien/Bayer Leverkusen): Und noch ein Deutscher Meister, der wohl bei der EURO antreten darf. Stanisic hofft auf die Startelf bei Kroatien. Kurios: Während der noch laufenden EURO wird der Verteidiger wieder ein Münchner, denn seine Leihe läuft am 30. Juni aus. Ob er dann noch im Turnier dabei ist, bleibt abzuwarten.

Jeremie Frimpong (Niederlande/Bayer Leverkusen): Der Niederländer wird seit Wochen als einer der heißesten Wechselkandidaten gehandelt. Angeblich hat halb Europa Interesse am Flügelflitzer mit dem Bayer-Kreuz. Bei der EURO könnte sich Frimpong noch weiter in den Fokus spielen und seinen Preis in die Höhe treiben.

Donyell Malen (Niederlande/Borussia Dortmund): Wochenlang war Malen in der Rückrunde der formstärkste Dortmunder, dann zwangen ihn Oberschenkelprobleme zur Auszeit. Dennoch traf er immerhin 13-mal das Tor in dieser Saison. Es scheint, er wäre beim BVB richtig angekommen und konnte sich dort für die Niederlande empfehlen.

Max Wöber (Österreich/Borussia Mönchengladbach): Eigentlich sollte Max Wöber die Gladbacher Defensive stabilisieren, doch der Österreicher agierte zumindest unglücklich und hatte etwas Verletzungspech. Seine Leihe von Leeds United läuft Ende Juni aus - eine gute EM würde ihn aber wieder interessant für neue Arbeitgeber machen.

Marcel Sabitzer (Österreich/Borussia Dortmund): Am Anfang wurde der Mittelfeldspieler äußerst skeptisch begutachtet: Zu schwankend waren seine Leistungen beim BVB. Doch je länger die Spielzeit 23/24 dauerte, desto mehr steigerte sich Sabitzer und wurde zur absoluten Führungsfigur im Dortmunder Team. In der Form wie zuletzt beim BVB braucht ihn auch Österreich.

Salih Özcan (Türkei/Borussia Dortmund): Unter Sabitzers starken Leistungen litt zunehmend Özcan. Mit viel Vorschusslorbeeren vom 1. FC Köln gekommen, schaffte es der Deutsch-Türke nicht, sich einen Stammplatz in Dortmund zu erspielen. Ob das bei seinem Nationalteam anders wird?

Florian Kainz (Österreich/ 1. FC Köln): Dass Mittelfeldspieler Kainz den Sprung in den österreichischen EM-Kader schaffen würde, war nicht unbedingt abzusehen. MIt dem 1. FC Köln war er gerade aus der Bundesliga abgestiegen, auch für Kainz persönlich war es eine Saison mit viel Schatten. ÖFB-Trainer Ralf Rangnick interessierte das nicht und nahm den Kölner mit.

Matej Kovar (Tschechien/Bayer Leverkusen): Der Leverkusener "Pokaltorwart" schaffte es mit Bayer bis ins Europa-League-Finale und holte den DFB-Pokal. Kovar war eine mehr als solide Alternative zum Finnen Lukas Hradecky und hat sich seine EM-Teilnahme verdient.

Adam Hlozek (Tschechien/Bayer Leverkusen): Der Stürmer war für Leverkusen der perfekte Ergänzungsspieler. Kam er rein, sorgte er oft für Torgefahr. Dennoch beklagte sich Hlozek nie über seine Jokerrolle. Der Angrreifer ist noch jung und besitzt viel Potenzial. Er wird bei der EURO seine Chancen bekommen.

Patrik Schick (Tschechien/Bayer Leverkusen): Dass Hlozek nicht von Anfang an spielte, verdankte er unter anderem seinem Landsmann. Schick war lange verletzt, doch nach seinem Comeback schnell wieder bei alter Stärke. Er dürfte auch bei Tschechien Stürmer Nummer eins sein - mit dem jungen Herausforderer im Nacken.

Stammspieler bei einem Topklub wie Borussia Dortmund und Nationalspieler - das ist ein Novum. Dass so ein steiler Aufstieg auch Glückssache ist, weiß Niels Schlotterbeck, der in Weinstadt eine Fußballschule betreibt, und seinen Neffen bei diesem Aufstieg phasenweise begleitet hat. Bei einem Probetraining in Hoffenheim, sei Nico als Teenager "sang- und klanglos durchgerasselt", so der Onkel 2019 in einem Tagesspiegel-Interview.

Katrastrophale Turnier-Premiere bei WM in Katar

Dies könne an den "Nerven" gelegen haben. Ein Problem, das Nico Schlotterbeck fünf Jahre später nach 126 Spielen in der Bundesliga, 20 in der Champions League und zwölf im Nationaltrikot abgelegt haben dürfte. Davon jedenfalls ist Bundestrainer Julian Nagelsmann überzeugt: "Ich bin mir sehr sicher, dass er in Zukunft für die deutsche Nationalmannschaft enorm wichtig werden wird."

An ihm wird Fußball-Deutschland noch viel Spaß haben - ein großartiger Verteidiger. Mats Hummels über Nico Schlotterbeck

Sein Debüt hatte der 24-Jährige unter Hansi Flick gegeben, der ihn 2022 als Senkrechtstarter beim SC Freiburg ein Jahr nach dessen Triumph bei der U21-EM mit zur WM 2022 nach Katar genommen hatte. Dieses Turnier verlief für ihn so desaströs wie für den DFB insgesamt. Schlotterbeck begann in der Startelf, kam nach einem katastrophalen Auftritt gegen Japan (1:2) zu einem Kurzeinsatz gegen Spanien (1:1) und erlebte das vorzeitige Ausscheiden trotz des 4:2-Sieges gegen Costa Rica nur noch von der Bank.

Erneuter Rückschlag gegen Japan für Schlotterbeck

Zwei Jahre später ist aus dem Senkrechtstarter ein gereifter Bundesliga-Profi geworden, der bei dieser EM allerdings erstmal auf der Bank Platz nehmen muss. Schlotterbeck ist als Innenverteidiger die erste Alternative für Jonathan Tah (Bayer Leverkusen) und Antonio Rüdiger (Real Madrid). Hätte man ihm das jedoch nach dem 1:4 im Testspiel gegen Japan im vergangenen September gesagt, hätte er eventuell skeptisch reagiert.

Damals - noch unter Flick - hatte der 24-Jährige einen rabenschwarzen Tag erwischt und war unter anderem am Gegentor zum 0:1 maßgeblich beteiligt - dies allerdings in der ungewohnten Rolle des Linksverteidigers.

Stark steigende Formkurve Richtung EM-Turnier

Immerhin ist er erst kurz vor der EM wieder auf den DFB-Zug aufgesprungen, aus dem er nach der neuerlichen Schlappe gegen Japan vorerst aussteigen musste. Die Rückkehr hat sich Nico Schlotterbeck mit einer Richtung EM stark steigenden Formkurve beim BVB verdient.

Nico ist ein Spieler, der für die deutsche Nationalmannschaft wichtig wird und ist. Bundestrainer Julian Nagelsmann

Schlotterbeck verpasste in dieser Saison beim BVB nur zwei Spiele und stand nahezu immer in der Startelf. Er agiert mittlerweile auch auf höchstem Niveau zuverlässig stark, wovon sich jeder zuletzt im Champions-League-Finale gegen Real Madrid überzeugen konnte. Für den Titel reichte es nicht, aber das lag genauso wenig an Schlotterbeck wie an seinem Nebenmann Mats Hummels.

Teamkollege Hummels lobt Schlotterbeck

Der Weltmeister von 2014 schaffte trotz einer sehr starken Saison nicht den erhofften Sprung zur EM. Dass Hummels seinem Teamkollegen trotzdem beide Daumen drückt, war schon vor seiner Nicht-Nominierung klar: "Wenn er am Ende mit darf, freut mich das fast genauso sehr wie wenn ich selber mit darf", hatte Hummels vor dem Champions-League-Rückspiel gegen Paris Saint-Germain gesagt. Schlotterbeck sei ein "großartiger Verteidiger, ein richtig guter Typ und auch schon ein Anführer", der die "richtige Einstellung" hat, so Hummels.

Sollte der 24-Jährige während der EM so verteidigen wie zuletzt nach seiner Hereinnahme beim 2:1-Testspielsieg gegen Griechenland, als er in der Schlussphase einen Konter der Griechen alleine stoppte, sollten seinen bisherigen zwölf Länderspielen weitere folgen.

Nach dem verpassten Coup gegen Madrid scheint Schlotterbeck nicht wie selbst befürchtet in ein "kleines Loch" gefallen zu sein, sondern hat er sich den nötigen Zuspruch seiner Familie geholt und ist jetzt bereit, eine entgangene Party nachzuholen: "Dann hoffe ich, dass wir bei der Europameisterschaft so Erfolg haben, dass ich wenigstens was im Sommer zu feiern habe."